Robert Lichal
ORF/Ali Schafler
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Politik

Ex-Verteidigungsminister Lichal gestorben

Der ehemalige Verteidigungsminister Robert Lichal (ÖVP) ist am Donnerstag im Alter von 91 Jahren gestorben. Das teilte Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) per Aussendung mit. Bekannt wurde er vor allem 1987 mit der Durchsetzung der Draken-Abfangjäger.

Im „Draken-Kampf“, der damals über Monate die innenpolitische Diskussion beherrschte, hatte Lichal damals den steirischen Landeshauptmann Josef Krainer (ÖVP) zum Gegner – aufgrund der Stationierung der Flugzeuge in der Steiermark. Proteste, Demonstrationen, „Menschenteppiche“ und Flugpistenblockaden der Draken-Gegner standen auf der Tagesordnung.

Die Causa zog sich bis zum Verfassungsgerichtshof bzw. zum Europäischen Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg und hatte – erstmals in der parlamentarischen Geschichte – sogar einen Misstrauensantrag aus der eigenen Partei zur Folge. Am Ende setzte sich Lichal durch – die (später von den Eurofightern abgelösten) Draken kamen und Lichal blieb.

Urgestein der niederösterreichischen ÖVP

Lichal galt zwar als Urgestein der niederösterreichischen ÖVP, geboren wurde er aber am 9. Juli 1932 in Wien. Nach Jusstudium und Gerichtsjahr arbeitete er zunächst als juristischer Referent an Bezirkshauptmannschaften. Als Arbeitnehmervertreter engagierte er sich ab 1968 bei den niederösterreichischen Landesbediensteten, 1973 wurde er stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst.

Im Dezember 1985 übernahm Lichal den Vorsitz der Fraktion Christlicher Gewerkschafter (FCG) im Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB), 1987 schließlich löste er Herbert Kohlmaier als Bundesobmann des Österreichischen Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerbundes (ÖAAB) ab.

++ ARCHIVBILD ++ EX-VERTEIDIGUNGSMINISTER ROBERT LICHAL 91-J€HRIG GESTORBEN
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Robert Lichal ist 91-jährig gestorben

Bereits im Februar 1976 war Lichal in den Bundesrat eingezogen. 1979 wechselte er in den Nationalrat, dem er als ÖVP-Sicherheitssprecher bis Jänner 1987 angehörte. Im selben Jahr wurde er schließlich Verteidigungsminister der Großen Koalition aus SPÖ und ÖVP. Unter anderem war er dabei verantwortlich für die Verankerung der Milizstruktur in der Verfassung, die Anschaffung von Panzerlenkwaffen sowie die Basisarbeit für die Bundesheerreform.

„Stahlhelm“ war auch Zweiter Nationalratspräsident

Im Dezember 1989 wurde Lichal, dem auch der Spitzname „Stahlhelm“ zukam, vorgeworfen, zwei Jahre zuvor bei der Schweizer Firma Oerlikon Bundesheermunition zu überhöhten Preisen eingekauft zu haben. Er rechtfertigte seine Vorgangsweise damit, dass nur Oerlikon die Ausschreibungsbedingungen erfüllt habe.

Diese Affäre überschattete auch das Jahresende 1990, als Lichal im Zuge der Regierungsumbildung nach der Wahl das Amt des Verteidigungsministers an Werner Fasslabend abgab und – unter erheblichen oppositionellen Protesten – zum Zweiten Präsidenten des Nationalrates gewählt wurde. Im Dezember 1990 wurden die Erhebungen gegen Lichal schließlich eingestellt.

Im Juni des darauffolgenden Jahres zog sich Lichal von der ÖAAB-Spitze zurück und übergab das Amt an Josef Höchtl. Er blieb Ehrenobmann des NÖAAB. Erst 1994, als der damalige Bundespräsident Thomas Klestil für ihn einen festlichen Abschied gestaltete, verriet Lichal, was sein eigentliches Berufsziel gewesen war – Schauspieler am Burgtheater.

Lichal als „Paradepolitiker“ gewürdigt

Bundeskanzler und ÖVP-Obmann Karl Nehammer bezeichnete Lichal als „Vordenker der Wehrfähigkeit unseres Landes“. Er sei „ein wichtiger Teil der christlich-sozialen Arbeitnehmervertretung“ gewesen und habe in den verschiedensten Positionen und Ämtern die Politik des Landes „maßgeblich mitgeprägt“. Dessen Handschlagqualität hob Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) hervor. Für Lichal sei zudem stets „ein respektvoller und offener Dialog“ im Vordergrund gestanden, wofür er über die Parteigrenzen hinweg sehr geschätzt wurde, so Sobotka.

Mikl-Leitner würdigte Lichal als „Paradepolitiker, der mit seiner Leidenschaft, Geradlinigkeit und Standfestigkeit viele Menschen in diesem Land tief beeindruckt hat“ – darunter auch sie selbst. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) nannte ihn einen „leidenschaftlichen Kämpfer für seine Ideen“, der sich unermüdlich für den Ausbau der Miliz eingesetzt habe.

„Seine pointierte Ausdrucksweise und sein scharfer Verstand machten ihn zu einem über Parteigrenzen hinweg geachteten und respektierten Staatsmann, der vor allem mit seiner Menschlichkeit und seinem Familiensinn beeindruckt hat“, sagte NÖAAB-Obfrau Christiane Teschl-Hofmeister in einer Aussendung.

„Leidenschaftlicher Verfechter der sozialen Gerechtigkeit“

Für ÖAAB-Chef August Wöginger war Lichal „ein leidenschaftlicher Verfechter der sozialen Gerechtigkeit und ein wahrer Menschenfreund“. In seiner Eigenschaft als ÖVP-Klubobmann bezeichnete Wöginger ihn gemeinsam mit der ÖVP-Fraktionsvorsitzenden im Bundesrat, Andrea Eder-Gitschthaler, als „hart in der Sache, aber auch immer für andere Meinungen offen und dafür, sich mit gegensätzlichen politischen Standpunkten auseinanderzusetzen“.

Trauerbekundungen kamen auch vom Seniorenbund und der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst. GÖD-Vorsitzender Eckehard Quin erinnerte an Lichals „enormen Einsatz für Gerechtigkeit, Demokratie und die Stärkung der Arbeitnehmerrechte“. Seniorenbund-Präsidentin Ingrid Korosec würdigte ihn als „prägende Figur in der österreichischen Politiklandschaft, dessen Einfluss auf das Land und das Parlament unvergessen bleiben wird“.