Herbert Kickl
ORF/Koppensteiner
ORF/Koppensteiner
Politik

Kickl: „Koalition nicht um jeden Preis“

Der Spitzenkandidat der FPÖ Niederösterreich bei der Nationalratswahl, Herbert Kickl, will nach der Wahl die Koalition mit der ÖVP fortsetzen – „aber nicht um jeden Preis“, sagt er im ORF-NÖ-Interview am Freitag. Als Wahlziel nennt er bundesweit Platz zwei.

Der gebürtige Villacher Herbert Kickl wurde 2005 Generalsekretär der FPÖ. Unter dem damaligen Parteichef Jörg Haider und später unter Heinz-Christian Strache galt er als Wahlkampfstratege. 2006 zog Kickl für die FPÖ in den Nationalrat ein und wurde stellvetretender Klubobmann. In der ÖVP-FPÖ-Regierung wurde er 2017 zum Innenminister ernannt, nach dem Ende der Koalition wurde er geschäftsführender Klubobmann der FPÖ im Parlament.

Kickl wohnt in Purkersdorf (Bezirk St. Pölten). Mitte Juni wurde er als Spitzenkandidat der FPÖ Niederösterreich für die Nationalratswahl am 29. September präsentiert. Im Interview mit ORF-NÖ-Chefredakteur Robert Ziegler spricht er über seinen Bezug zu Niederösterreich, die Rollenverteilung mit FPÖ-Chef Norbert Hofer und mögliche Bedingungen für eine Koalition mit der ÖVP.

noe.ORF.at: HC Strache hat Sie vor Jahren als „spitzenmäßigen Kärntner“ bezeichnet. Jetzt führen Sie die Landesliste der FPÖ Niederösterreich an. Sind Sie ein Kärntner oder Niederösterreicher?

Herbert Kickl: Ich bin ein gebürtiger Kärtner und ein wohnhafter Niederösterreicher. Ich bin schon lange Zeit in Niederösterreich und habe dieses Land lieben und schätzen gelernt. Wenn ich das sage, gilt das für die Bevölkerung, weniger für die Landespolitik und deren maßgebliche Repräsentanten vonseiten der ÖVP.

ORF-NÖ-Chefredakteur Robert Ziegler und Herbert Kickl
ORF/Koppensteiner
ORF-NÖ-Chefredakteur Robert Ziegler im Interview mit FPÖ-Landesspitzenkandidat Herbert Kickl (v.l.)

noe.ORF.at: Sie haben am Erstaufnahmezentrum Traiskirchen das Schild „Ausnahmezentrum“ anbringen lassen. Auf der Homepage ist es weiter das Erstaufnahmezentrum geblieben. Ist Provokation Teil Ihrer Politik?

Kickl: Ich sehe das überhaupt nicht als Provokation, sondern als notwendigen Beitrag, wenn Sie so wollen, auch ein Akt der Symbolpolitik, damit man weiß, wo es in Österreich langgeht und woher der Wind weht, weil ich gesehen habe, dass der Großteil der Leute, die dorthin kommen, eigentlich gar keinen Anspruch auf einen Schutz haben. Für diese Leute ist es also auch gleichzeitig ein Ausreisezentrum. Da spare ich mir etwas ganz Wesentliches: nämlich die Leute zunächst einmal über das ganze Bundesgebiet – auch nach Niederösterreich – zu verteilen, um sie dann mühsam wieder zusammenzuklauben und außer Landes zu bringen. Den Schritt haben wir weggelassen. Das verkürzt das Verfahren, das spart Kosten.

noe.ORF.at: Wenn es um die Paarung Norbert Hofer und Herbert Kickl geht, kommt man um Vergleiche nicht herum: Hofer, der angepasste ÖVP-Koalitionsfreund, Sie, der Scharfmacher. Diese Rollenverteilung funktioniert im Wahlkampf ganz gut. „Good guy, bad guy“ – haben Sie sich das so ausgemacht?

Kickl: Norbert Hofer hatte ein Ressort zu verantworten im Bereich Infrastruktur und natürlich die Regierungskoordination, wo er nicht so sehr mit den harten Themen konfrontiert war. Bei mir war es genau umgekehrt. Ich bin in ein Ressort gekommen, das von vielen, vielen Jahren „schwarzer“ Versäumnisse geprägt war. Politisch ist das Innenressort eines, das nach außen hin gerne glänzt, weil es die ÖVP schön saniert hat. Aber nach innen hin ist es eine echte politische Bruchbude, wo man aus den Erkenntnissen und den Fehlern aus 2015 nichts gelernt hat. Da muss man dann einen anderen Ton anschlagen und die Ärmel aufkrempeln. Ein Sensibelchen im Innenresort halte ich für die falsche Besetzung.

noe.ORF.at: Sie haben beim Wahlkampf in Krems vor wenigen Wochen gesagt, am Wahltag wird es „schwarz und finster“ für die ÖVP, Sie haben von „Frontalopposition“ gesprochen. Auf der anderen Seite wirbt Norbert Hofer sehr offensiv um die Gunst der ÖVP. Was gilt jetzt?

Kickl: Es gilt beides. Selbstverständlich wollen wir die Koalition fortsetzen, dieses Reformprojekt, das wir 2017 auf den Weg gebracht haben, wo wir viele, viele freiheitliche Inhalte hineinverhandelt haben und wo wir beim Umsetzen sehr erfolgreich waren. Das ist etwas, was in der Bevölkerung sehr beliebt war. Das wollen wir, aber natürlich nicht um jeden Preis. Es ist vollkommen klar, dass wir in dieser Koalition in wesentlichen Themenbereichen die bestimmende Komponente sein wollen.

noe.ORF.at: Wie sehr ist für Sie Bedingung, dass Sie wieder Innenminister werden?

Kickl: Wir haben im Innenministerium eine Erfolgsbilanz vorzuweisen. Wir haben Dinge weitergebracht, die die ÖVP in 17 Jahren nicht zustandegebracht hat. Also gibt es schon alleine von der inhaltlichen Zugangsweise keinen Grund dafür, einen Wechsel zu machen.

Herbert Kickl
ORF/Koppensteiner
Herbert Kickl: „Es ist vollkommen klar, dass wir in dieser Koalition die bestimmende Komponente sein wollen.“

noe.ORF.at: Sie sind sehr sportlich und auch Nichtraucher. Jetzt hat die FPÖ Niederösterreich eine Wirte-Aktion gestartet, bei der sie fordert, dass es unbedingt Ausnahmen beim Rauchverbot geben soll. Was halten Sie als überzeugter Nichtraucher von solchen Aktionen?

Kickl: Ich bin ein überzeugter Vertreter, dass sich der Mensch wesentlich über die Selbstbestimmung definiert. Das gilt für mich als Konsument, der ich entscheiden können will, ob ich rauche oder nicht. Meine Entscheidung ist eben für das Nichtrauchen ausgefallen. Aber das heißt nicht, dass ich jedem anderen meine Form der Glückseligkeit auch als einzig mögliche einreden möchte.

Sendungshinweis

„NÖ heute“, 20.9.2019

noe.ORF.at: Aber endet nicht die Freiheit des einen, wo die Freiheit des anderen bedroht ist – gerade beim Rauchen?

Kickl: Wir haben ja jetzt eine Regelung gefunden, die beides unter einen Hut gebracht hat. Die bestehende Regelung war eine grundvernünftige Geschichte, da konnten alle damit glücklich sein. Die ÖVP war es auch lange Zeit. Die zweite Komponente der Freiheit ist die unternehmerische Freiheit. Ich sehe nicht ein, dass der Staat einem Wirt – jemand, der dort seinen Betrieb hat, selbst wirtschaften und konzipieren muss – in diese unternehmerische Freiheit derartig hineinfährt, dass er sagt, du darfst es nicht so gestalten, wie du es haben willst.

noe.ORF.at: Bei der Nationalratswahl 2017 war die FPÖ in Niederösterreich auf Platz zwei. Wie realistisch ist das angesichts der Vorkommnisse der letzten Monate noch, Stichwort Ibiza?

Kickl: Ibiza ist durch, auch wenn das manchen nicht gefällt. Es spielen ganz andere Dinge eine Rolle. Es geht um die Frage, ob sich unsere Frauen und Kinder noch sicher fühlen können, ob wir so etwas wie 2015 (die Flüchtlingsbewegung; Anm.) wieder befürchten müssen, ob wir eine vernünftige Umweltpolitik machen oder ob das alles in einer schon fast irrwitzigen Klimahysterie endet, wo man nur auf das Abkassieren von Autofahrern und ähnlichen Dingen aus ist. Das sind die entscheidenden Fragen.

noe.ORF.at: Platz zwei in Niederösterreich – ist das ein Ziel?

Herbert Kickl: Ich würde insgesamt den Platz zwei anstreben, da muss Niederösterreich natürlich einen ordentlichen Beitrag dazu leisten.

Das Gespräch mit Herbert Kickl führte ORF-NÖ-Chefredakteur Robert Ziegler