Wolfgang Sobotka
ORF/Koppensteiner
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Politik

Sobotka: „Klare Abgrenzung von Identitären“

Wolfgang Sobotka, Landesspitzenkandidat der ÖVP in Niederösterreich, fordert von der FPÖ eine klare Abgrenzung zu den Identitären. Das Wahlziel sei, dass sich eine „Koalition gegen die ÖVP“ nicht ausgeht.

In seiner Heimatgemeinde Waidhofen an der Ybbs gibt Wolfgang Sobotka als Dirigent noch regelmäßig den Ton an – politisch war er dort nur zwei Jahre lang als Bürgermeister im Einsatz. Es war der Beginn seiner politischen Laufbahn. 1998 holte ihn der damalige Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) in die Landesregierung. Sobotka wurde Finanzlandesrat, ab 2009 auch Landeshauptmann-Stellvertreter.

2016 wechselte er ins Innenministerium – anstelle von Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), die Erwin Pröll als Landeshauptfrau nachfolgte. Das Innenministerium war aber letztlich eine Zwischenstation. Nach der Nationalratswahl 2017 wechselte Sobotka ins Parlament und wurde im Dezember Nationalratspräsident. Bei der kommenden Nationalratswahl Erster zu werden, sei zu wenig, sagt er im Interview mit ORF-NÖ-Chefredakteur Robert Ziegler.

noe.ORF.at: Die ÖVP liegt in Umfragen seit Monaten mehr als zehn Prozentpunkte vor SPÖ und FPÖ. Sebastian Kurz spricht jetzt in der ORF-„Pressestunde“ von einem engen Rennen. Hat die ÖVP andere Umfragen als alle anderen?

Wolfgang Sobotka: Umfragen sind das eine, Ergebnisse das andere. Bei der Wahl zum Europäischen Parlament lagen die Parteien SPÖ, Grüne und NEOS zusammen bei 47 Prozent. Sie sehen auch neue Koalitionen jetzt immer wieder im Nationalrat. Erster zu werden, ist also zu wenig. Sebastian Kurz sagt sehr deutlich, dass eine Koalition gegen die ÖVP nicht möglich sein darf. Das ist unser Wahlziel.

noe.ORF.at: Die FPÖ Niederösterreich hat ihren Klubobmann Martin Huber wegen eines Postings an Hitlers Geburtstag ausgeschlossen. Sie haben in einer Reaktion gesagt, dass es die FPÖ bislang nicht geschafft hat, ihre Geschichte aufzuarbeiten. Diese Aufarbeitung ist wohl bis zu einer möglichen Neuauflage von Türkis-Blau nicht erledigt. Ist die FPÖ kein tauglicher Partner mehr?

Sobotka: Das eine ist die Aufarbeitung der Geschichte, ein klares Bekenntnis der handelnden Personen zu einem demokratischen System ohne Augenzwinkern, immer wieder mit radikal-rechten Seiten zu liebäugeln, eine klare Abgrenzung von den Identitären – das ist für jede Partei wichtig, hier eine klare Sprache zu sprechen. Koalitionen sind das andere. Man muss auch immer den Fokus sehen. Dieses Posting von Huber war jenseitig und es ist zu Recht eine Maßnahme gesetzt worden. Auf der anderen Seite haben wir ein Posting, auch aus 2014, vom Abgeordneten Pilz, das von einer Antisemitismus-Forscherin als eindeutig antisemitisch definiert wurde. Das geht unter.

Robert Ziegler und Wolfgang Sobotka
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ORF-NÖ-Chefredakteur Robert Ziegler mit dem Landeslistenersten der ÖVP, Wolfgang Sobotka

noe.ORF.at: Mit der SPÖ ist es auch sehr schwierig – sie wirft der ÖVP arbeitnehmerfeindliche Politik vor. Jetzt sind Sie selbst Chef des NÖAAB (Anm.: Niederösterreichischer Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerbund). Was sagen Sie zur Kritik am Zwölf-Stunden-Tag, der durchaus etwas Wirtschaftsfreundliches hat?

Sobotka: Ich war erst bei einem Baumeister. Da hat mir der Betriebsrat erklärt, dass das ein absoluter Vorteil für sie ist. Sie nutzen gerade die Flexibilisierung aus, um um 17.00 Uhr, wenn gerade der Beton geliefert wird, noch die Decke zu betonieren. Es sind so viele Beispiele aus der Praxis, die das möglich machen. Das Rückgrat unserer Wirtschaft sind Klein- und Mittelunternehmen, wo Arbeitgeber sowie Arbeitgeberin und Arbeitnehmer sowie Arbeitnehmerin immer in Akkordanz handeln. Die Zeit des Klassenkampfes, die die SPÖ immer herbeireden will, ist längst vorbei. Wir müssen uns am 21. und nicht am 19. Jahrhundert orientieren.

noe.ORF.at: Was können Sie den Arbeitnehmern anbieten, wenn Sie als ÖVP wieder Verantwortung tragen? Zum Beispiel die Abschaffung der Kalten Progression, also der schleichenden Lohnsteuererhöhung – die ist von der ÖVP schon öfter angekündigt worden, aber bis jetzt nicht gekommen. Was haben Sie da vor?

Sobotka: Das Wesentliche bei den Steuern ist, dass wir die Gesamtbelastung unter 40 Prozent bringen. Die kleineren und mittleren Einkommen sollen so entlastet werden, dass man, was den Lebensstandard und -wohlstand betrifft, auch investieren kann. In dieser Frage wollen wir nicht nur in der Frage des Gehaltes drehen, bei den steuerlichen Abgaben, sondern auch bei den Krankenversicherungsbeiträgen. Wir wollen auch die Überstunden weniger besteuern. Wer etwas leistet, der soll sich auch was leisten können.

Sendungshinweis

„NÖ heute“, 24.9.2019

noe.ORF.at: Im Pflegebereich will die ÖVP eine Versicherung. Da gibt es viel Kritik daran. Wie viel soll der Einzelne im Monat zahlen und was hat er am Ende davon?

Sobotka: Wir wollen, dass die Pflegeleistungen durch die E-Card bezahlt werden. Egal, ob beim Verbandwechseln oder bei chronischen Erkrankungen immer wieder das neue Rezept einzubringen, das kann viel leichter über die E-Card angeboten werden. Die Betreuungsleistung ist eine, die man in der Selbstverantwortung zu tätigen hat, und wenn man nicht damit auskommt, dann hat die Solidargemeinschaft, die Gesellschaft, einzuspringen. Wir wollen vor allem die pflegenden Angehörigen entlasten, die die Hauptlast tragen.

noe.ORF.at: Alle reden in diesem Wahlkampf über Klimaschutz und Klimawandel – Sie auch. Was wäre aus Ihrer Sicht die große erste Maßnahme, um CO2 zu reduzieren?

Sobotka: Es ist ganz entscheidend, dass wir auch hier mit unseren Maßnahmen die Eigenverantwortung mobilisieren. Ich möchte eine Kennzeichnungspflicht unserer Lebensmittel. Ich esse lieber das Rindfleisch aus dem Waldviertel oder aus dem Mostviertel. Ich trinke lieber den Most als den Orangensaft aus Südamerika. Es ist entscheidend, dass wir klar sagen, was Du als Einzelner tun kannst und dann im internationalen Konnex aktiv werden.

noe.ORF.at: Apropos Grün-Themen: Würde Ihnen eine Koalition mit Grünen und NEOS eigentlich gefallen?

Sobotka: Sich vor einer Wahl mit diesen Fragen auseinanderzusetzen, blockiert die eigene Denke. Es ist wichtig, sich darauf zu konzentrieren, dass wir am 29. nicht nur als Erster durchs Ziel gehen, sondern uns so positionieren können – und Sebastian Kurz ist der Garant dafür, dass wir die Lebenslage der Bevölkerung in vielen Bereichen abdecken – und zeigen können, dass wir für diesen Staat Verantwortung nehmen. Wer sollte sonst den Bundeskanzler machen als Sebastian Kurz? Aber so, dass keine Koalition gegen uns möglich ist. Wenn heute einer sagt, er wählt eine andere, eine kleine Partei, hat er am Schluss dann vielleicht Rendi-Wagner als Bundeskanzlerin. Will er das? Das sollten alle, die zur Wahl gehen, sich gut überlegen.

Das Gespräch mit Wolfgang Sobotka führte ORF-NÖ-Chefredakteur Robert Ziegler