Als Kind ärgerte sich Magdalena Wurth oft, wenn sie mit ihren Eltern im Wald Schwammerlsuchen war und sie als Einzige keine fand. „Ich hatte einfach kein Auge dafür. Das Problem stellt sich mir heute nicht mehr“, sagt sie und deutet auf ihren Garten. Dort sprießen Pilze auf hunderten Baumstämmen. Von Eierschwammerl, Stockschwämmchen, dem Igelstachelbart oder den Waldviertler Austernseitlingen über asiatische Sorten wie Shiitake Pilze oder Reishi – auf den Baumstämmen im „Waldviertler Pilzgarten“ gedeihen die Pilze vor sich hin.
Vor 30 Jahren begann ihr Vater Herbert Wurth in Mistelbach bei Großschönau mit der Kultivierung von Pilzen. Wurth arbeitete als Chemiker an der Technischen Universität Wien und experimentierte einige Zeit, um die perfekte Methode für die Pilzzucht im eigenen Garten zusammenzustellen. Sein Wissen gab er an seine Tochter Magdalena weiter, studierte Agrarwissenschafterin, die den „Waldviertler Pilzgarten“ hauptberuflich mit ihrem Partner Moritz Wildenauer betreibt.
Baumstämme werden mit dem Pilz „geimpft“
Sie verwenden drei Methoden, um den Pilz im Baumstamm anzusiedeln. Als effektivste habe sich die Schnitttechnik bewiesen, so Moritz Wildenauer: „In den Baumstamm werden zwei fingerdicke Schnitte gemacht, dann ein Gafferband darüber bei dem ein kleiner Teil ausgeschnitten wird. In dieses Loch füllt man die Pilzbrut, also eine Getreidemischung, die im Labor einen Monat lang mit dem Pilz zusammengewachsen ist.“ Darüber kommt wieder ein Gafferband. Der Baumstamm soll dann ein Jahr lang an einem schattigen Platz gelagert werden.
Sendungshinweis
„Guten Morgen NÖ“, 2.10.2019
Aus der Getreidemischung erhält der Pilz in dieser Zeit den nötigen Zucker, um den Stamm zu durchziehen. Bei Stockschwämmchen oder Austernseitlingen wird das Gafferband nach einem Jahr einfach entfernt und der Stamm trägt Pilze. Aufwendiger ist der Prozess beim Shiitake Pilz. Hier wird der geimpfte Baumstamm einen Tag lang im Wasser versenkt, danach fünf Mal auf einem Steinboden aufgeklopft und regelmäßig gegossen. „Das ist eine alte japanische Tradition, um die Shiitakes sozusagen aus dem Stamm aufzuwecken“, erzählt Wildenauer.
Pilze aus dem eigenen Anbau
Der „Waldviertler Pilzgarten“ in Großschönau kann kostenlos besucht werden. Führungen gibt es bei Anmeldung. Magdalena Wurth bietet einige Male im Jahr auch Kurse zur richtigen Pilzaufzucht an. Ein mit einem Pilz geimpfter Baumstamm kostet je nach Größe etwa 15 bis 35 Euro. Der Stamm muss richtig gepflegt werden, um jedes Jahr bis zu dreimal Pilze zu tragen. Je nach Sorte muss die Beschattung, die Feuchtigkeit und der Standort passen. Der Stamm kann im Garten, am Balkon oder etwa auch im Keller aufbewahrt werden.
Einerseits essen die Pilzgärnter die Pilze aus dem Schaugarten, andererseits verkaufen sie sie als Aufstriche weiter. Einen geschmacklichen Unterschied zwischen Zucht- und Waldpilzen gebe es nicht: „Zuchtpilze sind in der Konsistenz etwas dicker und fleischiger“, sagt Magdalena Wurth. Die Pilze in der Getreide-Mischung basieren auf Pilzen aus dem Wald. Ein kleines Stück reicht, um mit Hirse und Roggen in der Petrischale im Labor zusammenzuwachsen: „Ab und zu gehen wir deshalb auch in den Wald zum Schwammerlsuchen. Mit den Baumstämmen erspart man sich aber den eigenen Ärger, wenn man mal nichts findet“, sagt Wurth. Ein Vorteil liege beim Pilzanbau zu Hause auf der Hand: Giftige oder unverdauliche Sorten können nie aus Versehen geernet werden.