Schlafende Frau
pixabay/claudio_scott
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Gesundheit

Wenn Schlafen zur Qual wird

„Mit dem Schlafen ist das so eine Sache“, sagt Apotheker Gilbert Zinsler. Manchmal gehe es und dann gibt es Phasen, wo man schlecht bis gar nicht schläft. Welche Hilfen es gibt und warum man nicht gleich zu chemischen Schlafpulvern greifen soll, verrät der Experte.

„Etwa jeder dritte Erwachsene leidet an Schlafstörungen. Sehr oft sind anhaltende Stressfaktoren die Ursache. Ein Schlafdefizit verursacht Müdigkeit am Tag, mangelnde Konzentration und sogar Unfälle. Die Leistungsfähigkeit sinkt dramatisch. Wird der Schlafmangel chronisch, können Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Magenbeschwerden oder eine Schwächung des Immunsystems auftreten“, sagt Apotheker Gilbert Zinsler.

Etwa jeder vierte Erwachsene in Österreich leide an Schlafstörungen, etwa zehn Prozent seien daher auch am Tag müde. Früher hätten zu viele Betroffene oft klassische chemische Schlafmittel verordnet bekommen, diese führten dann zur Abhängigkeit und zu einem „Hang-Over“, d.h. Tagesmüdigkeit am nächsten Tag. „Gerade ältere Menschen neigen nach Einnahme von Schlafmitteln zu gefährlichen Stürzen. Herkömmliche Schlafmittel sollten daher nur bei strenger Indikation und möglichst kurzfristig angewandt werden“, so Zinsler.

Wo liegt der Vorteil von pflanzlichen Schlafmitteln?

"Pflanzliche Präparate wirken beruhigend und schlaffördernd ohne diese negativen Aspekte. Sie vereinen Wirkung und gute Verträglichkeit. Der schlaffördernde Effekt ist sanft und harmonisierend. Überdies sind bei pflanzlichen Präparaten keine Wechselwirkungen mit anderen Präparaten bekannt. Sie können es also durchaus begleitend mit anderen Arzneimitteln (wie z.B. Kontrazeptiva) einnehmen. Auch eine Einnahme über einen längeren Zeitraum ist aufgrund der guten Verträglichkeit möglich. Die Vorteile:

• Kein „Schlafmittel-Hangover-Effekt“ • Keine Gewöhnung • Keine körperliche Abhängigkeit • Längerer Einsatz unbedenklich"

Welche Heilpflanzen sind bei Schlafproblemen zu empfehlen?

"Baldrian sorgt für schnelles Einschlafen und vor allem auch Durchschlafen Als erstes ist jedenfalls der Baldrian, die natürliche Einschlafhilfe, zu nennen. Besonders die Baldrianwurzel ist seit langem für ihre ausgleichende Wirkung bekannt. Wissenschaftliche Studien belegen, dass Extrakte der Baldrianwurzel die Einschlafzeit verkürzen und die Schlaftiefe positiv beeinflussen. Grund dafür sind sekundäre Pflanzenstoffe, die sozusagen den Müdigkeits-Schalter im Gehirn aktivieren und dafür sorgen, dass man schneller und leichter einschläft. „Stress lass nach“ mit Passionsblume.

Sendungshinweis

„Radio NÖ am Vormittag“, 27.11.2019

Oft haben Schlafstörungen ihren Ursprung am Tag. Die Hauptursache dafür, dass wir nachts nicht schlafen können, ist nämlich Stress. Die beruhigende Wirkung der Passionsblume hilft, den Tag hinter sich zu lassen und besser zu entspannen. In der Volksmedizin Amerikas wird die üppig blühende Kletterpflanze schon seit Jahrhunderten eingesetzt. Sie wirkt rasch, löst innere Anspannungen sowie Angst und entlastet die Psyche. Den Kopf frei bekommen mit Melisse Harmonisierend und entspannend wirkt auch die Melisse, die zu den ältesten bekannten Heilpflanzen zählt. Heute wird sie hauptsächlich zur Beruhigung, bei Schlafstörungen und Nervosität eingesetzt. Melisse hilft vor allem dann, wenn es darum geht, das Zuviel an Reizen und äußeren Einflüssen zu filtern und den Kopf frei zu bekommen.

Nicht nur Bier macht müde Wissenschaftlich hat man erst kürzlich wieder bestätigt gefunden, dass Bier schlaffördernd wirkt. Auch alkoholfreies Bier übrigens! Dies liegt am Hopfen, der entspannende Eigenschaften aufweist und wesentlich zum gesunden Schlaf beiträgt. Der entscheidende Wirkstoff ist hier das Xanthohumol, ein sekundärer Pflanzenstoff aus der Gruppe der Flavonoide, der dem Bier den bitteren Geschmack verleiht. Hopfen ist daher in Kombinationspräparaten gegen Schlaflosigkeit enthalten. Lavendel gibt es nicht nur im Kräuterkissen Lavendel ist ein altes Hausmittel bei Schlafstörungen. Omas Lavendelkissen hat schon vielen Kindern beim Einschlafen geholfen. Nun gibt es erstmals auch hochdosierte reine Arznei-Lavendelkapseln in der Apotheke. Lavendel hat sich besonders gegen Angstgefühle bewährt. Verschiedenste Situationen, Stress im Beruf in der Familie, oder im persönlichen Umfeld können Angst machen. Angstgefühle über längere Zeit können krank machen, innere Unruhe auslösen und daraus resultieren dann Schlafstörungen. Hier setzt die Wirkung von Lavendel an!"

Schlafende Frau im Bett
StockSnap / Pixabay

In welcher Form gibt es diese pflanzlichen Arzneimittel?

„All diese Heilpflanzen gibt es als Tabletten oder Dragees zum Einnehmen. Wichtig ist, wie immer bei pflanzlichen Präparaten, auf die Qualität der verwendeten Extrakte und die entsprechende Dosierung zu achten. Nur die Apotheke bietet hier Sicherheit und verlässliche Qualität. Baldrian, Passionsblume und ev. Melisse gibt es auch als Tropfen. Diese bieten ev. den Vorteil einer besseren Dosierungsmöglichkeiten. Enthalten aber stets auch Alkohol. Dies sollte bedacht werden. Natürlich gibt es auch entsprechende Tees. Hier gibt es in der Apotheke eine große Anzahl von pflanzlichen, beruhigenden Nerven- und Schlaftees als Mischungen verschiedener Heilpflanzen. Neben, Baldrian, Melisse, Hopfen und Lavendel empfiehlt sich als Tee besonders die wohlschmeckende und riechende Orangenblüte. Pro Tasse sind hier zwei Teelöffel offener Tee, oder ein Filterbeutel mit kochendem Wasser zu übergießen und dann zehn Minuten zugedeckt ziehen zu lassen“, sagt Zinsler.

Wann soll man diese pflanzlichen Präparate einnehmen?

Nehmen Sie die Tabletten, oder Tropfen 30 Minuten bis eine Stunde vor dem Schlafengehen ein. Falls notwendig, können Sie zusätzlich zwei Dragees bereits früher im Verlauf des Abends einnehmen.

Welche Ursachen sind für schlechtes Ein- und Durchschlafen verantwortlich?

„Körperliche Ursachen Als Ursache, körperlicher Herkunft, können neben Schmerzerkrankungen, viele andere verschiedene Krankheiten in Betracht kommen. Atmungsstörungen, Restless-Legs-Syndrom oder anderen organisch bedingte Schlafstörungen sind weit verbreitete organische Ursachen für Schlafstörungen. Psychische Ursachen Die Belastung der Psyche, ausgelöst durch Probleme und Differenzen in der Familie, am Arbeitsplatz, oder gar Geldprobleme, können zeitweise ein gestörtes Schlafverhältnis herbeirufen. Auch Stress in allen Lebenslagen fördert Schlafstörungen. Wie sie selbigen abbauen können, haben wir erst kürzlich in folgendem Blogbeitrag erörtert. Äußere Umstände/Laute Geräusche Eine laute Geräuschkulisse vor dem Haus, oder früh morgendliche Bauarbeiten, können Ihren Schlaf stören und nahezu unerträglich machen. Bei Reisen in ferne Länder mit einer anderen Zeitzone oder der halbjährlichen Umstellung der Uhr, kann der Körper aus dem Rhythmus gebracht werden. Psychiatrische Erkrankungen Erkrankungen wie Angststörungen, Essstörungen oder Depressionen, können ein Indikator für Schlafstörungen sein.“

Gibt es Tipps, womit man längerfristig besser einschläft?

„Achten Sie auf das tägliche Schlafritual (Schlaf-Wach-Zyklus) Optimieren Sie die Ernährung. Keine allzu reichhaltigen Mahlzeiten vor dem zu Bettgehen. Reduzieren Sie Stress und Anspannung. Z.B. mit autogenem Training oder Yoga Vermeiden Sie Schlafstörungen durch Alkohol, Tee und Kaffee nach 16:00 Uhr, Zigaretten Kein ausgedehnter Mittagsschlaf Achten Sie auf eine angenehme Schlafumgebung (Handy auf Flugmodus, Raumtemperatur senken). Vermeiden Sie sportliche Betätigung unmittelbar vor dem Schlafen. Ein entspannender Abendspaziergang, Yoga oder Entspannungsübungen helfen Ihnen zur Ruhe zu kommen. Vermeiden Sie es auf die Uhr zu schauen, wenn Sie nachts munter werden. So reduzieren Sie den inneren Druck schnell wieder einschlafen zu „müssen“. Suchen Sie bei langfristigen Schlafstörungen den Arzt auf, oder lassen Sie sich in der Apotheke ausführlich beraten.“