Mit einem Minus von 23,4 Prozent musste die SPÖ bei der Gemeinderatswahl im Jahr 2015 in Schwechat ein schwere Schlappe hinnehmen. Die absolute Mehrheit war weg. Die SPÖ hält derzeit 13 der insgesamt 37 Mandate. Es folgte ein Wechsel an der Spitze der Partei. Seit fünf Jahren ist nun Karin Baier Bürgermeisterin, die eine Koalition mit den Grünen einging. Sie hofft mit ihrer Arbeit in den letzten Jahren überzeugt zu haben und will diesmal auf jeden Fall dazugewinnen. „Den Spagat geschafft zu haben, einerseits den Schuldenstand massiv abzubauen und gleichzeitig aber vieles umzusetzen, was die Leute wollen und brauchen, darauf bin ich besonders stolz“, sagt sie im Gespräch mit noe.ORF.at.
Wahlergebnis in Schwechat 2015
- SPÖ: 34,92 Prozent (-23,44)
- FPÖ: 24,51 Prozent (+12,02)
- Grüne: 20,62 (+8,49)
- ÖVP: 13,99 (-3,03)
- NEOS: 5,95 (+5,95)
Auch die Grünen, die mit acht Mandatarinnen und Mandataren im Gemeinderat vertreten sind, wollen weiterhin Teil der Stadtregierung sein. Simon Jahn, der zum ersten Mal als Spitzenkandidat der Grünen antritt, spricht in Hinblick auf die Koalition von einem „rot-grünen Erfolgsprojekt“. Man habe viel aufarbeiten können, was die SPÖ-Alleinregierung vor der Zusammenarbeit „vermasselt“ habe: „Das Erfolgreichste war die Aufarbeitung aller Malversationen, die wir hier hatten. Und die größten Erfolge sind in der Kinderbetreuung. Wir haben Schulen gebaut, Kindergärten saniert und quasi das aufgeholt, was uns das Stadtwachstum vorgibt.“
Die Grünen sind allerdings nicht die Einzigen, die in den nächsten fünf Jahren gerne mitregieren würden. Man wolle in die Stadtregierung, „damit wir mitreden können und das Beste für die Schwechater herausholen können“, sagt auch der Spitzenkandidat der FPÖ, Wolfgang Zistler, der die neun Mandate der Freiheitlichen zumindest halten möchte. Anton Imre, Spitzenkandidat der ÖVP, meint auf die Frage, ob er künftig mitregieren möchte: „Unbedingt.“ Und auch von NEOS-Spitzenkandidat Christoph Mautner-Markhof heißt es, wenn sich eine Möglichkeit ergebe, sei man „auf jeden Fall gesprächsbereit“.
Verkehr und Infrastruktur als brennende Themen
Worüber man inhaltlich in Schwechat spricht, ist bei einem Besuch der bald 20.000 Einwohner zählenden Gemeinde nur schwer zu übersehen: Es sind vor allem die Themen Verkehr und Infrastruktur. So ist etwa das Problem, dass viele Pendlerinnen und Pendler, die nach Wien wollen, hier parken, ein Dauerbrenner. Auf der anderen Seite erlebte Schwechat in den vergangenen Jahren einen enormen Bauboom, der vielen zu schnell ging und dafür sorgte, dass die Nachfrage nach Schul- und Kindergartenplätzen immer weiter stieg.
Für NEOS, derzeit mit zwei Mandaten im Gemeinderat vertreten, ist der Ausbau der Bildungsmöglichkeiten die zentralste Forderung. Das Gymnasium sei am Limit, sagt Mautner-Markhof. „Da wäre es an der Zeit, sich für ein zweites Gymnasium einzusetzen – oder eine HAK oder HTL. So etwas fehlt komplett bei uns.“ Beim Thema Verkehr fordert NEOS eine Ausweitung der günstigen Kernzone 100 bei den öffentlichen Verkehrsmitteln auf die Nachbargemeinden, damit die Pendlerinnen und Pendler bereits mit dem Bus nach Schwechat kommen.
Die ÖVP ist derzeit mit fünf Mandataren im Schwechater Gemeinderat vertreten. Für den Spitzenkandidaten ist das Thema Verkehr das brennendste: „Wir sind eingezwängt zwischen den Pendlern durch die Ausweitung der Kurzparkzonen in Wien auf der einen Seite und die Flughafen-Parker auf der anderen Seite“, kritisiert Anton Imre. Dieses Problem müsse man in den Griff bekommen. „Wir müssen eine Kurparkzonenregelung nach Wiener Modell einführen – allerdings gratis für die Schwechater, anders als in Wien.“ Beim Stadtwachstum sei man laut Imre zu schnell unterwegs. Die ÖVP stehe für „deutlich gebremstes Wachstum mit Augenmaß“.
Sendungshinweis
„NÖ heute“, 17.1.2020
Vor fünf Jahren waren das Multiversum und das dadurch entstandene tiefe Loch im Stadtbudget noch das Wahlkampfthema schlechthin. Jetzt stehe man unmittelbar vor einem Verkauf, heißt es. Während die ÖVP kritisiert, dass man das Multiversum verschenke, heißt es von der FPÖ, dass man schon vor Jahren einen Verkauf gefordert habe. Die Blauen sind mit neun Mandaten derzeit zweitstärkste Kraft im Gemeinderat, aber in Opposition.
Spitzenkandidat Wolfgang Zistler fordert eine rasche Sanierung der Gemeindewohnbauten und Kurzparkzonen sowie ein Parkpickerl für die Schwechater. Ganz wichtig wäre für die Stadt aber, „dass man aus den Schulden rauskommt“, wie Zistler sagt: „Es ist ja hinlänglich bekannt, dass SPÖ, ÖVP und die Grünen die Stadt Schwechat mit dem Projekt Multiversum schwer verschuldet haben. Da gehört natürlich etwas gemacht. Und das darf nicht auf Kosten der Bürger passieren.“
Beim Thema Verkehr sehen auch SPÖ und Grüne weiter Handlungsbedarf. Laut SPÖ-Spitzenkandidatin Karin Baier brauche es aber keine „Klein-Klein-Lösung“, sondern „eine Gesamtlösung, die sich aus meiner Sicht nur regional entscheiden lässt.“ Simon Jahn von den Grünen betont außerdem, dass die Alternativen zum Auto attraktiviert werden müssen, und spricht sich gegen Großprojekte wie 3. Piste, Lobautunnel und A4-Ausbau aus.
Auch zwei Bürgerlisten auf dem Stimmzettel
Neben den fünf bereits genannten Parteien treten in Schwechat auch zwei Bürgerlisten bei der Gemeinderatswahl an: Die Liste „Gemeinsam für Schwechat“ und die Liste „Wir für Schwechat“. Für zweitere geht mit Gerhard Frauenberger der Vorgänger der amtierenden Bürgermeisterin als Spitzenkandidat ins Rennen. Er trat erst vor wenigen Monaten aus der SPÖ aus. Eine Spaltung der Partei sieht Karin Baier deshalb aber „nicht einmal ansatzweise“, wie sie sagt: „Genau genommen hat das außer Verwunderung und Verärgerung bei den anderen Kolleginnen und Kollegen nichts verursacht.“