Katrin Praprotnik im Gespräch mit Robert Ziegler
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Politik

Wahl: „Bundeseinfluss nicht überbewerten“

Am 26. Jänner finden in Niederösterreich Gemeinderatswahlen statt. Der ORF Niederösterreich berichtet am Sonntag ausführlich. Die Ergebnisse wird Politikwissenschaftlerin Katrin Praprotnik von der Donau-Universität Krems analysieren. Gespannt ist sie, inwieweit die Entwicklungen auf Bundesebene die Wahlen beeinflussen.

Aus politikwissenschaftlicher Sicht sollte der Einfluss der Bundespolitik auf die niederösterreichischen Gemeinderatswahlen nicht überbewertet werden, so Katrin Praprotnik von der Donau-Universität Krems. Nichtsdestotrotz hält sie es für möglich, dass sich bundespolitische Tendenzen und Trends da und dort auch an den Wahlurnen in den Gemeinden widerspiegeln könnten. Allerdings spielen auch viele weitere Faktoren eine entscheidende Rolle, bei welcher Partei die Wählerinnen und Wähler letztlich ihr Kreuz setzen, so die Politikwissenschaftlerin.

noe.ORF.at: Vor diesen Gemeinderatswahlen ist aufgefallen, dass bei manchen Parteien Bundespolitiker im Wahlkampf aufgetreten sind – bei der ÖVP beispielsweise Bundeskanzler Sebastian Kurz oder bei den Grünen Ministerin Leonore Gewessler. Was hat denn die Bundespolitik mit Gemeinderatswahlen zu tun?

Katrin Praprotnik: Eigentlich nicht viel, aber es gibt beispielsweise eine Umfrage bei den Gemeinderatswahlen in der Steiermark von 2015, wo immerhin ein Drittel der befragten Personen gemeint hat, dass bundespolitische Themen für die Wahlentscheidung sehr wichtig waren. Wenn wir aber das Gesamtbild betrachten, dann sehen wir am Sonntag dennoch 567 einzelne Wahlen mit ihren jeweiligen Besonderheiten und Eigenheiten. Man darf den Einfluss des Bundes aber auch nicht überbewerten. Wenn wir zu den letzten Gemeinderatswahlen 2015 in Niederösterreich zurückblicken, dann lag die ÖVP sehr stark bei über 50 Prozent der Stimmen und im Bund hingegen deutlich schwächer bei etwa 24 Prozent.

Politikwissenschaftlerin Katrin Praprotnik
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Katrin Praprotnik: „Wir dürfen nicht vergessen, dass jede abgegebene Stimme bei der Wahl für die Zukunft eine Entscheidung trifft, aber gleichzeitig wird auch die politische Bilanz bewertet“

noe.ORF.at: Gibt es auch einen Unterschied zwischen städtischen und ländlichen Gemeinden? Macht es einen Unterschied wie gut man beispielsweise den Bürgermeister persönlich kennt?

Praprotnik: Spannenderweise geht aus der steirischen Umfrage dieser Unterschied nicht hervor. Hier lässt sich kein Rückschluss darauf finden, dass beispielsweise die Bundespolitik in Städten bedeutender gewesen wäre als in kleineren Gemeinden.

noe.ORF.at: Wir haben eine neu gebildete Bundesregierung und alle aktuellen Umfragen sagen der ÖVP und den Grünen einen gewissen Hype nach, der SPÖ und der FPÖ hingegen gewisse Probleme. Könnte es sein, dass wir diesmal eine Ausnahme erleben und die Bundespolitik diesmal eher durchschlagen könnte?

Praprotnik: Das wird sich erst am Sonntag zeigen. Aber eines trifft auf jeden Fall zu: Die Personen stehen sehr stark im Mittelpunkt, obwohl die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in Niederösterreich ja nicht direkt gewählt werden, sondern der Gemeinderat. Wir dürfen nicht vergessen, dass jede abgegebene Stimme bei der Wahl für die Zukunft eine Entscheidung trifft, aber gleichzeitig wird auch die politische Bilanz bewertet. Da haben es die Personen an der Spitze – wie zum Beispiel der Bürgermeister – leichter. Einerseits, weil er eben eine politische Bilanz vorzuweisen hat und andererseits durch die größere Bekanntheit.

noe.ORF.at: Bei Gemeinderatswahlen heißt es, dass die Bürgerinnen und Bürger am stärksten betroffen sind, weil es um die Gestaltung ihrer unmittelbaren Lebensumgebung geht. Auffallend ist aber trotzdem, dass die Wahlbeteiligung in Niederösterreich zuletzt abgenommen hat. Sie lag 2015 bei 66 Prozent, bei Nationalratswahlen waren es hingegen um die 80 Prozent. Haben Sie dafür eine Erklärung?

Praprotnik: Aus politikwissenschaftlicher Sicht nennt man diese Wahlen „second order elections“, also Wahlen zweiter Ordnung. Das trifft nicht nur auf Gemeinderatswahlen zu, sondern auch auf Landtagswahlen oder auf europäischer Ebene. Bei diesen Wahlen ist die Wahlbeteiligung daher deutlich niedriger als auf nationaler Ebene.