Szenen der Aufführung
APA/BÜHNE BADEN/CHRISTIAN HUSAR
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Kultur

„Coronavirustaugliche“ Premiere in Baden

Als eine von vier vorgesehenen und auch tatsächlich realisierten Produktionen im Theaterfest NÖ ist am Freitagabend in der Sommerarena des Stadttheaters Baden die Operette „Die blaue Mazur“ von Franz Lehár aufgeführt worden – ohne Chor, ohne Ballett, aber mit „coronavirustauglich“ adaptiertem Ablauf.

Sendungshinweis

„NÖ heute“, 1.8.2020

Zum 150. Geburtstag von Lehár und zur 100. Wiederkehr der Uraufführung der „blauen Mazur“ war die Badener Erstaufführung angesetzt. In dem Stück geht es um ein junges Ehepaar, dessen Eheglück nicht lange anhält. Denn der umtriebige jüdische Graf David Szpilmanski (Clemens Kerschbaumer) nimmt es mit der Treue nicht so genau. Und so wird er noch am Hochzeitstag von seiner blutjungen Frau Blanka von Lossin (Sieglinde Feldhofer) verlassen. Sie flüchtet sich zu einem alten Freund ihrer verstorbenen Mutter, der in einem bizarren Männerhaushalt in Wien lebt. Es folgt ein Verwirrspiel, das die junge Braut am Ende wieder in die Richtung ihres inzwischen geläuterten Bräutigams drängt.

Szenen der Aufführung
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Sieglinde Feldhofer und Clemens Kerschbaumer in den Hauptrollen

„Es grenzt an ein Wunder“

Intendant und Regisseur Michael Lakner schrieb eine eigene Version für die Sommerarena in Baden. Die Sicherheitsmaßnahmen werden streng eingehalten, geprobt wurde in den vergangenen Wochen mit Mund-Nasen-Schutz, es gibt keinen Chor, kein Ballett und auf der Bühne wird Abstand gehalten – außer zwischen den jeweiligen Paaren natürlich. Um die Lücken der Geschichte zu überdecken, wurde eigens die Rolle eines Conférenciers erfunden. In diese Rolle schlüpft ORF-Moderator und Publikumsliebling Oliver Baier. Er verleiht der selten aufgeführten Operette eine humoristische Note.

noe.ORF.at: Herr Lakner, Sie haben das Stück von Franz Lehár stark adaptiert, um es in diesem speziellen Sommer doch noch aufführen zu können. Warum eignet es sich gut für eine so stark abgeänderte Fassung?

Michael Lakner: Es grenzt an ein Wunder, dass wir dieses Stück spielen können. Es war sowieso schon eine adaptierte Fassung von mir, aber durch das Coronavirus war klar, wir können keinen Chor und kein Ballett verwenden – viel zu gefährlich wegen der Sicherheitsabstände. Ich habe es dann umgeschrieben. Es eignet sich kammertheatralisch hervorragend. Es ist so ein Verwechslungsspiel, Tür auf, Tür zu, eine Well-Made Comedy. Ich habe dann Chor und Ballett gestrichen und stattdessen einen Conférencier hinzugefügt, nämlich Oliver Baier.

noe.ORF.at: Es ist wohl alles andere als einfach, ein traditionelles Stück unter solchen Bedingungen aufzuführen.

Lakner: Ich habe es mir noch nie leicht gemacht. Es ist eine riesige Freude, endlich wieder spielen zu können. Es waren alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so engagiert und das sind alles Heldinnen und Helden. Die mussten jetzt sechs Wochen lang mit Maske probieren. Das kann man sich gar nicht vorstellen, fünf, sechs Stunden mit Maske zu agieren, zu singen, zu sprechen, schweißtreibende Sachen zu machen. Mir fällt es schon schwer, mit Maske fünf Minuten in den Supermarkt zu gehen und dort einzukaufen.

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Publikumsliebling Oliver Baier in einer humoristischen Rolle, die den Operettenabend durchaus auflockert

Der Conférencier ist mit Oliver Baier ideal besetzt. „Den Job hab i kriagt, weil der Wagner-Trenkwitz war zu teuer.“ Aussagen wie diese bringen das Publikum zum Lachen. Er erklärt dem Publikum auch, warum es kein Ballett gibt („weil die Bühne Baden nicht so viele Babyelefanten hat“), und schlüpft in einige Nebenrollen, die er in kurzfristige Hauptrollen zu verwandeln versteht (vom Chauffeur, der nur zwei Sätze zu sagen hat, bis zur blondperückten russischen „Schaßtrommel“, was ihm zuletzt ein Angebot einbringt, in einem Ibiza-Video mitzuwirken).

noe.ORF.at: Herr Baier, man kennt Sie vorwiegend aus Radio und Fernsehen. In dieser Operette begleiten Sie das Publikum nicht nur als Conférencier durch den Abend, Sie schlüpfen während des Stücks auch noch in mehrere Rollen. Wo fühlen Sie sich denn wohler – vor der Kamera oder auf der Bühne?

Oliver Baier: Ich fühle mich in allen Bereichen wohl. Ich bezeichne mich immer als Wandler zwischen den Welten. Gerade in diesem Sommer ist es schön, doch noch etwas ergattert zu haben und hier auf der Bühne stehen zu können. „Die blaue Mazur“ wurde zusammengekürzt und da hat man einen Conférencier gebraucht. Er soll den Leuten Dinge erklären, die aufgrund von Massenszenen nicht gespielt werden können, damit es keine dramaturgischen Lücken gibt. Damit kann ich sehr gut die Moderation mit der Bühne verbinden – also eigentlich ein Spaziergang.

Ausschnitt der Premiere von „Die blaue Mazur“

Das Titellied „Die blaue Mazur“ gesungen von Sieglinde Feldhofer und Clemens Kerschbaumer. Oliver Baier führt als komödiantischer Conférencier durch den Abend und muss aus Mangel an Schauspielern auch noch in mehrere Rollen schlüpfen.

noe.ORF.at: Baden kann die Operette nur mit der Einhaltung zahlreicher Sicherheitsmaßnahmen auf die Bühne bringen. Die Künstlerinnen und Künstler schminken sich selbst, überall wird Abstand gehalten, geprobt wurde sechs Wochen lang mit Masken. Im Zuschauerraum darf nur ein Drittel der Leute Platz nehmen. Wie geht es Ihnen mit all diesen Maßnahmen, kommen Sie da gut zurecht?

Baier: Das ist genau die Aufgabe. Dass wir mit den Situationen des Coronavirussommers 2020 umgehen und ich thematisiere das gleich zu Beginn in einer Conférence. Natürlich sieht man diese lichten Reihen, aber das heißt nicht, dass es eine schlechte Auslastung wäre, im Gegenteil – das ist Absicht. Die Damen und Herren, die uns hier in Baden besuchen, sind auf der sicheren Seite, weil wir alle Covid-19-Maßnahmen umsetzen. In die Sommerarena passen über 600 Leute, 200 dürfen in diesem Jahr herein. Das heißt, wir können genügend Abstand halten. Was die Sängerinnen und Sänger während der Probenzeit geleistet haben – Chapeau, da hat niemand gejammert, obwohl es in der Hitze natürlich anstrengend war. Aber wir sind alle froh, dass wir wieder etwas auf die Bühne bringen dürfen und wir hoffen, dass die Menschen in Niederösterreich das zu schätzen wissen und uns besuchen kommen.