Waldviertler Mohnzelten
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„Köstlich Kulinarisch“

Mohnzelten mit Waldviertler Graumohn

Auch diese Woche stellt uns Radio NÖ-Köchin Andrea Karrer ein Rezept aus der regionalen Küche vor: Mohnzelten. Die wichtigste Zutat ist dabei der Waldviertler Graumohn. Er dürfte vor vielen hunderten Jahren über die Klöster ins Waldviertel gekommen sein.

(Schlaf-) Mohn zählt zu den ältesten europäischen Kulturpflanzen und stammt ursprünglich wahrscheinlich aus Westasien. In Europa ist Mohn bereits seit der Jungsteinzeit (6.000 v.Chr.) bekannt. Die Sumerer erwähnten Mohn, damals auch als „Pflanze der Freude“ bezeichnet, erstmals 4.000 v.Chr. in Keilschrifttexten zur Herstellung von Arzneimitteln.

Zu dieser Zeit wurde Mohn vor allem wegen seines Ölgehalts geschätzt. Aber auch die narkotische und schmerzlindernde Wirkung von Opium, dem getrockneten Milchsaft der unreifen Samenkapseln von Schlafmohn, war den Heilern damals schon bekannt. Sie benutzten es unter anderem bei Wassersucht, Durchfall, Gebärmutterleiden und gegen Schlafstörungen. Opium wurde entweder geraucht oder meistens mit Wein vermischt. Wegen der berauschenden Wirkung wurde es auch rituell verwendet.

Mohn
andreas N / pixabay
Die Geschichte des Waldviertler Mohns reicht mehrere Jahrhunderte zurück

Pädagogisch umstritten war allerdings die beruhigende und „schlafmachende“ Wirkung des Opiums, lange von der bäuerlichen Bevölkerung in Form von „Mohnzuzeln“ genutzt. Dabei wurde Mohn mit Honig verrührt. Unruhige Kinder ließ man so wundersam ins Land der Träume dämmern, während die Eltern in Ruhe auf dem Feld arbeiten konnten. Heute werden die ölhaltigen Samen des Schlafmohns als Lebensmittel (für Süßspeisen, Gebäck und Mohnöl) und als Schmerzmittelieferant in der Pharmazie genutzt.

Erstmals im 13. Jahrhundert dokumentiert

Der Waldviertler Graumohn g.U. dürfte durch die Klöster ins Waldviertel gekommen sein, da die Mönche seit dem frühen Mittelalter Gartenmohn kultivierten, um daraus Heilmittel gegen Schmerzen und Schlaflosigkeit herzustellen. Der Anbau von Mohn im Waldviertel ist seit dem 13. Jahrhundert dokumentiert.

Erstmals erwähnt wurde der Mohn im Waldviertel in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts in sogenannten Zehentbüchern (Zehent ist das Pachtentgelt der Bauern an den Grundherrn, Anm.). Für das Jahr 1912 geht aus einer Agrarstatistik der k.u.k. Monarchie hervor, dass im Waldviertel 1.200 Hektar Mohn angebaut wurden. Noch um 1930 notierte man den Zwettler Graumohn sogar an der Londoner Handelsbörse.

Mohnblumenfelder in Reichersberg am Inn
Daniel Scharinger
Das Waldviertel und das Mühlviertel sind die Hauptanbaugebiete des Mohns

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Mohn allmählich durch einfacher zu kultivierende Pflanzen, die weniger Handarbeit verlangten, verdrängt. Erst ab etwa 1980 wurde die alte Tradition des Mohnanbaus im Waldviertel durch Initiativen zur Förderung landwirtschaftlicher Alternativprogramme (Gründung des Vereines zur Förderung der Sonderkulturen im Waldviertel) wiederbelebt.

Sendungshinweis:

„Radio NÖ am Vormittag“, 12.2.2022

Die Hauptanbaugebiete von Mohn in Österreich sind Niederösterreich (Waldviertel) und das nördliche Oberösterreich. Während in Oberösterreich hauptsächlich Blaumohnsorten angebaut werden, ist das Waldviertel für seinen Graumohn berühmt.

Geschichte der Mohnzelten unklar

Die österreichische Küche ist reich an Mohnrezepten, wobei Mohn vor allem in der Waldviertler Küche einen festen Platz hat. Viele Mehlspeisen – etwa Mohnstrudel, Mohnnudeln, Mohnknödel und Mohnzelten – werden durch Mohnbeigaben verfeinert oder sättigender.

Der Ursprung von Mohnzelten liegt allerdings im Dunkel der Geschichte. Früher waren Mohnzelten traditioneller Bestandteil der bäuerlichen Küche. Das Wort „Zelten“ ist germanischen Ursprungs und bedeutet „flacher Kuchen“. In Österreich werden unter „Zelten“ flache Gebäcke verstanden, die Früchte oder Samen im Teig enthalten bzw. mit ihnen gefüllt sind. Darüber hinaus umfasst der Begriff „Zelten“ auch das bei uns bekannte Früchtebrot.

Mohntorte
pixabay
Mohn wird für viele Speisen verwendet, vor allem für Nachspeisen und Gebäck

Mohnzelten waren in der Vergangenheit wichtige Energielieferanten bei Holzarbeiten im Wald oder bei bäuerlichen Tätigkeiten auf dem Feld, sowie Festtagsgebäck, das vor allem am Heiligen Abend serviert wurde. Während sie früher nur auf die Waldviertler Bauernküche beschränkt waren, sind sie heute auch auf Märkten, besonders in der Weihnachtszeit, erhältlich.

Einige Produzenten prägen ihre Mohnzelten auf der Unterseite mit dem Christusmonogram IHS, was jedoch keine spezifische religiöse Bedeutung hat, sondern das Ursprüngliche symbolisieren soll.

Waldviertler Mohnzelten

Zutaten für 12 Stück:

  • 150 g mehlige Erdäpfel
  • 250 g Mehl (glatt)
  • 1 Messerspitze Salz
  • ½ TL Backpulver
  • 1 Ei
  • 120 g Butter
  • 1 EL Creme fraiche
  • Mehl (griffig) zum Ausarbeiten

Für die Füllung:

  • 50 g Butter
  • 100 g Mohn, gemahlen
  • 100 g Kristallzucker
  • 1 EL Honig
  • 1 Packung Vanillezucker
  • Prise Zimt
  • Schale von ¼ Zitrone (unbehandelt), abgerieben
  • 1 EL Rum
  • 2 EL Schlagobers
  • Staubzucker zum Bestreuen

Zubereitung: Erdäpfel kochen, ausdampfen lassen, schälen, durch die Erdäpfelpresse drücken und vollständig auskühlen lassen. Man kann die gekochten und geschälten Erdäpfel auch vollständig auskühlen lassen und dann fein raffeln.

Mehl mit Salz sowie Backpulver vermengen und mit Erdäpfeln, verquirltem Ei, flüssiger Butter und Creme fraiche mit bemehlten Händen rasch zu einem Teig verkneten. Teig in zwölf gleich große Portionen teilen und diese zu flachen Scheiben (etwa 12 cm Durchmesser) drücken.

Für die Füllung die Butter schmelzen, Mohn, Zucker, Honig, Vanillezucker, Zimt, Zitronenschale sowie Rum beifügen, gut verrühren und bei geringer Hitze etwa fünf Minuten quellen und anschließend etwa zehn Minuten überkühlen lassen. Jeweils einen Esslöffel Mohnmasse auf den Teigscheiben auftragen, Teig über der Füllung zusammennehmen, die Teigränder gut zusammendrücken und die Teigstücke zu „Talern“ formen.

Mit der Verschlussseite nach unten auf ein mit Backtrennpapier ausgelegtes Blech legen, mit flüssigem Schlagobers bestreichen und mit einer Gabel mehrmals einstechen. Im vorgeheizten Rohr bei 200 Grad Celsius etwa 20 Minuten backen. Am Blech auskühlen lassen und mit Staubzucker bestreuen.