Pecher
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„Menschen im Blickpunkt“

Der beinahe vergessene Duft des Pechs

Pech, das Harz der Schwarzföhren, fand früher als universelles Heil- und Klebemittel Verwendung. Heute ist die traditionelle Pecherei fast ausgestorben. Angelika und Florian Gruber sind zwei von ganz wenigen, die das alte Wissen nach wie vor nutzen.

Weihrauch gibt es nicht nur in der Kirche. Den Brauch des Räucherns findet man in allen möglichen Kulturen rund um den Globus. Bei ihren Reisen durch Asien und Afrika lernten Angelika und Florian Gruber, die Ethnologie und Kulturanthropologie studiert haben, verschiedene Traditionen kennen und brachten unterschiedliche Räucherwaren mit nach Niederösterreich. Heute leben sie auf einem kleinen Bauernhof in Dreistetten (Bezirk Wiener Neustadt) am Fuße der Hohen Wand.

Hinter dem Hof wachsen Wildkräuter wie Wermut, Schafgarbe, Gundelrebe, Salbei oder Beifuß. Nicht weit entfernt stehen Schwarzföhren, eine besonders harzreiche Baumart, die jahrhundertelang zur Pechgewinnung genutzt wurde. „Sowohl die Kräuter als auch das Harz sind zum Räuchern perfekt geeignet“, weiß Angelika Gruber, „wir nutzen beides, um Räucherkegel herzustellen, die ausschließlich nachhaltige und biologische Zutaten enthalten.“

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Die Räucherkegel von Familie Gruber bestehen aus Harz, Kohle und Kräutern

Räucherkegel aus heimischen Zutaten

Die Herstellung der Räucherkegel erinnert ein bisschen an Kekse backen: Statt Mehl zu mahlen, wird Harz im Mörser zu feinem Pulver zerstoßen. Dazu kommt geriebene Lindenholzkohle, die von einem Köhler in Michelbach (Bezirk St. Pölten) auf traditionelle Weise produziert wird. Als Klebe- und Bindemittel wird aus Baumrinde gewonnenes Makko verwendet. Synthetische Zusatzstoffe sind nicht notwendig.

„Je nach Sorte geben wir verschiedene Kräuter dazu“, erklärt Florian Gruber. Die Masse wird wie ein Mürbteig geknetet. Keksausstecher gibt es nicht, stattdessen eine 3D-Form, mit der Kegel hergestellt werden können. „Der Duft der Räucherkegel erinnert die Pecher, die uns ihr Handwerk gezeigt haben, an frühere Zeiten“, erzählt Angelika Gruber, „man fühlt sich wie im Schwarzföhrenwald, wenn das junge Scherpech von den Bäumen gekratzt wird.“

Weitergabe von Wissen und Werkzeug

Der erfahrene Pecher Gerhold Wöhrer überließ den Grubers auch ein Teil seines Werkszeugs: „Das ist schon mehr als 100 Jahre alt. Damals hat mein Großvater damit gearbeitet.“ Jahrzehntelang war die Pecherei ein wichtiger Nebenverdienst der Kleinbauern in der Region. „Das Pech ist nach Markt Piesting zur Pechbrennerei gebracht worden,“ erinnert sich Gerhold Wöhrer, „dort wurde es zu Schuhpaste verarbeitet.“

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Der erfahrene Pecher Gerhold Wöhrer (li.) gibt sein Wissen rund ums Pech an Florian Gruber weiter

Auch für zahlreiche medizinische Produkte, Farben und Lacke wurde Pech verwendet. Mit Kolophonium, einem weiteren Produkt aus dem Harz der Schwarzföhre, werden bis heute die Bögen von Streichinstrumenten eingerieben, um die Saiten besser zum Schwingen zu bringen.

Beim Pecherpfad in Matzendorf-Hölles (Bezirk Wiener Neustadt) kann man mehr über die traditionelle Arbeit der Pecher erfahren. Zum 25-jährigen Jubiläum soll zu Pfingsten ein Pecherfest stattfinden, bei dem man die Arbeit der Pecher aus nächster Nähe beobachten kann.