Fleischerei Nemetz Fleischverarbeitung Fleisch
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„Menschen im Blickpunkt History“

Traditionsfleischerei trotzt Vegantrend

Zu den Branchen, die in den vergangenen Jahrzehnten den stärksten Umbruch erlebt haben, gehören definitiv die Fleischereien. Diese Wandlungen machte der Familienbetrieb Nemetz mit, der vor 146 Jahren gegründet wurde und heute noch dem Vegan-Trend trotzt.

Zumindest optisch ist er wohl einer der bekanntesten Fleischereibetriebe Österreichs, täglich haben ihn zehntausende Autofahrer auf der Westautobahn im Blick.

Wöchentlich werden hier 200 Tonnen Fleisch verarbeitet, vor allem für Gastronomie und Hotellerie. Der Beginn war 1876 eine Pferdefleischerei in Wien. Im Jahr 1900 übersiedelte der Betrieb nach Eichgraben (Bezirk St. Pölten) und fast genau 100 Jahre später noch einmal nach Böheimkirchen (Bezirk St. Pölten). Eine Schlachterei wie in Eichgraben gibt es hier nicht mehr, nur noch die Verarbeitung und auch Lagerung von Tausenden Tonnen Fleisch und anderen Waren im riesigen hauseigenen Kühlhaus bei minus 28 Grad.

Familienbetrieb im Wandel der Zeit: Fleischerei Nemetz

Vor 146 Jahren wurde die Fleischerei Nemetz gegründet. Im Laufe der Jahre hat der Familienbetrieb viele Umbrüche in der Branche erlebt. Immer mehr klassische Fleischereien haben zugesperrt, dazu ist in den letzten Jahren der Trend zu vegetarischer und veganer Ernährung gekommen.

Vom halben Schwein über das Schnitzel zum Fertiggericht

Das Schnitzel kommt geklopft aus der Maschine, Gerichte wie Kebab werden fertig abgepackt. Alles ändert sich, bestätigt Firmenchef Johann Nemetz, der 1978 damals 19-jährig als jüngster Fleischermeister Österreichs den Betrieb übernahm. „Früher hast du ein halbes Schwein oder ein halbes Rind verkauft, das war es“, so Nemetz. „Dann wurde die Arbeit immer mehr verfeinert, erst kam das Karree, dann das fertige Schnitzel. Mittlerweile sind Fertiggerichte dazugekommen. Man geht den Weg, noch mehr zu perfektionieren, noch edler zu machen.“

Fleischerei Nemetz Böheimkirchen
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Der Betrieb ist von der Westautobahn aus zu sehen, täglich haben ihn zehntausende Autofahrerinnen und -fahrer im Blick

Nemetz sieht Vegantrend als „Zeiterscheinung“

Dass Fleisch derzeit an Sympathiepunkten in der Öffentlichkeit verliert und der Trend hin zu vegetarischer oder veganer Ernährung geht, wird von seinem Sohn, Betriebsleiter Hans Nemetz, als Zeiterscheinung betrachtet. „Wenn man sich die Entwicklung in den vergangenen Jahren ansieht, dann war es so, dass es alle paar Jahre einen neuen Trend gab, der dann einen Peak erreichte – der dauerte ein, zwei Jahre, und flachte dann wieder ab. Vegetarisch hat natürlich seine Berechtigung, aber ich glaube, dass aufgrund der aktuellen Rohstoffsituation und der Ersatz-Stoffe, die im ‚veggie‘ drin sind, wieder ein Umdenken kommen könnte.“

Gerüstet dafür sei man, heißt es. Auch mit weiteren Standbeinen, wie einem Bistro mit einem Motel und einem Markt, erklärt Gastro-Geschäftsführerin Monika Nemetz-Roither: „Wir waren immer schon und sind in letzter Zeit verstärkt auf sehr vielen Säulen aufgestellt. Das war mit Blick auf die vergangenen zwei Pandemie-Jahre ein großer Vorteil.“

Sendungshinweis

„NÖ heute“, 1.5.2022

Keine vegetarischen Ersatzwürstel

Gekocht wird deftig, vegetarische Ersatzwürstel wie bei immer mehr großen Mitbewerbern gibt es nicht, sagt Nemetz-Roither: „Wir gehen nicht den Weg, dass man Fleisch mit irgendwelchen Substanzten ersetzt. Wenn man bei uns Fleisch kauft, dann ist das echtes Fleisch. Ich bin der Meinung, man sollte mehr auf Qualität und Regionalität schauen.“

Die Eigentümerfamilie ist von Anbeginn, also seit fast 150 Jahren, dieselbe. Und bleibt es auch mit großen Fußstapfen für die noch sehr kleine nächste Generation. Junior Lukas ist gerade erst zwei Monate alt.