In Neubruck bei Scheibbs herrscht um 6.00 Uhr Betriebsamkeit: Die Produktion der Konditorei Reschinsky ist nichts für Diabetiker. Punschkrapferl und Schaumspitze werden hergestellt, in wenigen Stunden werden sie auf dem Kollmitzberger Kirtag (Bezirk Amstetten) verkauft. Vor allem die Schaumrollen stapeln sich – sie sind das Kirtagsgebäck schlechthin.
Seniorchef Heribert Reschinsky will von keinem Betriebsgeheimnis im Rezept wissen: „Sie müssen einfach nur frisch sein und darauf schauen wir.“ 12.000 Stück verlassen die Backstube an diesem Samstag, zum Teil Richtung Scheibbs ins Stammhauscafe, zum Großteil aber nach Kollmitzberg. Dort findet der älteste Kirtag Österreichs statt, seit etwa 500 Jahren lädt Kollmitzberg schon zum Kirtag ein.
Sendungshinweis
„NÖ heute“, 24.9.2022
Schon als Kinder mit auf dem Kirtag
Die Scheibbser Zuckerbäcker stehen dort mit sieben Ständen. Dafür braucht es auch einiges an Personal. Konditormeister und Geschäftsführer Florian Reschinsky ist immer mit seiner Mutter Anita unterwegs, aber es helfen alle im Betrieb mit, sagt er: „Es ist eine große Familie. Einige kommen direkt aus der Backstube, andere zeichnen sich immer schon im Kalender die Kirtags-Termine an, das funktioniert hervorragend.“
Kirtagfahrer ist ein Beruf für Frühaufsteher. Das gilt auch für die Kinder, etwa den heutigen Seniorchef Heribert und seinen Bruder, wie deren Mutter Gertrude Reschinsky erzählt. Die 88-Jährige begann Anfang der Sechzigerjahre das Kirtagsgeschäft intensiver zu betreiben, die Kinder mussten in der Früh mit: „Ich habe ihnen oft aus Kleidung ein Bett gemacht. Die Buben haben unter dem Wagen geschlafen, während Vater und Mutter oberhalb verkauft haben.“
„Keine Nacht, in der ich nicht vom Kirtag träume“
Die Konditorei gibt es seit 134 Jahren, die ersten Reschinsky-Wägen waren schon in der Zwischenkriegszeit unterwegs, aber erst Gertrude Reschinsky baute das Geschäft entscheidend aus. Oft gegen Widerstände der Konkurrenz, so sei sie etwa sogar bedroht worden. Immerhin ging es um den besten Platz: „Und der ist immer in der Mitte. Nicht am Anfang und nicht am Ende des Kirtags. Und am besten bei einem Gasthaus, da sind die Menschen aus- und eingegangen.“ Los ließ sie der Kirtag bis heute nicht: „Es gibt fast keine Nacht, in der ich nicht vom Kirtag träume.“
In Niederösterreich und anderen Bundesländern
Jungunternehmer Florian Reschinsky sieht eine Zukunft für diese Branche: „Wir können bis zu zehn Stände aufstellen. Mein Onkel in Wieselburg – der zwar ein eigenes Geschäft hat, aber ebenfalls mit unseren Produkten fährt – kommt ebenfalls auf sechs oder sieben. Neben den Kirtagen in Niederösterreich sind wir auch in der Steiermark unterwegs, in Wien bei den Weihnachtsmärkten. Mein Onkel steht heute in Salzburg beim Rupertikirtag.“
Der Onkel sei auch auf vielen Messen – auf der Reptilienmesse bis zur Oldtimerschau werden Schaumrollen verkauft. Als in der Hochphase der Pandemie keine großen Veranstaltungen stattfanden, stellten die Reschinskys ihre Autos und Stände bei Blutspendekationen auf. „Hat auch funktioniert“, sagt Florian Reschinsky. Aber die mageren Pandemiejahre sollten vorbei sein, das Geschäft ist jetzt wieder voll angelaufen.