100 Jahre NÖ 2016 Wolfsnachwuchs Allentsteig WWF Bundesheer
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„100 Jahre NÖ“

2016: Wolfsfoto führt zu Freude und Ängsten

Fotos einer Wildtierkamera lösen bei Tierschützern 2016 Begeisterung aus. Erstmals seit über 100 Jahren gibt es in Österreich wieder Wolfsnachwuchs, und zwar am Truppenübungsplatz in Allentsteig. Die Nachricht verursacht aber auch Ängste.

Die Aufnahmen aus Fotofallen am Gelände des Truppenübungsplatzes in Allentsteig (Bezirk Zwettl) zeigen vier Jungwölfe. Es sind die ersten Wölfe, die in Österreich seit der Ausrottung vor mehr als 100 Jahren in freier Wildbahn geboren wurden, freut sich der Wolfsexperte des WWF, Christian Pichler: „Wir wissen schon seit geraumer Zeit, dass es hier ein Wolfspaar gibt, nur mussten wir jetzt abwarten, ob es tatsächlich zu Nachwuchs kommt.“

Dass sich die Jungfamilie ausgerechnet am Truppenübungsplatz niederließ, dürfte kein Zufall gewesen sein. „Wir haben hier keine Landwirtschaft, wir haben hier eine andere Nutzungsform des Geländes, nämlich militärischen Übungsbetrieb“, erklärt Josef Kugler vom Bundesheer, „somit können hier noch 300 bis 400 Hektar große Brachen existieren, und da fühlt sich der Wolf besonders wohl.“

„Gezielt ausgerottet“

Das letzte Wolfsvorkommen in Österreich erlosch laut WWF 1882 im steirischen Wechselgebiet. Damals wurden Wölfe, wie auch Bären oder Luchse, verfolgt und auch „gezielt ausgerottet“, weiß Pichler. Der Grund: Die Tiere waren gegenseitige Nahrungskonkurrenten, doch in Zeiten von Kriegen und Hungernöten war jedes Nutztier wichtig, „um zu überleben“.

Heulender Wolf
APA/HERBERT PFARRHOFER
Wölfe waren seit jeher in Österreich Teil der Natur, bis sie im 19. Jahrhundert gezielt ausgerottet wurden

100 Jahre später gebe es allerdings eine andere Situation, betont der Wolfsexperte. Deshalb wurden Wölfe bereits in den 1970er-Jahren unter Schutz gestellt, mit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union 1995 sind sie auch streng geschützt. Die Natur habe sich seither nicht verändert, die Rahmenbedingungen aber schon, weshalb sich der Wolf wieder ausbreiten konnte.

Langsame Rückeroberung

Ab den 2000er-Jahren breitet sich das Tier bereits in den Ländern rund um Österreich aus, etwa in Deutschland oder der Schweiz. Auch in Österreich rechnete man beim WWF schon damals mit der Rückkehr, zumindest gab es konkrete Hinweise. Immer wieder waren Wölfe durchgezogen, meist aber wieder verschwunden. Seit 2009 wurden jährlich wieder zwei bis sieben einzelne Wölfe nachgewiesen.

2011: Der Wolf kehrt nach Niederösterreich zurück

2015 wurden in Österreich durch Meldungen vier Tiere bestätigt, gesichtet wurden sie in Niederösterreich, Salzburg, Vorarlberg, Tirol und der Steiermark. Bis der Wolf tatsächlich wieder heimisch wurde, „hat es dann doch etwas länger gedauert“, gesteht Pichler, „aber 2016 war es soweit.“ Warum es länger dauerte als in anderen Ländern sei nicht klar, sagt Pichler. Die Wölfe wanderten aus Italien, der Schweiz, Slowenien und der Slowakei ein.

Die Bedingungen in Österreich für Wölfe seien jedenfalls gut, meint der WWF-Experte. Der Wolf braucht ein großes Nahrungsangebot, „in Österreich haben wir die höchste Schalenwilddichte in ganz Europa, drei Mal so viel wie die Schweiz, vier Mal so viel wie Italien.“ Beute sei also genügend vorhanden, ebenso der Lebensraum, wo noch verhältnismäßig wenige Wölfe und somit auch kaum Konkurrenten um Reviere leben.

Traumparadies Truppenübungsplatz

Dass sich Truppenübungsplätze für die Ansiedlung besonders gut eignen würden, zeigen Beispiele aus Deutschland, erzählt Pichler. Der Vorteil sei, dass Wölfe dort in Ruhe gelassen werden und kaum Verkehr oder Spaziergänger vorhanden seien. Von diesen Gebieten aus hätten die Tiere dann weitere Teile des Landes besiedelt. Wölfe können sich aber auch gut anpassen und leben etwa auch rund um Rom oder Berlin.

Gerodete Flächen am Truppenübungsplatz
ORF
Das weitläufige Areal am Truppenübungsplatz Allentsteig sei für Wölfe ein idealer Rückzugsort

In Österreich lassen sich Wölfe wie auch die Jungtiere 2016 bisher kaum blicken. Um deren Verhalten genauer zu erforschen, startete am Truppenübungsplatz Ende 2015 ein Monitoringprogramm der Abteilung für Nachhaltigkeit im Bundesheer. Um die Wege der Wölfe zu verfolgen, wurden neben den Fotos durch die Wildtierkameras auch DNA-Spuren aus Exkrementen und Beutetieren analysiert.

Schon 2016 wagten sich die Tiere auch über die Grenzen des Übungsplatzes hinaus. Vorfälle mit Menschen gab es nicht, aber durchaus Wildtierrisse. 2017 wurden mehr als zwei Dutzend Fälle erfasst, sagt Christian Kubitschka, der die Abteilung Nachhaltigkeit auf dem Truppenübungsplatz leitet: „Es ist bekannt, dass das Muffelwild stark rückläufig ist.“ Das Rotwild sei zwar sehr gut auf den Wolf programmiert, „aber auch hier haben wir massive Auswirkungen.“

2017: Wolfsmonitoring am Tüpl Allentsteig

Jäger: „Wild gerate unter Stress“

Schäden gebe es nicht nur durch die Risse, sondern auch an Bäumen, beklagt damals der Zwettler Bezirksjägermeister Gottfried Kernecker. Das Wild stehe durch den Wolf unter Stress. Anstatt Futter zu suchen, bleibe es im sicheren Versteck und beginne an den Bäumen zu schälen. „Das heißt, dass das Rot-, aber auch Muffelwild mit den Schneidezähnen die Rinde wegknabbert und damit den Saftstrom unterbricht“, sagt Kernecker.

Auch in der Landwirtschaft wurde der Wolf zunehmend als Gefahr gesehen. Wegen der fehlenden Großraubtiere hätte es die österreichische Alm- und Weidewirtschaft bisher relativ leicht gehabt, sagte Daniel Heindl von der Landwirtschaftskammer: „Wir haben sehr einfache, aber sichere Zaunsysteme gehabt. Auf den Almen haben wir ein einfaches Behirtungssystem gehabt. Doch jetzt haben wir einen Gegenspieler, der uns diese Systeme eigentlich über den Haufen wirft.“

Wichtiger Gesundheitspolizist

Christian Pichler hält dem entgegen, dass der Wolf nicht nur ein Problem, sondern auch ein ganz wichtiger Bestandteil sei: „Er hat immer zu unserer Natur gehört und er erfüllt eine ganz wichtige ökologische Rolle, etwa jene als Gesundheitspolizist", der krankes Wild "aussortiert“ und damit nur „Wildbrethygiene beiträgt“.

Wölfe
ORF
Für die Natur sei der Wolf ein wesentlicher Bestandteil, etwa als Gesundheitspolizist

Wölfe gelten seit mehr als 20 Jahren in Österreich als streng geschützt und dürfen deshalb nicht gejagt werden. Der letzte dokumentierte Abschuss erfolgte im Jahr 1866 am Hohen Mandling (Bezirk Baden). Dass der Wolf schließlich zurückkehrte, sei ein „gutes Zeichen“, erklärt Pichler, nämlich dass die Biodiversität stimme, was wiederum auch positive Auswirkungen auf die Menschen habe.

Deshalb unterstützte der WWF im Gegenzug seit Anbeginn finanzielle Hilfen für die Landwirte, damit sie ihre Tiere vor Wölfen schützen können. „Indem man Schutzmaßnahmen wie Herdenschutzhunde oder Elektrozäune fördert und Bauern somit Lösungen bietet, wie sie in Wolfsgebieten trotzdem Nutztiere halten können.“ Die Landwirte selbst forderten zugleich Regelungen, "wie wir mit einer dynamischen Wolfspopulation, die sich ausbreitet, umgehen“, so Heindl.

Konflikte vorprogrammiert

„Für uns war immer klar, dass der Wolf zurückkehren wird und damit auch Konflikte verbunden sind“, sagt Pichler gegenüber noe.ORF.at, „für die Landwirtschaft war das vielleicht nicht vordergründig als Thema“. In Österreich hätten die Erfahrungen mit dem Wolf gefehlt gegenüber jenen Ländern, in denen das Tier nicht ausgestorben war, wie Italien: „Und diese Erfahrung bekommt man auch nicht über Nacht, sondern das dauert viele Jahre.“

2017: Landwirte und Jäger sorgen sich vor dem Wolf

Der WWF habe deshalb bereits 2012 einen österreichweiten Managementplan angestoßen, der vom Bund, allen Bundesländern sowie NGOs wie Tierschutzorganisationen oder dem Jagdverband ausgearbeitet wurde und den Umgang mit dem Wolf regeln soll. „Das Papier war sehr gut, aber wenn das Management nicht umgesetzt wird, teilweise ist das nicht gut gemacht worden, dann bestehen Konflikte weiter.“ Deshalb hätten sich teilweise Landwirte und Jäger zu Recht beschwert.

Wolf „hat in Niederösterreich keinen Platz“

Beim Landesjägertag 2017 hatten auch Niederösterreichs Jäger noch angekündigt, den Wolf beobachten zu wollen. Ein Jahr später waren bei derselben Veranstaltung schon deutlich kritischere Worte zu hören. „Die Meinung des Landesjagdverbandes ist klar und auch die aller Landesjagdverbände in Österreich: Wir brauchen den Wolf nicht“, so Landesjägermeister Josef Pröll: „Der Wolf hat in Niederösterreich keinen Platz.“

Zwar war unklar, wie viele Wölfe in Niederösterreich lebten, allerdings nahm die Zahl der Sichtungen stetig zu. Dass sich die Population laut Experten alle drei Jahre verdoppeln würde, sei für die Jagd "natürlich eine Herausforderung, vor allem ist es aber ein landwirtschaftliches, touristisches und regionales Problem“, sagte Pröll und kündigte an, als „Allianz“ vorgehen zu wollen.

2018: Der Wolf „hat in Niederösterreich keinen Platz“

Gesetz erlaubt Wolfsabschuss

Nur wenige Wochen später reagierte die Politik in Niederösterreich auch mit konkreten Maßnahmen. Im Landtag wurde im September 2018 eine Änderung des Jagdgesetzes beschlossen, dass Wölfe, die eine Gefahr für Menschen darstellen, künftig geschossen bzw. „rasch entnommen“ werden können, wie es Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP) bezeichnete.

Die Maßnahmen reichen seither von Vergrämung bis zum Abschuss „als letztes Mittel“. Dazu soll laut Pernkopf der Schutz der Bevölkerung präzisiert werden. Die Vorgangsweise entspreche dem Wolfsmanagementplan und sei „rechtlich sauber“. Es gehe um Maßnahmen, die die Akzeptanz für den Wolf steigern sollen, sagte der Landeshauptfrau-Stellvertreter. Der Stufenplan mit Herdenschutz und Entschädigung bleibe.

„Populistische Schnellschussaktion“

Die Bescheide zur Vergrämung – mit Schreckschüssen oder gezielten Schüssen mit Gummigeschoßen – bzw. zum Abschuss von „Problemwölfen“ sollen nach einer Beurteilung durch Experten die Bezirksbehörden ausstellen. In bestimmten Zonen wie etwa am Truppenübungsplatz soll der Wolf auch weiterhin streng geschützt sein, sonst soll es aber Regulierungsmöglichkeiten geben. Der WWF kritisierte die Änderung als „populistische Schnellschussaktion“.

Jäger mit Gewehr
APA/BARBARA GINDL
Als „letztes Mittel“ dürfen Wölfe seit 2018 in Niederösterreich geschossen werden

2018 wurden in Niederösterreich sogar schon drei Rudel gezählt, neben dem Truppenübungsplatz auch eines in Litschau und Karlstift (beides Bezirk Gmünd) und eines im Wienerwald, wo jeweils mehrere Wolfsrisse gemeldet wurden. Doch nur ein Jahr später schien es plötzlich nur noch ein Rudel zu geben – jenes in Allentsteig. 2019 wurde auch nur eine Handvoll Risse gemeldet.

WWF vermutet illegale Abschüsse

Über die Ursachen könne man „nur Mutmaßungen anstellen“, sagte der WWF-Experte zu noe.ORF.at, „Abwanderung kann sein, ist aber unwahrscheinlich, Verkehrsunfälle sind auch unwahrscheinlich, es kann also sein, dass es sich um illegale Abschüsse gehandelt hat.“ Beweise – wie etwa bei einem Fall in Tirol – gebe es freilich keine, so Pichler.

Sylvia Scherhaufer vom Landesjagverband verwies damals auf die strengen Strafen bei illegalen Abschüssen. Der Landesjagdverband „steht ganz klar dahinter, dass der Wolf geschützt ist, dass der Abschuss illegal ist.“ Laut Scherhaufer gebe es auch immer wieder Wildtierrisse, „diese Dinge werden aber nicht an eine offizielle Stelle gemeldet, denn für Wildtierrisse gibt es keine Entschädigung.“

2019: Wo sind die Wölfe?

Bauern schützen Tiere besser

Darüber hinaus würden Landwirte – und das bestätigte auch die Landwirtschaftskammer – ihre Tiere besser schützen. Elektrozäune grenzen die Weide ein, nachts werden die Tiere in den Stall gebracht. Während es in Niederösterreich ruhiger wurde, häuften sich nun die Wolfrisse von Weidetieren in Salzburg und Tirol. Dass dafür Wölfe aus Niederösterreich verantwortlich sein könnten, schlossen Experten aus.

Österreich sei laut Pichler mittlerweile jedoch von Wölfen umgeben, die sich nun vermehrt auch über die Grenzen wagen. Österreich sei hier ein Brückenkopf zwischen diesen verschiedenen Populationen, „und das ist auch aus genetischer Sicht ganz wichtig“, betont der Experte. Denn über Jahrzehnte seien die Populationen getrennt gewesen, die genetische Durchmischung führe hingegen dazu, „dass es den Wölfen besser geht und sie langfristig überleben können.“

Vier weitere Wolfsrisse bestätigt

Spätestens seit diesem Sommer war das Thema Wolf aber auch in Niederösterreich zurück. Rund um Langschlag (Bezirk Zwettl) wurden acht tote Schafe gemeldet, die nachweislich von einem Wolf gerissen wurden. Laut dem Wolfsbeauftragten Aldin Selimovic zeichne eine Fähe (ein weiblicher Wolf; Anm.) dafür verantwortlich, die bereits am 1. August 2018 Tiere desselben Bauern gerissen hatte.

Fotostrecke mit 5 Bildern

Triggerwarnung
ORF NÖ
Kadaver eines Schafes
privat
Dass große Mengen des Fleischs fehlen, weist für Aldin Selimovic auf einen Wolf hin
Kadaver eines Schafes, Magen im Vordergrund des Bildes
privat
U.a. der Magen wurde nicht gefressen, Wölfe hätten in der Vergangenheit schon öfters dieses Organ übrig gelassen, so Selimovic
Kadaver eines Schafes
privat
Kehlbisse, wie hier zu sehen, findet man auch bei Attacken von anderen Beutegreifern
mit Blut verschmiertes Schaf
privat
Zwei Tiere waren so schwer verletzt, dass sie notgeschlachtet werden mussten

Das zeige, dass die Raubtiere durchaus auch „für ein paar Jahre unsichtbar“ sein, dem Territorium aber dennoch treu bleiben könnten, sagt der Experte. Aktuell sind nach Angaben des Landes im Waldviertel die einzigen beiden bekannten Rudel in Niederösterreich angesiedelt. Die Präsenz der Tiere sei in den Revieren „stark spürbar“, so der Jagdverband.

Behörde erlaubt Vergrämung

Abschussgenehmigungen wurden in Niederösterreich bisher nicht erteilt. Eine Vergrämung durch Schreckschüsse gestattet seit Sommer ein Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zwettl. Anlassfall war, dass sich ein Wolf auf dem Truppenübungsplatz Allentsteig einem Berufsjäger bis auf zehn Meter genähert und sich dabei aggressiv verhalten hatte. Geflüchtet sei das Tier erst nach einem Schreckschuss in den Boden.

Sendungshinweis

„Radio NÖ am Nachmittag“, 28.11.2022

Der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft gilt in neun Jagdgebieten rund um den Truppenübungsplatz, vorerst bis Ende des laufenden Jahres. Von Jägerinnen und Jägern mit Schreckschüssen vergrämt werden dürfen demnach Wölfe, die sich näher als 50 Meter an Menschen heranwagen und dabei keine Scheu zeigen würden.

Ein gewohnter Anblick

Dennoch werde der Wolf „keinesfalls zutraulicher“, betont Pichler. Allerdings gebe es eben nicht überall so große, freie Flächen wie am Truppenübungsplatz, selbst in Nationalparks gebe es Straßen und damit sei auch der Kontakt gegeben. Wolfssichtungen seien „so normal wie bei Rehen, Hasen oder Wildschweinen“ und ein „normales Wolfsverhalten.“ Problematisch sei es erst, wenn der Wolf „aktiv auf Menschen zugeht“.

Wo ist der Wolf?
ORF
An den Anblick von Wölfen müsse man sich laut Experten gewöhnen

Als sich der Wolf etwa in Schweden vor 20 Jahren angesiedelt hatte, gab es laut Pichler pro Tag „noch ganz viele Anrufe“ bei den Behörden, „mittlerweile ist es für die Bevölkerung ganz normal“. Diese Anpassung werde es auch in Österreich geben, auch wenn das Thema noch zehn bis 15 Jahre „emotionsgeladen und mit vielen Diskussionen“ verbunden sein wird.

„Sachlicher“ Diskurs beruhigt Gemüter

Umso wichtiger sei ein sachlicher Diskurs, betont der WWF-Experte, und ein gutes Management bzw. ein seriöses Monitoring. In Niederösterreich habe sich das Thema seit 2016 trotz allem „beruhigt“ – auch weil das Land das Thema „sachlich“ behandelt, konstatiert Pichler, Geld für Schutzmaßnahmen bereitstellt und die Bevölkerung informiert. Ein Vorteil sei auch, dass im Gegensatz zu westlichen Bundesländern nicht so viele Nutztiere gehalten werden.

Seitens des Landes wird betont, dass von Tierrissen betroffene Viehhalter schnellstmöglich entschädigt werden. Die Landwirtschaftskammer Niederösterreich steht den Betroffenen beratend zur Seite. Man trete für „praxisnahe Lösungen, insbesondere beim Herdenschutz, die die Aufrechterhaltung der Weidehaltung garantieren“, ein, heißt es.

Herdenschutzhunde
ORF
In Niederösterreich würden Elektrozäune bisher in den meisten Fällen ausreichend Schutz bieten, so der WWF

Derzeit stehe Bauern im Waldviertel nur eine Einzäunung als Herdenschutzmaßnahme zur Verfügung. Dieses Mittel garantiere aber erfahrungsgemäß auch „keinen absoluten Schutz gegen Wolfsangriffe“. Die Einzäunung einer Alm sei hingegen „unrealistisch“, ein konfliktfreies Zusammenleben zwischen landwirtschaftlicher Nutztierhaltung und dem Wolf „nicht möglich“, wird von der Landwirtschaftskammer betont.

Beim WWF sieht man das etwas entspannter. Derzeit würden solche Elektrozäune in den Waldviertler Gebieten, wo sich der Wolf angesiedelt hat, ausreichen. „Spannend“ sei es, wenn sich der Wolf Richtung Mostviertel ausbreitet, dann müsse man den Herdenschutz „an die lokale Situation anpassen“, etwa mit Förderungen für Hirtenhunden oder gleich einer zeitweisen Behirtung.

Die Jäger als Partner

Ein wichtiger Partner seien jedenfalls die Jägerinnen und Jäger, sagt Pichler, weil sie ein großes Wissen um den Wolf hätten, und regelmäßig in der Natur unterwegs sind. Mit deren Hilfe könne man Wölfe künftig noch besser monitoren, etwa indem Fotofallen gezielter aufgestellt werden oder auch Kotproben genommen werden. Ziel müsse es langfristig sein, einen genauen Überblick über den Wolfsbestand im Land zu haben.

Ein Jäger geht zusammen mit seinem Hund durch den Wald
APA/dpa/Fredrik Von Erichsen
Jäger sind laut WWF ein wichtiger Partner beim Monitoring der Wölfe

Denn aus Sicht von Christian Pichler habe Österreich in vielen Regionen noch Zeit, sich auf den Wolf vorzubereiten, weil sich die Tiere nur langsam ausbreiten. Dennoch müsse man schon jetzt Maßnahmen setzen. „Denn funktioniert Herdenschutz zu Beginn nicht gut, erleidet man Vertrauensverlust bei Landwirten, und das könnte man vermeiden.“ Dafür sollte man auch das Wissen der Nachbarländer heranziehen.

In Niederösterreich habe Pichler zumindest das Gefühl, „dass es einen Konsens gibt, dass der Wolf zurückgekehrt ist und auch hierbleiben wird.“ Es gebe zwar nicht immer einen Konsens unter den Interessensverbänden, wie man damit umgeht, „aber eines ist klar, der Wolf wird nicht mehr verschwinden“, betont Pichler immer wieder – diese Erkenntnis sei im Vergleich zu anderen Bundesländern aber ein entscheidender Vorteil.