Wahl 23

Hochrechnung: ÖVP verliert Absolute, FPÖ auf Platz zwei

Niederösterreich hat gewählt. Um 17.00 Uhr haben die letzten Wahllokale geschlossen. Laut der ORF/SORA-Hochrechnung verliert die ÖVP die absolute Mehrheit im Landtag, sie fährt deutliche Verluste ein, die FPÖ legt zu und landet auf dem zweiten Platz.

Laut der ORF/SORA-Hochrechnung inkl. Wahlkartenprognose um 19.57 Uhr entfallen auf die ÖVP 39,9 Prozent (-9,7), die Volkspartei verliert damit sechs Mandate im Landtag und hält noch 23 Mandate. Die SPÖ erhält 20,6 Prozent (-3,3) der Stimmen und hält damit 12 Landtagsmandate (-1). Die Sozialdemokraten liegen damit nun hinter den Freiheitlichen auf Platz 3. Die FPÖ gewinnt deutlich dazu und liegt laut Hochrechnung bei 24,2 Prozent (+9,4) der Stimmen bzw. 14 Mandaten (+6).

Die Grünen liegen weiterhin auf Platz 4, sie erlangen 7,6 Prozent (+1,2) der Stimmen und vorläufig vier Mandate. Damit hätten die Grünen nach der Wahl auch den Klubstatus zurückgewonnen. Auf NEOS entfallen 6,7 Prozent (+1,5) der Stimmen bzw. drei Mandate (+/-0).

Keine Chance auf den Einzug in den Landtag hat die impfkritische Liste MFG, die nur in fünf Wahlkreisen angetreten war. Selbiges galt für „KPÖ plus – offene Liste“ (KPÖ) mit Kandidaturen in vier Wahlkreisen und „Dein Ziel“ (ZIEL). Die von Ex-MFG-Politikern gegründete Liste schaffte es nur einem Wahlkreis auf den Stimmzettel.

Die Ergebnisse im Detail

Die aktuelle Hochrechnung, Wahlergebnisse aus den einzelnen Gemeinden sowie Infos zu Wählerströmen und Wahlmotiven finden Sie hier.

Historisch schlechteste Ergebnis für ÖVP NÖ

Politikwissenschafter Peter Filzmaier sagte zur ersten Hochrechnung: „Die ÖVP hat klar verloren, es ist das mit Abstand historisch schlechteste Ergebnis ihrer Wahlgeschichte in Niederösterreich. Das waren zuletzt 1993 44 Prozent der Stimmen. Jetzt hat man womöglich nicht einmal mehr 40 Prozent.“ Man sei nicht mit einem blauen Auge davongekommen, „denn der fünfte Regierungssitz scheint weg zu sein und damit können sich in der Landesregierung – ob im Landtag ist ein bisschen offen, denn Blau und Grün oder Blau und NEOS ist unverträglich – sehr leicht Mehrheiten gegen die ÖVP gründen.“

Mandate Hochrechnung Landtagswahl NÖ 2023
ORF/SORA

In der Landesregierung gebe es nach jetzigem Stand ein blau-rote Mehrheit. „Das ist natürlich verlockend, daraus auch einen Pakt zu machen“, so Filzmaier. Doch die Frage für die FPÖ als „klarer Sieger“ sei: „Wie paarungsbereit, wie paarungswillig ist man überhaupt?“ Denn rein strategisch sei es für die FPÖ auch als Bundespartei verlockend, weiterhin sagen zu können, man werde ausgegrenzt. Damit könne man nämlich auch bei Nationalratswahlen punkten.

Nicht ganz einfach sei die Mehrheitsfindung bei der Wahl des Landeshauptmannes oder der Landeshauptfrau im Landtag für SPÖ und FPÖ. „Denn zu zweit an Mandaten haben sie ja keine Mehrheit.“ Damit müssten sie entweder Grün oder NEOS mit ins Boot holen. Gerade Verhandlungen zwischen diesen beiden Parteien und der FPÖ könnten sich schwierig gestalten.

Die SPÖ müsse nach der ersten Hochrechnung „froh sein, als Verlierer im Windschatten des größeren Verlierers ÖVP zu stehen“, so Filzmaier. Denn nach zwei historischen Tiefständen laufe man nun Gefahr, das historisch schlechteste Ergebnis einzufahren.

Verlorene Stimmen von Zweitwohnsitzern

In einer Journalisten-Runde analysierten Ida Metzger von der „Kronen Zeitung“, Martin Gebhart vom „Kurier“ und Daniel Lohninger von den „Niederösterreichischen Nachrichten“ („NÖN“) die aktuelle Hochrechnung. Für die SPÖ sei das aktuelle Ergebnis ein „Armageddon“, ortet Metzger, sowohl für die niederösterreichische SPÖ als auch die Bundespartei. Die ÖVP dagegen habe durch die wegfallenden Zweitwohnsitzer schmerzlich verloren, analysiert Martin Gebhart. Viele Zweitwohnsitzer mit Hauptwohnsitz in Wien hätten in der Vergangenheit am Land schwarz gewählt. Ähnlich sei es den Grünen ergangen, betont Metzger, die ebenfalls im Wiener Umland zahlreiche Grün-Wähler gehabt hätten. Doch die Grünen hätten es geschafft den Verlust ihrer Zweitwohnsitzer auszugleichen.

Die starke Basis der Volkspartei seien aber weiterhin die Gemeinden, in denen die ÖVP mit Abstand die meisten Bürgermeisterinnen und Bürgermeister stellt, so Gebhart. Auf Landesebene würden die Verhandlungen nun deutlich schwieriger werden für die ÖVP als vor fünf Jahren.

Journalistenrunde: Analysen und erste Einschätzungen

Bei ORF-NÖ-Chefredakteur Benedikt Fuchs diskutieren Martin Gebhart (Kurier), Ida Metzger (Kronen Zeitung), Daniel Lohninger (NÖN) über die ersten Hochrechnungen und welche Auswirkungen es auf die Bundespolitik geben könnte.

Eine schwarz-blaue Zusammenarbeit hält Gebhart für unwahrscheinlich, zu groß seien die Differenzen. Die Freiheitlichen nähmen Mikl-Leitner nach wie vor ihre Reaktion auf die Liederbuchaffäre vor fünf Jahren übel, und auch Landesparteichef Herbert Kickl hege immer noch den Verdacht, Mikl-Leitner sei schuld, dass er das Amt des Innenministers verloren habe. Gebhart rechnet mit einem schwarz-roten Arbeitsübereinkommen.

1,3 Millionen Menschen waren stimmberechtigt

Knapp 1,3 Millionen Menschen waren am Sonntag stimmberechtigt. Acht Listen traten zur Landtagswahl an, fünf davon landesweit. Zu vergeben sind 56 Mandate im Landesparlament. Die ÖVP (49,6 Prozent) hatte vor fünf Jahren mit 29 Sitzen die absolute Mehrheit erzielt, die SPÖ (23,9 Prozent) erreichte 13, die FPÖ mit 14,8 Prozent acht Mandate. Grüne (6,4 Prozent) und NEOS (5,2 Prozent) stellen derzeit jeweils drei Abgeordnete und haben somit keinen Klubstatus. Das bedeutet, dass sie keine eigenen Anträge und Aktuelle Stunden im Landtag stellen bzw. beantragen dürfen.