Ostern ohne Schinken ist für Radio NÖ-Köchin Andrea Karrer nur schwer vorstellbar. In ihrer Kindheit gab es nach der Auferstehung Christi den Osterschinken im Brotteig. Die karge Fastenzeit war zu Ende! Am Karsamstag musste das Geselchte fertig sein, denn der Brauch war, – und er gilt heute noch – dass man (bei uns war es die Großmutter) am Ostersonntag in einem Korb Fleisch, Brot, Landbutter und Ostereier zum Kirchgang mitnahm, wo diese geweiht wurden.
Zuhause sammelte sich dann die ganze Familie um die geweihten Speisen, und da war im wahrsten Sinn des Wortes „gesegneter Appetit“ gesichert. Dieses rituelle Brauchtumsessen wird noch in vielen Familien gepflegt, denn es soll Glück und Gesundheit für das ganze Jahr bringen. Schweinefleisch war zudem auch Symbol für Fruchtbarkeit.
Weihfleisch am Baum
Einen bemerkenswerten Brauch gab es früher im Wechselgebiet: Am Ostersonntag hängte man noch vor dem Sonnenaufgang das in der Kirche zu weihende Fleisch auf einen hohen Baum im Hausgarten, da man der Meinung war, der "römische Papst weihe mit seinem Segen das Fleisch für die ganze Welt“. Das erste Fleisch, das man am Ostersonntag genießt, sollte geweihtes Fleisch sein. „Woachfleisch“ (Weihfleisch) wird der Osterschinken auch genannt.
Sendungshinweis
„Radio NÖ am Vormittag“, 1.4.2023
Der Osterschinken ist immer ein G’selchtes. Selchen war früher neben dem Pökeln eine der wenigen Möglichkeiten Fleisch über einen längeren Zeitraum haltbar zu machen. Ausschließlich Fleischprodukte vom hinteren Schlögel dürfen als Schinken bezeichnet werde. Rollschinken wird etwa aus den knochenlosen Teilen des Schweinsschlögels geformt. Außerdem gibt es das Teilsame, welches aus der Schulter geschnitten und dann geräuchert wird.
Traditionelles Weihefleisch
Zutaten für 1 Festgesellschaft:
Geselchte Stücke (Teilsames, Schweinskeule oder Schopfbraten) bzw. gekochte oder geräucherte Stücke (z.B. von der Keule) – pro Person rechnet man 150-200 g (je nach Angebot an anderen Speisen wie Käse, Eiern, Sauergemüse, Frühlingsgemüse, Brote etc.)
Das Geselchte entweder genussfertig kaufen oder selbst garen (in einem Sud aus Wurzelwerk, Pfefferkörnern, ev. Wacholderbeeren und Lorbeerblättern – salzen ist meist nicht notwendig, da das Fleisch oft bereits recht salzig ist!), warm oder kalt servieren.
Weihefleisch warm serviert mit Semmelkren und Eiervinaigrette Semmelkren
Zutaten für 4-6 Portionen:
- 4 Semmeln, altbacken
- etwa 3/8 l Rindsbouillon
- Salz
- Pfeffer aus der Mühle
- Prise Muskat
- Spritzer Zitronensaft
- 3 EL Kaffeeobers
- 1 Dotter
- 4 EL Kren, frisch gerieben oder -Oberskren aus dem Glas
Zubereitung:
Semmeln eventuell entrinden, in sehr dünne Scheiben schneiden, mit heißer Bouillon übergießen, aufkochen und kurz kochen lassen. Mit einer Schneerute breiartig verrühren, mit Salz, Pfeffer, Muskat sowie Spritzer Zitronensaft abschmecken. Kaffeeobers mit Dotter glatt rühren, einrühren. Wichtig: Semmelkren darf nicht mehr kochen! Kren unterrühren und Semmelkren servieren.
Glasierter Schinken
Zutaten für 6 Portionen:
- 1,20 kg Geselchtes mit Schwarte (z.B. Teilsames), kochfertig
- 2 l milde Bouillon oder Wasser
- 8 Gewürznelken
- 2 EL Blütenhonig
- 2 EL Estragonsenf
- ½ TL Staubzucker zum Bestreuen
Rotweinsauce:
- 2 Schalotten
- 50 g Butter
- ¼ l Rotwein (trocken)
- ½ KL Mehl (glatt)
- Salz
- Pfeffer aus der Mühle
Zubereitung:
Geselchtes in Wasser bei geringer Hitze etwa 30 Minuten kochen; herausnehmen und etwa 10 Minuten überkühlen lassen. Hinweis: Kochsud für die weitere Verarbeitung beiseite geben.
Die Schwarte vom Geselchten mit einem scharfen Messer rautenförmig einschneiden. Gewürznelken – gleichmäßig verteilt – in die Einschnitte der Schwarte stecken. Honig mit Senf verrühren und das Fleisch damit bestreichen.
Das Geselchte mit der Schwarte nach oben in eine Bratwanne legen, etwa 1/8 l Kochsud untergießen und im vorgeheizten Rohr auf mittlerer Schiene bei 200 °C etwa 20 Minuten braten; Schwarte mit Zucker bestreuen und das Geselchte mit der Schwarte nach oben weitere 10 Minuten bei 200 °C braten.