Kirchenoper in Retz 2022
Claudia Prieler
Claudia Prieler
Kultur

Festival Retz ist mehr als ein „Elias“

Im Zentrum des Festivals Retz (Bezirk Hollabrunn) steht die Wiederaufnahme des Oratoriums „Elias“ von Felix Mendelssohn-Bartholdy. Zudem geht das Festival mit weiteren interessanten Co-Produktionen auch über die niederösterreichische Grenze.

Die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen, die in Hass, Demagogie und letzlich in gewalttätige Auseinandersetzungen mündet: Diese Sichtweise auf die biblische Figur des Propheten Elias wird heuer bei der Wiederaufnahme des Oratoriums weiter in der Regiearbeit weiter fokussiert. Die Besetzung, dieses im Vorjahr so wunderbar umgesetzten „Bühnenwerkes“ in der Pfarrkirche von Retz bleibt weitgehend unverändert.

„Jedem Meisterwerk der Kunstgeschichte sind unterschiedliche Deutungsräume zu eigen. Es stellt daher einen besonderen Reiz dar, ein solches Opus immer wieder aufs Neue aus veränderter Perspektive zu beleuchten“, heißt es dazu vom Organisationsteam des Festivals Retz. So habe man sich dazu entschlossen, „die von Kritik und Publikum gleichermaßen bejubelte szenische Aufführung des Oratoriums Elias“ in diesem Sommer wiederaufzunehmen – „auch um der überwältigenden Kartennachfrage gerecht zu werden“.

Kirchenoper in Retz
Helmut Lackinger
Szenenbild aus „Elias“ aus dem Vorjahr. Heuer wird das Opus wegen der hohen Nachfrage leicht adaptiert wiederaufgenommen

Grenzüberschreitende Festival-Zusammenarbeit

Das Ensemble „Il giardino armonico" gastierte bereits im Sommer 2018 gemeinsam mit der Sopranistin Anna Prohaska und ihrem Arien-Programm “Serpent & Fire“ beim grenzüberschreitenden Festival Retz-Znojmo. Das aktuelle Konzertprogramm über menschliche Neigungen in Bezug auf die vier Elemente vereint barocke Preziosen von Georg Friedrich Händel, Pietro Antonio Locatelli und Antonio Vivaldi mit zeitgenössischen Kompositionen von Giovanni Sollima und Isang Yun.

„Il giardino armonico“, unter der Leitung von Giovanni Antonini, gehört ohne jeden Zweifel seit mehr als zwei Jahrzehnten zu den bahnbrechenden Ensembles barocker Originalklang-Interpretation. Zwei Echo-Klassik-Auszeichnungen und ein Grammy-Award untermauern diese international herausragende Stellung eindrucksvoll. Das Ensemble musizierte mit renommierten Solistinnen und Solistinnen und Solisten wie Cecilia Bartoli, Lorenzo Ghielmi, Katia und Marielle Labèque, Magdalena Kožená, Viktoria Yurievna Mullova, Christophe Coin und Herbert Walser.

Breites Literatur- und Musikprogramm in Retz

Ernst Gelegs und Ferdinand Trauttmansdorff unterhalten sich an einem Gesprächsabend über „Geschichten aus Prag“. Die beiden sind ausgewiesene Kenner der Tschechische Republik. Bei ihrem wechselseitigen Gedankenaustausch stehen nicht nur politische Themen auf dem Programm. Auch private Erlebnisse, Alltagsgeschichten und Humorvolles kommen zur Sprache (8.Juli 2023, im Kulturhaus Schüttkasten Retz).

Die beiden Schriftsteller Robert Menasse und Ilija Trojanow werden sich bei einem weiteren Gesprächsabend über „die Utopie Europas“ unterhalten (23. Juli 2023, Kulturhaus Schüttkasten Retz). Der Schriftsteller und Radiomoderator Philipp Blom hält am Tag davor ebenfalls im Schüttkasten einen philosophischen Vortrag, basierend auf seinem Buch „Die Unterwerfung“.

Im Schloss Schrattenthal tritt beispielsweise am 13. Juli das „radio.string.quartet“ auf. Es hat sich mit seinen musikalischen Grenzgängen in kürzester Zeit einen klingenden Namen im Genre der experimentellen Klassik erworben. In seiner zweiten Einspielung zum Zyklus über die vier Elemente widmet sich das Ensemble dem Element Wasser und adaptiert mit seinen Variationen über die Violinsonate Nr. 1 in G-moll von Johann Sebastian Bach ein barockes Meisterwerk für seine originär zeitgenössische Klangsprache. Würde Musik so klingen, hätte Bach sie im 21. Jahrhundert für ein Streichquartett komponiert? Es wäre zumindest eine Möglichkeit.