Zwei Hände halten Erdäpfel
ORF/Nina Pöchhacker
ORF/Nina Pöchhacker
„Köstlich kulinarisch“

Erdäpfel: Einfach aber gut

Erdäpfel sind aus der österreichischen Küche nicht wegzudenken. Doch nicht immer waren die erst 1540 erstmals nach Europa importierten Knollen so beliebt. Radio-NÖ-Köchin Andrea Karrer verrät mehr über ihre Geschichte und präsentiert zwei ihrer liebsten „Restl“-Rezepte.


„Erdapfel.
Du guter.
Du dampfende Verlockung.
Du sinnliche Verführung.
Du Ziel der Wünsche aller Genießer“.

Als ich das gelesen habe, dachte ich mir, eine schönere Liebeserklärung an den Erdapfel kann man nicht machen. Seit meiner Kindheit sind Erdäpfel der Inbegriff sanften, sättigenden Wohlbehagens. So ein kleiner, frisch gedämpfter Erdapfel – es genügt eigentlich nur ein bisschen Butter, um aus ihm einen unübertrefflich einfachen Genuss zu zaubern.

Keine Delikatesse der Welt ist von so starken Gefühlen begleitet wie der Erdapfel. Ein molliges, muskatduftendes Erdäpfelpüree transportiert für mich bis heute Erinnerungen der Geborgenheit, der angenehmen Sattheit – oder eine Erdäpfelsuppe, die mild Magen und Seele tapeziert und sehr, sehr friedlich stimmt…

Vom Arme-Leute-Essen zum Volksnahrungsmittel

Erdäpfel – ich mag diese Bezeichnung viel lieber als Kartoffel. Kartoffel entstand aus „tartuffel“, also Trüffel. Und damit haben Erdäpfel, außer dem Wurzelgrund, wirklich nichts zu tun. Erdapfel, pommes de terre – das ist viel ehrlicher und selbstbewusster.

Die Pflanze, die die indigene Bevölkerung Nordamerikas „papa“ nannten, kam 1540 mit vielen anderen Beutegütern nach Spanien und wurde viel weniger beachtet als etwa Kakao.

Man zog sie wegen der hübschen Blüten in Ziergärten, als exotisches Gewächs kamen Erdäpfel dann auf Umwegen in die kaiserlichen Gärten in Wien. Ihr Direktor Charles de Lécluse schrieb sogar eine Studie darüber. Doch mit der Knolle wollte sich niemand anfreunden, in Zeiten des Hungers waren Erdäpfel oft die einzige, nicht wirklich geliebte Nahrung. Man hatte weder die Zutaten noch die Lust, aus den Erdäpfeln etwas zu machen, das auch den Gaumen befriedigte.

Erdäpfel
Pixabay / Christos Giakkas
Erdäpfel waren nicht immer so beliebt wie heute

Friedrich II. von Preussen befahl den Bauern den Erdäpfelanbau, um Hungersnöte zu verhindern, und drohte Widerspenstigen sogar, Ohren und Nase abzuschneiden. Doch das verstärkte die Ablehnung des Arme-Leute-Essens nur. Man feindete die Erdäpfel als Seuchenerreger an und hielt sie auch für ein gefährliches Aphrodisiakum. In manchen Gegenden ging der Erdäpfelhass gegen die Teufelswurzel so weit, dass man die nahrhaften Feldfrüchte sogar auf dem Scheiterhaufen verbrannte.

Waldviertel als Ursprung des heimischen Erdäpfelanbaus

Und es dauerte geraume Zeit, bis sie Verbreitung fanden. Erst Maria Theresia und ihr Sohn Joseph II. förderten den Erdäpfelanbau in größerem Stil. Sie befahlen den Erdäpfelanbau in Phyrabruck (Bezirk Gmünd) im Waldviertel, wo der Erdapfel das am Feld vorherrschende Kraut verdrängte und schließlich zum Volksnahrungsmittel aufstieg.

Kaum ein anderes Lebensmittel ist so variabel wie Erdäpfel: Ob salzig oder süß zubereitet, als Knödel, Salat, Suppe, Puffer, Omelette, Püree, Kuchen, geröstet oder gebraten, mit Petersilie oder mit Mandeln bestreut, als Zu- oder Hauptspeise: Unglaublich, wie leicht sie immer neue Aromen annehmen und doch ihren charakteristischen Geschmack bewahren.

Speckig, mehlig, süß: Was steckt dahinter?

Fest kochende Sorten werden in der österreichischen Küche auch als „speckig“ bezeichnet. Sie behalten beim Kochen ihre feste Struktur, bleiben angenehm feucht, feinkörnig, lassen sich gut in Scheiben schneiden und sind daher besonders für die Zubereitung von Salaten, Braterdäpfeln und Aufläufen geeignet. Dazu zählen Sorten wie Dita, Sigma, Evita, Sieglinde oder Kipfler – eine besonders alte Sorte, mit der sich wunderbare, köstliche Salate zubereiten lassen.

Vorwiegend fest kochende Sorten haben eine mittelfest bis leicht mehlige Konsistenz. Zu verwenden sind sie wie fest kochende Sorten, z.B. Bintje. Mehlig kochende Sorten werden umgangssprachlich als „mehlige“ Erdäpfel bezeichnet. Die meist größeren Knollen besitzen eine runde bzw. ovale Form. Sie können beim Kochen ein wenig aufspringen bzw. zerfallen leichter als speckige, bleiben angenehm feucht bis trocken und werden wegen ihren hohen Stärkegehaltes für die Zubereitung von Suppen, Teigen, Puffer, Pürees und Pommes frites verwendet. Bekannte Sorten sind etwa Hermes, Laura (charakteristisch dafür: die intensiv rot gefärbte Schale) und Agria.

Wie es zu sogenannten süßen Erdäpfeln kommt? Das kann passieren, wenn Erdäpfel zu kalt gelagert werden, denn dann verwandelt sich die in ihnen enthaltene Stärke in Zucker, den man dann unangenehm herausschmeckt. Also nie unter 3 Grad Celsius lagern! Aber auch bei zu warmer Lagerung beginnen die Erdäpfel zu keimen – am besten raus aus dem Plastiksackerl, denn da beginnen sie zu schwitzen und faulen.

Regionale Heurige von Familie Tobler. Die Erdäpfel Ernte in der Landwirtschaft hat begonnen
Magdalena Kaiser/LK Burgenland

Gelegte Erdäpfel

Zutaten für 4-6 Portionen:

  • 1 kg fest kochende Erdäpfel
  • Salz
  • 10 Eier
  • 300 g wahlweise Selchfleisch, Debreziner, Bratenreste
  • 500 ml Sauerrahm
  • Pfeffer aus der Mühle
  • Kümmel (gemahlen)
  • Semmelbrösel

Zubereitung: Erdäpfel in Salzwasser kochen, etwas überkühlen, schälen und in Scheiben schneiden. Eier hart kochen, kalt abschrecken, schälen und in Scheiben schneiden. Geselchtes oder Würstel in Scheiben schneiden. Ein Drittel der Erdäpfel in eine bebutterte Auflaufform legen, die halbe Menge Eier und Geselchtes darauf verteilen. Rahm mit restlichen Eiern, Salz sowie Pfeffer und Kümmel verquirlen und ein Drittel darüber gießen.

Diesen Vorgang wiederholen und mit Erdäpfeln sowie Sauerrahm abschließen. Mit Semmelbröseln bestreuen und im vorgeheizten Rohr bei 180 °C etwa 45 Minuten backen. Hinweis: Die gelegten Erdäpfel sollen leicht gebräunt, aber nicht zu feucht sein. Dazu schmeckt ein grüner Salat. Tipp: Die einzelnen Schichten mit Paprikapulver pikant würzen.

Eingebrannte Erdäpfel (im Wienerischen: „Einbrennte Hund“

Zutaten für 4 Portionen (als Beilage)

  • 1 kg speckige Erdäpfel
  • Salz
  • 4-5 süßsaure Essiggurkerln
  • 40 g Butter
  • 30 g Mehl (glatt)
  • ½ l Milch
  • ½ l Rindsuppe
  • 1 Lorbeerblatt
  • Pfeffer aus der Mühle
  • 2 EL Sauerrahm

Zubereitung: Erdäpfel in Salzwasser kochen, abseihen, etwas überkühlen, schälen und in Scheiben schneiden. Essiggurkerln in Scheiben schneiden. Butter erhitzen, Mehl einrühren und bei geringer Hitze ohne Farbe annehmen zu lassen rösten, mit kalter Milch und der halben Menge Suppe aufgießen, gut verrühren. Lorbeerblatt beifügen und etwa 20 Minuten bei geringer Hitze unter Rühren einkochen lassen.

Restliche Suppe nach und nach nachgießen. Erdäpfel- und Gurkerlscheiben beifügen, mit Salz, Pfeffer und etwas Gurkerlwasser abschmecken, Sauerrahm unterrühren. Die Erdäpfel sollten mindestens 20 Minuten durchziehen. Vor dem Servieren nochmals abschmecken.

Restltipp: Besonders gut schmecken einbrennte Erdäpfel aus übriggebliebenem Erdäpfelsalat. Diesen unbedingt gut waschen, abtropfen lassen und statt der gekochten Erdäpfel in die Einbrenn geben.