Chronik

Sprudelnde Quellen speisen verborgene Keller

Vor etwa 100 Jahren haben viele Hausbesitzer in Königsbrunn am Wagram (Bezirk Tulln) begonnen, sich ein natürliches Phänomen zu Nutze zu machen: Sie fassten die Quellen, die aus dem Löss des Wagrams sprudeln, in gemauerten Kellern.

Bei der Erkundung der Wasserkeller in Königsbrunn geht es zunächst in den Bromberg hinein, der in früheren Zeiten den zutreffenderen Namen „Brunnberg“ trug, und nur einer von vielen in der Gemeinde ist. Hier, rechts von der Kirche, die in den Hang des Wagrams gebaut ist, befindet sich der erste Wasserkeller, den noe.ORF.at besuchen will.

Die Kirche gibt es erst seit dem späten 18. Jahrhundert, davor stand hier nur eine Kapelle, davor soll an diesem Hang ein Schloss gestanden haben. Doch das ist wohl Teil der Legende. „Einst soll hier ein König durchgereist sein, er habe sich am Wasser, das hier aus dem Löss des Wagrams sprudelt, erfrischt. Das Wasser habe ihm so gut geschmeckt, dass er diesen Ort Königsbrunn genannt haben soll“, erzählt Kellergassenführerin Johanna Ettl.

Wie ein Weinkeller, aber mit Wasser gefüllt

Architektonisch sind die Wasserkeller in den Löss gegrabene halbe Tonnen, die mit roten Ziegeln ausgekleidet sind. Im Inneren befindet sich ein gemauertes Becken, in dem das Quellwasser gesammelt wird. Man kann sich die Werke wie Weinkeller vorstellen, ohne Weinfässer, dafür mit Trinkwasserbehälter.

Wasserkeller Königsbrunn
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Seit etwa 100 Jahren wird das Wasser in Königsbrunn in speziellen Kellern gespeichert

Die beiden Wasserkeller am Bromberg dienen heute nur noch zur Bewässerung der Gärten. Einer davon gehört der Pfarre, der andere ist privat. „Dieser private Wasserkeller gefällt mir ganz besonders“, sagt Johanna Ettl nach dem Aufsperren, „weil er so naturbelassen ist. Das Wasser konnte hier über die Jahrzehnte faszinierende Ablagerungen bilden. Hier wirkt es wie in einer kleinen Tropfsteinhöhle.“

Unten die Erdäpfel, oben der Wein

Der längste Wasserkeller Königsbrunn befindet sich auf der anderen Seite der Kirche, auf dem Hausberg und gehört der Gemeinde. Schon vor dem Tor hört man das kontinuierliche Plätschern des Wassers. Das Becken zieht sich 15 Meter in den Berg hinein, trotz einer über dem Beckenrand befindlichen Lampe, sieht man das hintere Ende des gemauerten Behälters nicht. Diesem Keller gegenüber befinden sich das Wäschebrünnl und das Rossbrünnl. Die Namen stehen für deren Verwendung.

Sendungshinweis

„NÖ heute“, 1.1.2024

Königsbrunn, an die Kante des Wagrams gebaut, ist zweigeteilt, auch in der landwirtschaftlichen Nutzung: In der Ebene des Tullnerfeldes wird Gemüse angebaut, geht man den Hausberg hinauf, landet man in den Weingärten des Ortes.

Dass hier so viele Quellen aus dem Löss des Wagrams treten, sei eine Besonderheit, die sie nur von hier kenne, erklärte Christina Donat, die Obfrau des Verschönerungsvereins „Grünzeug“. Der Wagram bestehe aus unterschiedlich dichten Erd- und Gesteinsschichten, deren Zusammensetzung dafür verantwortlich sei, dass gerade in Königsbrunn das Wasser aus dem Berg tritt.

Wasserkeller Königsbrunn
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Langsam tropft das Wasser von der Decke und wird anschließend gespeichert

Trinkwasser ohne Nutzen

Früher wurde das Wasser aus den Kellern nicht nur zum Trinken verwendet, sondern auch um die Weinfässer zu waschen. Seit die Winzer auf Flaschenweinverkauf umgestiegen sind und die Flaschen gereinigt werden müssen, reicht dieses Wasser dafür nicht mehr aus.

Obwohl das Wasser aus den Kellern trinkbar wäre, haben die gestiegenen hygienischen Vorschriften bewirkt, dass heute nur noch aufbereitetes Grundwasser aus dem Tullnerfeld als Trinkwasser verwendet wird. Für die Gemeinde wäre es außerdem zu aufwändig, das Kellerwasser regelmäßig auf seine Reinheit zu prüfen.