Missy May
ORF/Gerfried Nagel
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„AUFGESPÜRT“

Als Wien beinahe mit Triest verbunden wurde

Der Wiener Neustädter Kanal ist heute ein Naherholungsgebiet und ein Tummelplatz für Sportlerinnen und Spaziergänger. Einst war er Ausdruck höchster wirtschaftlicher Ambition. Fertiggestellt wurde er zu Beginn des 19. Jahrhunderts – sogar ein Kanal von Wien bis Triest war geplant.

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts war Wien in einer Energiekrise, der Bedarf an Holz war enorm und der Wienerwald nahezu gerodet. So entstand die kühne Idee, Kohle aus dem südlichen Niederösterreich und aus Ödenburg (Anm.: Sopron, Ungarn) nach Wien auf einem Wasserweg zu transportieren. Als Vorbild diente der in England liegende 23 Kilometer lange „Bridgewater-Kanal“, der eine bedeutende Kohlengrube mit Manchester verband. Der Transport auf einem Kanal ermöglichte es mehr Material in kürzerer Zeit zu transportieren und damit die Kohle auch leistbar zu machen.

Der „Alpin Marathon“
ORF/Gerfried Nagel
Der „Alpin Marathon“ organisiert von Schulen aus Wiener Neustadt

Im Museum St. Peter an der Sperr in Wr. Neustadt widmet sich ein Teil der Dauerausstellung „Neu Stadt erzählen“ auch diesem monumentalen industriellen Projekt. Im Jahre 1803 wurde der Kanal schließlich auf einer Länge von 63 Kilometern in Betrieb genommen. „Die Kanalschiffe, die hier gefahren sind, waren 20 Meter lang, zwei Meter breit, konnten 22 Tonnen Ladung transportieren und waren mit drei Mann besetzt. Zwei Mann waren am Boot und der dritte hat das Pferd geführt, das das Boot gezogen hat“, erklärt Julia Schlager, die Leiterin der Kunst und Kulturvermittlung Wiener Neustadt. Am sogenannten „Treppelweg“, von Wiener Neustadt Richtung Wien blickend auf der rechten Uferseite des Kanals, sind die Pferde gegangen.

Von technischer Meisterleistung zum Freizeitweg

Sendungshinweis

„NÖ heute“, 29.2.2024

Auf der gesamten Strecke von Wiener Neustadt nach Wien gab es einen Höhenunterschied von circa 100 Metern. Der wurde mit Hilfe von 50 Schleusen überwunden. Mit 16 Aquädukten und zahlreichen Brücken wurden Bäche und Straßen über- und unterquert. Auf dem Kanal verkehrten bis zu 70 jeweils von einem Pferd gezogene Lastkähne. Die Boote waren symmetrisch gebaut und konnten, ohne wenden zu müssen, in beide Richtungen gezogen werden. Mit dem Ausbau der Eisenbahn wurde der Kanal als Transportweg abgelöst. Heute kann man sich in Wiener Neustadt ein Boot ausleihen, um ein Stück dieses historischen Wasserweges entlang zu paddeln.

Naherholungsgebiet: Wiener Neustädter Kanal

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In den Neunziger Jahren organisierten Wiener Neustädter Schulen, allen voran die HTL und das Gymnasium Zehnergasse den sogenannten „Alpin Marathon“. Dabei wurde die Distanz von 42,195 Kilometern per Rad, laufend, mit Roller Ski, kletternd und eben paddelnd am Kanal überwunden. Teilgenommen haben dabei nicht nur Schülerinnen und Schüler aus Niederösterreich, sondern auch Nachwuchsathleten aus ganz Österreich. Auch ein Stück des Radwegs „EuroVelo 9“ führt heute entlang des Kanals. Was per Wasserweg nicht geschafft wurde, das kann man nun also per Rad erleben: den Weg von Wien bis an die Adria.