Wein aus der Sandgrube 13 gilt heute als weltweiter Exportschlager. Doch der Wein hat eine dunkle Vergangenheit. Die nun vorliegenden Ergebnisse seien ein „Schlussstrich unter das Verdrängen“, versprach Franz Bauer, Obmann der Winzer Krems, bei einer Pressekonferenz in der Sandgrube 13. Die Winzergenossenschaft Krems sei am 3. Juli 1938, also „genau vor 81 Jahren“ gegründet worden. „Über das große Unrecht, das damals geschah, wurde viel zu lange geschwiegen.“
Denn die Gründung der Winzergenossenschaft, am 3. Juli 1938, beruht auf dem Eigentum des jüdischen Weinhändlers Paul Robitschek – eine Kellerei mit drei Gebäuden, Inventar und etwa 2,2 Hektar Grund. Robitschek wurde 1938 durch die Nationalsozialisten enteignet und musste nach Südamerika flüchten. Das belegt auch der Zwischenbericht.
Gericht verhinderte rechtmäßigen Kauf
Robitschek übertrug seinen Besitz vor der Flucht noch an seinen stillen Teilhaber, August Rieger. Der Kaufvertrag wurde aber vom Gericht – rechtswidrig – nicht eingetragen, erzählt Historikerin Brigitte Bailer-Galanda, die die Aufarbeitung leitete: „Und in der Folge haben dann die Winzer Krems mit Hilfe vor allem der landwirtschaftlichen Organisationen des NS-Staates alles daran gesetzt, die Genehmigung dieses Kaufvertrages zu verhindern, um selbst eben die Kellerei erwerben zu können."
Während Paul Robitschek die Flucht vor der nationalsozialistischen Verfolgung gelang, wurde sein Mutter im März 1943 im Ghetto Theresienstadt „im eigentlichen Sinn“ ermordet, erklärte Bailer-Galanda. Nach offizieller Lesart verstarb die Frau infolge der Haftbedingungen. Paul Robitschek führte der persönliche Fluchtweg über Italien und Frankreich nach Caracas in Venezuela, wo er 1955 starb.
Erben erhalten Entschädigung
Nach der NS-Zeit bekamen die Erben zwar 600.000 Schilling, „inwiefern dieser Betrag tatsächlich angemessen war, kann aus heutiger Sicht nicht mehr beurteilt werden", fasst Bailer-Galanda den etwa 150 Seiten starken Bericht zusammen. Dieser soll im Herbst fertiggestellt werden und wird nach Angaben der Winzer Krems anschließend unter anderem auf der Unternehmenshomepage veröffentlicht.
Die Aufarbeitung erfolgte mit den beiden Autoren, Bernhard Herrmann und Robert Streibel, die mit ihrem Buch „Wein des Vergessens“ im Vorjahr den Anstoß dazu gaben. Doch als sie die Winzer mit ihrer Geschichte konfrontierten, zeigten sich diese anfangs „nicht diskussionsbereit“, wie Franz Ehrenleitner, Geschäftsführer der Winzer Krems, zugab: „Zu ferne schien uns das Geschehene. Es hat einige Zeit gebraucht, um zu verstehen: Wer seine Geschichte nicht kennt oder leugnet, hat auch keine Grundlage die Zukunft in Anstand zu meisten.“
„Kampf gegen Antisemitismus“
Als sichtbares Zeichen der Erinnerung und als Mahnmal wurde nun eine Gedenktafel für Robitschek und seine Mutter enthüllt. Für seine Nichte Juana-Charlotta Robitschek, die bis vor einem Jahr nichts von der Geschichte wusste, war es ein besonderer Moment: „Ich bin dankbar, dass sie ihre Untaten erkannt haben, die sie vor vielen Jahren gemacht haben, und ich denke, die zukünftige Generation soll darüber Bescheid wissen, weil das der einzige Weg ist, um gegen Antisemitismus und für Toleranz zu kämpfen. “ Die Geschichte soll künftig auch bei Führungen Thema sein. Damit wird aus dem „Wein des Vergessens“ doch noch der „Wein der Erinnerung“.