Borkenkäfer ist in einem Gang zu sehen, den das Insekt in den Stamm einer Fichte gefressen hat
APA/ZB/Klaus-Dietmar Gabbert
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Wissenschaft

Forstexperte: „Fichte wird verschwinden“

Das Bild des Waldes wird sich in den kommenden Jahrzehnten verändern: Fichten wird es unter 800 Meter Seehöhe nicht mehr in den Wäldern geben. Schuld daran seien der Klimawandel und der Schädlingsbefall, sagte der Forstdirektor der Landwirtschaftskammer Niederösterreich.

Hat man im Mai dieses Jahres in der Landwirtschaftskammer noch gehofft, dass das feuchte und kalte Frühjahr die Borkenkäferschäden in Grenzen halten wird, zeigt sich nun, dass sich der Borkenkäferbefall sogar weiter verbreitet hat. Wie sich die Situation aktuell darstellt und wie der Wald in Zukunft aussehen wird, darüber hat „NÖ heute“-Moderatorin Nadja Mader mit Werner Löffler, dem Forstdirektor der Landeslandwirtschaftskammer Niederösterreich, gesprochen.

noe.ORF.at: Warum hat sich Ihrer Meinung nach die Situation rund um den Borkenkäferbefall so verschlimmert?

Werner Löffler: Wir müssen feststellen, dass die Temperaturen weiter ansteigen, dass vor allem die Bodentemperaturen ansteigen. Es genügen nämlich bereits ein paar Zehntel Grad an Anstieg, damit das Wasser nicht mehr richtig verarbeitet werden kann. Es kommt zu einer stärkeren Verdunstung. Das führt wiederum zum Absterben der Feinwurzeln. Das schwächt die Bäume und das verstärkt die Probleme mit dem Borkenkäfer. Es zeichnet sich eine sehr schwierige Situation im Wald ab.

noe.ORF.at: Gibt es noch andere Gebiete außer dem Waldviertel, die unter dem Borkenkäferbefall zu leiden haben?

Löffler: Ja, es ist leider so, dass wir feststellen mussten, dass nach dem Windwurf 2018 und dem Schneebruch 2019 auch in den Bezirken Lilienfeld, Scheibbs und Amstetten Waldflächen betroffen sind. Manche Waldgebiete konnten erst im Mai kontrolliert werden. Der Schnee lag lange Zeit meterhoch auf den Forststraßen. Danach sah man erst, wie dramatisch hier die Lage ist.

noe.ORF.at: Wie kann man effektiv die Borkenkäferplage eindämmen?

Löffler: Effektiv etwas zu unternehmen ist schwierig, aber es geht. Man muss als Waldbesitzer jetzt wirklich wöchentlich in den Wald gehen und die Bäume auf Bohrmilchbefall kontrollieren. Sollte sie auf einem Stamm gefunden werden, muss der Baum sofort gefällt werden und mindestens 500 Meter von den anderen Fichten entfernt gelagert werden. Das ist die wirklich einzige wirkungsvolle Vorgangsweise.

noe.ORF.at: Jetzt sind vor allem Fichten befallen. Sehen Sie langfristig eine Zukunft für die Fichtenbestände?

Löffler: Ich glaube, dass wir uns in Niederösterreich, aber auch in Österreich und ganz Europa auf einen Baumartenwechsel einstellen müssen. Die Fichte wird in den tiefen Lagen verschwinden. Da sind wir gerade mit dabei, dass wir diesen Prozess miterleben. Die Experten der Universität für Bodenkultur in Wien sagen uns, dass die Fichte in Lagen unter 800 Meter Seehöhe stark unter Stress geraten wird. Es wird sie geben, aber nicht mehr in diesem Ausmaß. Dieser Wandel vollzieht sich, leider Gottes, sehr rasch. In den nächsten 60 bis 80 Jahren werden sich die Waldbilder in Niederösterreich gravierend ändern.

Das Gespräch mit Werner Löffler führte Nadja Mader, noe.ORF.at.