Zug fährt auf Unterinntaltrasse
ÖBB/Pellizzari
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Verkehr

Studie: 365-Euro-Ticket habe „keinen Effekt“

Eine Studie des Beratungsunternehmens civity Management hat ergeben, dass ein Jahresticket für öffentliche Verkehrsmittel um 365 Euro nur einen geringen bzw. gar keinen Effekt habe. In Zeiten des Klimawandels ist ein derartiges Ticket eine populäre Forderung.

In Niederösterreich wird die Forderung nach einem Öffi-Ticket um 365 Euro mittlerweile nicht mehr nur von den Grünen erhoben. Auch die SPÖ will ein entsprechendes Angebot für Pendlerinnen und Pendler. Aus der Studie der deutschen Beratungsagentur civity Management geht jedoch hervor, dass sich ein derartiges Ticket kaum auf die Fahrgastzahlen auswirke.

„Der Studie liegen die offiziellen und öffentlich einsehbaren Fahrgastzahlen der Wiener Linien zugrunde“, erklärt Studienautor Friedemann Brockmeyer gegenüber noe.ORF.at. In Wien wurde die Jahreskarte für öffentliche Verkehrsmittel um 365 Euro vor sieben Jahren eingeführt. Die Zahl der Jahreskartenbesitzer stieg seither um mehr als 120 Prozent, während sich die Zahl der Fahrgäste nur geringfügig veränderte.

Plus entspricht dem Bevölkerungswachstum

Konkret stieg die Zahl der Fahrgäste seit 2012 um zehn Prozent, „das entspricht aber nur dem durchschnittlichen Bevölkerungswachstum. Wir können daher eigentlich sagen, dass die Jahreskarte einen sehr geringen oder gar keinen Effekt hat“, so Brockmeyer.

Deutlich mehr wurden hingegen die Zuschüsse durch die Stadt Wien und die Maßnahmen zur Gegenfinanzierung, etwa die Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung. „Es braucht diese Gegenfinanzierung, diese ist aber nicht in allen Städten und Räumen möglich. In Wien war es durch eine extensive Parkraumbewirtschaftung möglich, in weiteren österreichischen Städten ist das in diesem Ausmaß aber nicht replizierbar.“

Milliarden Euro für zusätzliche Infrastruktur

Ein 365-Euro-Ticket würde außerdem massive Investitionen notwendig machen, so der Studienautor. Betroffen seien vor allem die Westbahn und Südbahn. „Also jene Strecken, wo es heute schon viele Fahrgäste gibt. Gerade, was die Schnellbahnen von und nach Wien betrifft, ist man allerdings schon an der Kapazitätsgrenze.“

Konkret hätte ein Öffi-Ticket in Niederösterreich zur Folge, dass jedes Jahr 285 Millionen Euro weniger eingenommen würden, wie es aus dem Büro von Verkehrslandesrat Ludwig Schleritzko (ÖVP) heißt. Der Ausbau der Infrastruktur würde in den nächsten fünf Jahren etwa 2,5 Milliarden Euro kosten.

SPÖ und Grüne üben Kritik an ÖVP

Kritik an der Studie kommt sowohl von der SPÖ als auch von den Grünen. Die Grüne Landessprecherin Helga Krismer bezeichnet die Studie als „unseriös“, weil versucht werde, einen Vergleich zwischen den Städten Wien und Berlin auf Niederösterreich umzumünzen. Die ÖVP habe in Niederösterreich den Ausbau der öffentlichen Verkehrsmitteln „verschlampt“, so Krismer: „Das 365 Euro-Öffi-Ticket, eine langjährige Grüne Forderung, ist in Wien und in anderen Bundesländern ein Erfolgsprojekt.“

Der Landesvorsitzende der SPÖ Niederösterreich und Landeshauptfrau-Stellvertreter Franz Schnabl kritisiert, dass auf der einen Seite Klimaschutz getrommelt werde, die ÖVP aber auf der anderen Seite „Notwendigkeiten für die Zukunft“ blockiere. Außerdem weist Schnabl die kolportierten 285 Millionen Euro an jährlichen Mehrkosten zurück.

Bei 43.000 Beziehern einer VOR-Jahreskarte, die pro Jahr einen durchschnittlichen Preis von 1.000 Euro bezahlen, würden inklusive einer Steigerungsrate ungefähr 52 Millionen Euro lukriert. Geht man von 55.000 Karteninhabern aus, weil ein günstigeres Angebot auch steigende Ticketkäufe zur Folge hat, bedeute das für Niederösterreich einen notwendigen Mehrbetrag von rund 35 Millionen Euro, rechnet die SPÖ vor.