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APA/Herbert Neubauer
APA/Herbert Neubauer
Wirtschaft

Neue Betreuung für Langzeitarbeitslose

Obwohl sich das Wirtschaftswachstum in Niederösterreich zuletzt etwas eingebremst hat, geht die Arbeitslosigkeit derzeit noch zurück. Das AMS zeigt sich dennoch für die Zukunft gerüstet und testet eine neue Betreuungsstrategie für Langzeitarbeitslose.

In Niederösterreich waren Ende Juli etwa 46.646 Personen bei den AMS-Geschäftsstellen arbeitslos gemeldet. Dies entspricht einem Minus von 1.296 Personen oder 2,7 Prozent gegenüber dem Vergleichsmonat des Vorjahres. Inklusive der Teilnehmer von Schulungsmaßnahmen waren es 54.825 Arbeitslose. Im Gesamtjahr rechnet Hergovich im „NÖ heute“-Interview am Mittwoch mit einem Rückgang: „Das heißt aber nicht zwangsweise, dass das in jedem Monat der Fall sein wird.“

Jugendarbeitslosigkeit geht zurück

Besonders auffällig war der Rückgang bei Jugendlichen. In dieser Gruppe sank die Zahl der Arbeitslosen um 11,5 Prozent. Laut AMS Niederösterreich liege das vor allem an der niederösterreichischen Ausbildungsgarantie, die Anfang des Jahres gestartet wurde. Mehr als 4.000 Jugendliche nützten seither dieses Angebot. Bei den Langzeitarbeitslosen entspannte sich die Lage am Arbeitsmarkt ebenfalls (-11,4 Prozent).

Im Juli rechnen Land und AMS nach den ersten Einschätzungen mit 645.000 unselbstständig Beschäftigten. Das wären um 10.000 Personen (+1,5 Prozent) mehr als im Vorjahr. Vom Rückgang der Arbeitslosigkeit profitieren aber nach wie vor nicht alle. Bei den Über-50-Jährigen stieg die Arbeitslosigkeit (2,3 Prozent) genauso wie bei Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen (7,1 Prozent). Im „NÖ heute“-Interview spricht AMS-NÖ-Chef Sven Hergovich über die Aussichten am Arbeitsmarkt.

noe.ORF.at: Für Menschen über 50 Jahren ist es immer noch schwierig einen Job zu finden, wenn man arbeitslos ist. Inwiefern kann das AMS überhaupt entgegensteuern?

Sven Hergovich: Das kann man und das soll man auch. Deshalb haben wir gemeinsam mit der Landesregierung 600 zusätzliche Beschäftigungsverhältnisse für Über-50-jährige Langzeitarbeitslose in den niederösterreichischen Gemeinden geschaffen. Auch weil es meine feste Überzeugung ist, dass man in der Arbeitsmarktpolitik regional unterschiedliche Lösungen braucht und die Gemeinden die optimalen Partner für uns sind.

noe.ORF.at: Sehr erfreulich ist der Trend bei der Jugendarbeitslosigkeit. Anfang des Jahres wurde die niederösterreichische Ausbildungsgarantie gestartet. Inwiefern haben diese Maßnahmen gegriffen?

Hergovich: Das Ziel der niederösterreichischen Ausbildungsgarantie war und ist es wirklich jedem Jugendlichen eine gute Ausbildung zu garantieren. Deshalb haben wir 7.000 zusätzliche Ausbildungsplätze gemeinsam mit dem Land geschaffen, weil wir wissen, dass ein Jugendlicher, der keine abgeschlossene Ausbildung hat, im Schnitt über sein gesamtes Erwerbsleben betrachtet zwölf Jahre arbeitslos sein wird. Und deshalb ist es so wichtig, mit guten Ausbildungen gegenzusteuern.

noe.ORF.at: Inwiefern konnte man bei den Langzeitarbeitslosen die Ziele erreichen? Die Zahlen sind grundsätzlich sehr erfreulich.

Hergovich: Mir ist es wirklich sehr wichtig, niemanden am Arbeitsmarkt zurückzulassen und gerade die, die sich am Schwersten tun – die Langzeitarbeitslosen – besonders intensiv zu betreuen. Deshalb testen wir eine neue Betreuungs- und Vermittlungsstrategie für Langzeitarbeitslose, auch eine psychologische Betreuung. Und die Maßnahmen wirken, weil wir gesehen haben, dass im Schnitt des ersten Halbjahres die Langzeitarbeitslosigkeit in Niederösterreich um mehr als 16 Prozent zurückgegangen ist. Wir sind damit das Bundesland mit dem stärksten Rückgang der Langzeitarbeitslosigkeit und vom Gesamtrückgang der Langzeitarbeitslosigkeit macht Niederösterreich mittlerweile die Hälfte des Effektes aus.

ORF NÖ-Moderator Thomas Birgfellner im Gespräch mit Sven Hergovich
ORF
AMS-Landeschef Sven Hergovich (r.) im „NÖ heute"-Interview mit Thomas Birgfellner

noe.ORF.at: Bei den Jugendlichen wurde vor kurzem bekannt, dass die Zahl der Bildungsabbrecher in Österreich höher ist als erwartet. Wie kann man sich das erklären?

Hergovich: Das ist genau der Grund, warum wir gesagt haben, wir wollen die niederösterreischische Ausbildungsgarantie nicht nur bis 18, sondern bis 25 zur Verfügung stellen, weil wir wissen, dass es viele gibt die 19, 20 oder noch älter sind, die noch keine abgeschlossene Ausbildung haben und denen wir zielgerichtet eine zur Verfügung stellen wollen.

noe.ORF.at: Der Arbeitsmarkt ist ganz stark mit der Entwicklung der Konjunktur gekoppelt. Das Wirtschaftswachstum bremst sich ein. Wie lange wird es dauern, bis man diese Situation auch am Arbeitsmarkt zu spüren bekommt?

Hergovich: Es ist tatsächlich so, dass das Wachstum heuer etwas schwächer ist als im Vorjahr. Nichtsdestotrotz haben wir noch ein starkes Wachstum und auch relativ starke Rückgänge der Arbeitslosigkeit. Ich gehe davon aus, dass wir heuer im Jahresschnitt jedenfalls noch einen Rückgang der Arbeitslosigkeit erleben werden. Das heißt aber nicht zwangsweise, dass das in jeden Monat der Fall sein wird.

noe.ORF.at: Seit einen Jahr sind Sie nun Geschäftsführer des AMS Niederösterreich und ein erklärtes Ziel von Ihnen war es, den Sozialmissbrauch einzudämmen. Sie haben etwa einen eigenen Erhebungsdienst eingeführt. Welche Maßnahmen haben dabei besonders gegriffen?

Hergovich: Mir ist einfach das Thema Gerechtigkeit sehr wichtig. Das heißt, ich möchte die vielen – und das ist die Mehrzahl der Arbeitslosen, die nichts sehnlicher will, als rasch wieder eine Arbeit zu finden – bestmöglich unterstützen. Ich bin aber auch dafür, dass man sehr genau hinschaut, wer überhaupt die Bedingungen erfüllt, um arbeitslos zu sein und das auch kontrolliert.

noe.ORF.at: Mit welchen Konsequenzen?

Hergovich: Die Konsequenz hängt vom konkreten Fall ab. Das heißt, wir prüfen jeden Fall individuell, das geht hin bis zum Sperren des Arbeitslosengeldes und im Wiederholungsfall kann es auch sein, dass jemand komplett aus dem Bezug genommen wird.

Das Gespräch mit Sven Hergovich führte Thomas Birgfellner