Ein Vortrag im Rahmen der IEPC 2019 im Audimax der Universität Wien
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Wissenschaft

Österreich als Zentrum der Raumfahrt

Die FH Wiener Neustadt hat sich bei der Entwicklung von Raumfahrt-Antriebstechniken einen Namen gemacht. Deren Forschungsgesellschaft FOTEC richtet deshalb die weltweit größte Konferenz in diesem Bereich aus – und konnte sich gegen Länder wie Frankreich oder Brasilien durchsetzen.

„The role of EP in LEO“ war am Mittwochnachmittag das Thema im Audimax der Universität Wien. Was für die meisten wohl absolut unverständlich klingt, ist für die mehr als 600 Expertinnen und Experten, die bei der aktuellen Konferenz dabei sind, ein zukunftsweisendes Thema. „EP“ steht in diesem Fall für elektrischen Raumfahrtantrieb („Electric Propulsion“), „LEO“ für die erdnahe Umlaufbahn („Low Earth Orbit“). Die „International Electric Propulsion Conference“ (IEPC) ist die weltweit größte und wichtigste Konferenz zum Thema Raumfahrtantrieb und findet alle zwei Jahre statt.

Österreich ist erst das sechste Land außerhalb der USA, das diese ausrichtet. Bei der FH Wiener Neustadt und bei FOTEC, der Forschungstochter der FH, ist man dementsprechend stolz darauf, dass man den Zuschlag erhielt. Österreich werde damit „eine einmalige Bühne geboten, seine Position auf globaler Ebene zu stärken und unsere Schwerpunkte einem internationalen Fachpublikum zu präsentieren“, sagt Alexander Reissner, General Chair der IEPC 2019. Er ist gleichzeitig Geschäftsführer von Enpulsion, einem auf Antriebssysteme für Satelliten spezialisierten Unternehmen aus Wiener Neustadt, das aus der FOTEC hervorging.

Weltweit bekannt dank Ionenantrieb

„Es mag viele überraschen, aber es gibt kaum eine wissenschaftliche Mission der ESA (Anm: Europäische Weltraumorganisation), wo nicht österreichische Technologie drauf ist“, erzählt Carsten Scharlemann im Gespräch mit noe.ORF.at. Er ist Technical Chair der Konferenz und Studiengangsleiter für den Masterstudiengang Aerospace Engineering an der FH Wiener Neustadt. Diese machte sich in den letzten Jahren vor allem mit der Entwicklung eines Ionenantriebs für Satelliten international einen Namen. „Mit dieser Entwicklung, die von Enpulsion kommerziell vertrieben wird, ist natürlich die Sichtbarkeit von Österreich in diesem Bereich deutlich gestiegen, was sicherlich auch einen Teil dazu beiträgt, warum so viele Leute diese Konferenz besuchen“, sagt Scharlemann.

Ionenantrieb

Bei Ionentriebwerken wird ein stetiger Strahl geladener Teilchen (Ionen) mit hoher Geschwindigkeit ausgestoßen, der den nötigen Schub für die Fortbewegung von Raumfahrzeugen erzeugt. Die dafür notwendige Energie wird etwa mit Hilfe von Solarpaneelen gewonnen.

Um es möglichst einfach zu erklären: Beim Ionenantrieb sorgen geladene Teilchen für die Fortbewegung von Satelliten. Im Vergleich zu einem chemischen Antrieb würde man dabei nur ein Zehntel des Treibstoffs benötigen, erklärt Scharlemann. „Eine deutliche Kostenreduzierung, wenn Sie sich überlegen, dass ein Kilogramm, das Sie in den Orbit bringen, etwa 20.000 Euro kostet und Sie bei wissenschaftlichen Missionen statt einer Tonne nur mehr 100 Kilogramm benötigen.“

Die Stände der FH Wiener Neustadt und Enpulsion im Rahmen der IEPC 2019
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Neben vielen anderen Unternehmen haben auch die FH Wiener Neustadt und Enpulsion die Möglichkeit, sich bei der IEPC einem internationalen Fachpublikum zu präsentieren

ESA setzt auf Technologie aus Niederösterreich

Mit der Ausrichtung der Konferenz konnte sich Österreich gegen „Konkurrenten aus Brasilien und Frankreich erfolgreich durchsetzen“, sagt Helmut Loibl, Geschäftsführer der FOTEC. Mit mehr als 600 Teilnehmerinnen und Teilnehmern verbuche man außerdem einen Rekord. Die FH und FOTEC würden damit einmal mehr „ihr internationales Standing in der Aerospace-Forschung“ zeigen, betont auch Armin Mahr, Geschäftsführer der FH Wiener Neustadt.

Die Rolle, die Wiener Neustad in der Branche spielt, zeigen auch Aufträge der ESA deutlich. Erst im August wurde etwa bekannt, dass FOTEC und Enpulsion mit zwei Millionen Euro von der ESA gefördert werden, um den Ionenantrieb für künftige Weltraummissionen weiterzuentwickeln – mehr dazu in ESA fördert Weltraumantrieb aus Wr. Neustadt (noe.ORF.at; 14.8.2019).

Der Ionenantrieb, der in Wiener Neustadt entwickelt und gebaut werde, sei einfach DER elektrische Antrieb für den „New Space Market“, sagt auch Käthe Dannenmayer, Electric Propulsion Engineer bei der ESA. FOTEC und Enpulsion seien darin führend und ein wichtiger Player weltweit. Vom „New Space Market“ spricht auch Scharlemann. Der Markt explodiere derzeit, man könne Produkte – in diesem Fall die Antriebstechnik – in großen Stückzahlen verkaufen. Ein „interessanter Markt“, in dem plötzlich auch deutlich mehr Geld zu verdienen ist, so Scharlemann.