Angeklagter wird von Justizwache in den Gerichtssaal geführt
APA/BARABARA BUCHEGGER
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Gericht

16-Jährige getötet: Einweisung beantragt

Ein Gutachter hat bei dem Angeklagten im Mordprozess in Wr. Neustadt eine kombinierte Persönlichkeitsentwicklungsstörung diagnostiziert. Er empfahl die Einweisung des Angeklagten in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher.

Aufgrund eines hohen Ausmaßes an Gefährlichkeit, die vom Beschuldigten ausgeht, empfahl der Gutachter Manfred Walzl den Maßnahmenvollzug nach Paragraf 21 Absatz 2 Strafgesetzbuch (StGB), was von der Staatsanwältin gleich beantragt wurde. Das bedeutet, dass der 20-Jährige zum Tatzeitpunkt zurechnungsfähig war, aber unter dem Einfluss einer seelischen oder geistigen Abartigkeit stand und damit eine Gefahrenquelle darstellt. Die Unterbringung im Maßnahmenvollzug erfolgt grundsätzlich auf unbestimmte Zeit. Sie kann fortgesetzt werden, selbst wenn der Betroffene die über ihn verhängte Freiheitsstrafe längst verbüßt hat.

Beschuldigter wollte nicht mit Gutachter sprechen

Da sich der 20-Jährige bisher weigerte, mit dem Gutachter zu sprechen, beobachtete Walzl am ersten und zweiten Verhandlungstag den Geschworenenprozess und stellte dem Beschuldigten gelegentlich Fragen. Der Sachverständige berichtete, dass der Syrer während des Gespräches aufstand und den Raum verließ. Der Syrer meinte laut Walzl sinngemäß, er würde sich schon begutachten lassen, vorausgesetzt das Gutachten gehe gut für ihn aus. Am Ende des zweiten Prozesstages stellte der vorsitzende Richter Kurt Weisgram dem Sachverständigen die Frage, ob nun eine Expertise möglich sei, was Walzl bejahte.

Er diagnostizierte eine kombinierte Persönlichkeitsentwicklungsstörung mit emotional instabilen, narzisstischen und dissozialen Anteilen. Der Beschuldigte würde Täter-Opfer-Umkehr betreiben und die Tat als Unfall „verniedlichen“. Es fehle ihm an Selbstkritik, er empfinde schnell Kränkung und die Frustrationstoleranz bei dem 20-Jährigen sei sehr niedrig. Bereits Kleinigkeiten würden ihn aus dem Lot bringen, sagte Walzl.

Neigung zu Wut- und Gewaltausbrüchen

Die emotionale instabile Persönlichkeitsentwicklungsstörung führe dazu, dass sich beim Beschuldigten ein Konflikt immer wieder weiter aufschaukle, erklärte der Gutachter. Die Impulskontrolle würde mit ihm durchgehen und die Sicherungen durchknallen. Aufgrund seiner hohen Aggressivität neige der Angeklagte zu Wut- und Gewaltausbrüchen.

Auch wenn er aufgrund seines Alters erst eine Persönlichkeitsentwicklungsstörung und noch keine Persönlichkeitsstörung habe, befinde sich der Syrer jedoch „direkt auf der Autobahn in diese Richtung“, sagte der Gutachter. Nach der Expertise Walzls beantragte Staatsanwältin Antonella Baca die Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher.

Mutter: „Du hast mir mein Kind genommen“

Dramatische Szenen hatten sich am Mittwoch noch vor Verhandlungsbeginn abgespielt: Die Mutter des Opfers, das im Jänner von seinem Ex-Freund mit einem Gürtel erdrosselt worden sein soll, schrie den Angeklagten beim Hereinführen in den Saal unter Tränen an: „Du hast mir mein Kind genommen!“ Die Frau hat am zweiten Verhandlungstag als Zeugin ausgesagt.

Mit stockender Stimme berichtete die 41-Jährige dem Schwurgericht von der schwierigen Beziehung zwischen dem Syrer und ihrer Tochter. Der 20-Jährige sei sehr eifersüchtig gewesen und habe ihrer Tochter Vorschriften machte, was sie anzuziehen habe. Nach der Trennung im Sommer 2018 hat sich die Situation verschlimmert. Immer wieder kontaktierte der junge Mann seine Ex-Freundin. Ihre Tochter hätte sich manchmal erweichen lassen, aber sie hatte Angst vor dem Ex. Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt. Dabei wird ein Urteil erwartet.