Hitzeschutz von RUAG Space aus Österreich für europäischen Datenhighway-Satelliten „EDRS-C“
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Hitzeschutz aus Berndorf: Nähen fürs Weltall

Seit rund 30 Jahren werden in Berndorf (Bezirk Baden) Hitzeschutzfolien für Satelliten produziert. Damit die Satelliten extremen Temperaturschwankungen standhalten, setzt man bei RUAG Space bei der Verarbeitung der Folien vor allem auf gute Näherinnen und Näher.

Ob beispielsweise bei den Satelliten von „Galileo“, dem europäischen Satellitennavigationssystem, oder auch bei der BepiColombo-Raumsonde, die sich seit dem Vorjahr im All befindet, um den Planeten Merkur zu erkunden – bei den meisten europäischen Satelliten kommen Thermalisolationen aus Berndorf zum Einsatz. Hier fertigt die Firma RUAG Space Austria spezielle Hitzeschutzfolien. Sie verhindern, dass Satelliten im Weltraum aufgrund der extremen Temperaturschwankungen nicht mehr funktionieren und damit de facto wertlos sind.

Minus 200 Grad bis plus 200 Grad

Die Schwankungen, denen die Hitzeschutzfolien standhalten müssen, reichen von plus 200 Grad Celsius auf der Sonnenseite bis zu minus 200 Grad Celsius auf der Schattenseite der Erde. „Die Instrumente auf einem Satelliten sind hochspezialisierte Geräte, die einen möglichst genauen Temperaturpunkt brauchen, um zu arbeiten“, erklärt Andreas Buhl, Geschäftsführer von RUAG Space Austria. „Unsere Thermoschutzisolationen helfen dabei, die innere Temperatur zu stabilisieren, sodass die wissenschaftlichen Instrumente, die der Grund sind, warum wir das Ganze überhaupt betreiben, stabil funktionieren und auch zehn oder 15 Jahre halten können.“

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Um die Satelliten entsprechend zu schützen, werden in Berndorf zunächst mehrere hitzebeständige Folien übereinander gelegt, bis die erforderliche Dicke erreicht ist. Danach werden die Folien vernäht. Von den 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die bei RUAG Space Austria beschäftigt sind, sind 27 in Berndorf tätig. „Wir hatten immer schon einen sehr hohen Anteil an Absolventinnen verschiedener Modeschulen aus Wien und Niederösterreich“, sagt Georg Penteker, Standortleiter in Berndorf. Von den 27 Beschäftigten würden rund die Hälfte von einer Modeschule kommen.

„Bei den Kleidern ist es, finde ich, leichter, weil die Materialien nicht so anspruchsvoll sind“, erklärt Christina Steiner, Absolventin der Modeschule Wiener Neustadt und Produktionsspezialistin. Im Durchschnitt kostet eine Folie zwischen 20 und 50 Euro pro Quadratmeter. Weil für den Hitzeschutz mehrere Lagen übereinander gelegt werden, können Fehler folglich schnell kostspielig werden.

RUAG Space: Produkte für das Weltall

Die Firma RUAG Space aus Berndorf fertigt Hitzeschutzfolien für Satelliten und Raketen.

Auch Hitzeschutz für Raketen

Erst vor kurzem wurde das Werk in Berndorf um 600 Quadratmeter erweitert. Neben Hitzeschutzfolien für Satelliten werden nun auch Thermalisolationen für Raketen produziert. Weil Raketen die Erdatmosphäre durchdringen müssen, muss der Hitzeschutz auch höheren Temperaturen standhalten. „Wir reden hier von 1.500 Grad Celsius“, sagt RUAG-Space-Austria-Geschäftsführer Buhl. Das entspreche einer Temperatur, „bei der Eisen zu schmelzen beginnt“. Gefertigt wird der Hitzeschutz für die Triebwerke der Ariane-6-Trägerrakete, die ab dem Jahr 2020 europäische Satelliten in Umlaufbahnen der Erde bringen soll.

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Neben dem Weltall kommen die Isolationen von RUAG Space auch auf der Erde zum Einsatz. In weltweit ungefähr der Hälfte der MRT-Geräte kommt laut dem Unternehmen eine Schutzfolie aus Berndorf zum Einsatz. „Eines der positiven Dinge, die vom Weltall auf die Erde zurückgefunden haben, ist die Magnetresonanztomographie“, sagt Standortleiter Penteker. Hier würden supraleitende Magnete entsprechend isoliert, um das Diagnoseverfahren zu ermöglichen.

RUAG Space ist ein Schweizer Unternehmen mit rund 1.300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in sechs Ländern. Das Unternehmen ist spezialisiert auf Produkte für Satelliten sowie Trägerraketen. Die Österreichzentrale von RUAG Space befindet sich in Wien. Während in Berndorf Thermalisolationen hergestellt werden, ist man in Wien auf Navigationsempfänger spezialisiert, mit denen die Position von Satelliten im All bestimmt werden kann.