Gesundheit

Expertenteams helfen Gewaltopfern

Seit 2011 gibt es in Österreich ein Gesetz, dass alle Krankenhäuser eine Opferschutzgruppe haben müssen. In Niederösterreich gibt es laut Landeskliniken-Holding so ein Expertenteam in allen Krankenhäusern. In St. Pölten ist die Gruppe gerade im Ausbau.

Rund 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehören derzeit der Gruppe im Universitätsklinikum in St. Pölten an. Dazu zählen etwa Ärztinnen und Ärzte, Pflegerinnen und Pfleger, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter sowie Psychologinnen und Psychologen. Sie sollen erkennen, wann Frauen von häuslicher und sexueller Gewalt betroffen sind.

Das Personal in Krankenhäusern ist eine der ersten offiziellen Stellen, die von Gewalt in sozialen Nahverhältnissen mitbekommt. Dabei geht es nicht nur um ärztliche Hilfe bei Verletzungen, sondern auch um Informationsmaterial und Flyer über mögliche Auswege in so einer Situation. Im Universitätsklinikum St. Pölten ist Gynäkologin Susanne Schubert Opferschutzbeauftragte: „Es gibt dann zum Beispiel eine kleine Scheckkarte mit Telefonnummern darauf. Das Infomaterial ist so klein, damit Frauen es vor ihrem Mann verstecken können.“

Stationäre Aufnahme für Sicherheit der Patientinnen

Kernaufgabe des Expertenteams ist, Opfer von Gewalt zu erkennen. Nur in seltenen Fällen, würden es Frauen von selbst ansprechen, sagt Susanne Schubert: „Den Verdacht muss man sensibel ansprechen. Wenn die Patientin bestätigt, dann geht es um die Einschätzung der Situation. Also, ob es akut ist und die Frau stationär aufgenommen werden soll, weil die Situation zu Hause zu gefährlich ist.“ Die Mitglieder der Opferschutzgruppe sollen auch Kolleginnen und Kollegen im Krankenhaus für das Thema sensibilisieren, denn Betroffene seien nicht immer zu erkennen.

NÖ Frauentelefon

Das NÖ Frauentelefon bietet unter 0800/800 810 kostenlose und anonyme Beratung: jeweils montags, mittwochs und freitags von 10.00 bis 14.00 Uhr, Rechtsberatung freitags von 14.00 bis 16.00 Uhr.

Frauenhelpline

Frauen, die Schutz oder Beratung suchen, können sich auch rund um die Uhr an die Frauenhelpline wenden: 0800/222555 – ebenfalls kostenlos und anonym.

Oft würden die Verletzungen und die Erzählungen der Patientinnen nicht zusammenpassen oder es „kommt vor, dass jemand immer wieder kommt wegen Nichtigkeiten und indirekt eigentlich so um Hilfe bittet“, sagt Schubert. Bei Vergewaltigungen sei es aufgrund der Verletzungen eindeutig: „Hier geht es darum richtig zu dokumentieren und Spuren zu sichern, damit die Beweisführung vor Gericht plausibel ist.“

Bei Vergewaltigungen kommen Frauen aus allen Gesellschaftsschichten, sagt Schubert. Bei häuslicher Gewalt sind es zum Großteil Frauen ohne Migrationshintergrund. Schubert vermutet, dass es eine Hemmschwelle gebe, denn „für Frauen ist die Überwindung groß beziehungsweise wird die Gewalt, die von Männern ausgeht, in diesen Kulturen noch nicht so stark hinterfragt.“

16 Tage gegen Gewalt an Frauen

Auch Männer werden von Opferschutzgruppen betreut. Sie würden vor allem nach Schlägereien oder Streitereien in Krankenhausambulanzen auftauchen. In vielen Fällen seien auch ältere Männer betroffen, sagt Susanne Schubert, Opferschutzbeauftragte in St. Pölten: „Bei Männern haben wir oft den Fall von Vernachlässigung pflegebedürftiger Menschen. Auch das ist eine Form von Gewalt.“

Aktuell sind viele Gebäude in Österreich orange beleuchtet, darunter auch das Universitätsklinikum St. Pölten. Orange ist die Farbe der weltweiten UNO-Kampagne „Orange the World – Stoppt Gewalt an Frauen“. 16 Tage gegen Gewalt an Frauen und Mädchen ist eine internationale Kampagne, die jedes Jahr von 25. November bis 10. Dezember stattfindet. So lang sind die Gebäude in Orange getaucht. Auf der ganzen Welt nützen Fraueninitiativen den Zeitraum vom Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen (25. November) bis zum Internationalen Tag der Menschenrechte (10. Dezember), um auf das Thema aufmerksam zu machen.