Mathematik-Übungskarten für Dyskalkulie-Training, Sujet Lernen, Schule, Mathematik, Rechnen
ORF/Zrost
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Bildung

Jedes zehnte Kind hat Lernschwächen

Jedes zehnte Schulkind ist Schätzungen zufolge von einer Lernschwäche betroffen, hat also entweder beim Lesen und Schreiben oder beim Rechnen Probleme, die sich mit bloßem Üben nicht beheben lassen. Helfen kann eine spezielle Lerntherapie. Diese ist aber nicht für alle leistbar.

Lernschwächen erkennen

  • Das Erledigen der Hausübung dauert unangemessen lange
  • Selbst intensives Üben bringt keinen Erfolg
  • Das Rechnen mit den Fingern wird nicht überwunden (Dyskalkulie)
  • Auch einfache Aufgaben wie 10 + 4 werden immer wieder neu gerechnet (Dyskalkulie)
  • Die Kinder bleiben auf der Stufe des „buchstabenweisen“ Erlesens stehen. Das bedeutet langsames Lesen, gestörte Sinnerfassung und Strategien wie Auswendiglernen oder „Erraten“ von Wörtern (Legasthenie)
  • Wörter werden in unterschiedlichen Varianten geschrieben, Kinder können richtige Schreibweise nicht selbstständig finden (Legasthenie)

Die neunjährige Leonie hat Schwierigkeiten beim Rechnen und kann sich schlecht konzentrieren. In der Lerntherapie im Duden-Institut in St. Pölten werden ihr Zahlen und Rechnungen mit verschiedenen Materialien veranschaulicht, etwa mit Würfeln, Notizzetteln oder Bausteinen – Mathematik wird buchstäblich greifbar gemacht. Ihr Mutter freut sich bereits über Fortschritte: „Bei der Hausübung denkt sie manchmal gar nicht mehr nach oder rechnet nicht mehr mit den Fingern“, erzählt sie im Gespräch mit noe.ORF.at.

Wenn üben nichts mehr hilft

Leonie verlor durch ihre Rechenschwäche (Dyskalkulie) den Anschluss in der Schule – wie die meisten Kinder, die in dem St. Pöltner Institut eine Lerntherapie beginnen. Sie haben in der Regel jede Menge frustrierende Erfahrungen und verzweifelte Eltern im Gepäck.

Die integrative Lerntherapie widmet sich deshalb auch psychologischen Aspekten, bezieht das Umfeld mit ein und geht über den aktuellen Unterrichtsstoff hinaus. „Die Kinder, die zu uns kommen, haben meist das Thema, dass das bloße Üben nicht mehr hilft“, erklärt Institutsleiter Philip Simson, „und dass der bloße Fokus auf das, was gerade in der Schule ist, gar nicht der richtige Ansatz ist. Den Kindern fehlen oft Grundlagen, die ein bisschen weiter zurückliegen.“

Verein bietet Förderungen und Informationen

Das Ziel: Nach etwa eineinhalb bis zwei Jahren sollen die Kinder wieder selbstständig im Regelunterricht mitkommen. Doch bis dahin müssen die Stunden privat bezahlt werden. Hilfe bietet seit etwa einem Jahr der gemeinnützige Verein Scribmeticum in St. Pölten. „Wir helfen dabei, geeignete Therapeuten zu finden“, sagt der Kassier des Vereins, Josef Baumgartner, „und wir fördern – abhängig vom Einkommen – unterschiedliche Prozentsätze der Therapiekosten.“

Der Verein will auch die Eltern und das Lehrpersonal für das Thema sensibilisieren, etwa durch Informationsveranstaltungen. Denn Scham und falsche Vorstellungen von Lernschwächen wie Legasthenie und Dyskalkulie spielen oft eine große Rolle. „Es wäre schön, wenn man das endlich genauso sieht wie andere therapeutische Angebote, die bereits etabliert sind“, so Baumgartner. Das langfristige Ziel des Vereins ist es, nicht mehr gebraucht zu werden. Man hofft, dass es irgendwann öffentliche Förderungen für betroffene Kinder gibt.