Kühe im Biobauernhof
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Landwirtschaft

700 Landwirte bangen um Bio-Zertifikat

Die Biobauern sind in Sorge. 2021 soll die neue EU-Bioverordnung in Kraft treten. Deshalb gelten in Österreich schon jetzt strengere Auflagen. Viele Bauern befürchten, dass bis 2021 noch weitere Regelungen folgen werden. Das könnte für etwa 700 Betriebe in Niederösterreich den Verlust der Bio-Zertifizierung bedeuten.

Mit Beginn des neuen Jahres wurden die Regeln für österreichische Bio-Betriebe verschärft. So müssen nun alle Landwirte mit einer biologischen Landwirtschaft die Weidepflicht einhalten. Zuvor gab es einzelne Ausnahmen, wenn etwa der Weg vom Stall zur Weide länger als 200 Meter war oder dabei eine Straße überquert werden musste. Für Eingriffe wie beispielsweise die Enthornung von Rindern braucht es künftig außerdem eine Genehmigung. Zudem dürfen Auslaufflächen ab sofort nicht mehr vollständig überdacht sein.

Unsicherheit bereitet Bauern Sorgen

Die Auflagen für Bio-Bauern könnten bis 2021 aber noch strenger werden. Das befürchtet etwa Markus Pfeiffer-Vogl, der in Haselbach (Bezirk Zwettl) einen Biohof mit 55 Milchkühen betreibt. Er ist besorgt, dass die EU den Landwirten 2021 mehr Weidefläche pro Tier vorschreiben könnte. Die Weide in Haselbach zu vergrößern ist für ihn kaum möglich. Immerhin gibt es in Haselbach mehrere Landwirtschaftsbetriebe, eine Weide grenzt dort direkt an die nächste.

Landwirt Markus Pfeiffer-Vogl im Kuhstall
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Biobauer Markus Pfeiffer-Vogl in seinem Kuhstall

„2020 wird in meinem Fall nicht so tragisch sein. Aber wie es dann 2021 weitergeht, das ist die große Frage“, sagt Pfeiffer-Vogl bei einem Gespräch mit noe.ORF.at. Sollte es tatsächlich zu einer Regelung bezüglich der Größe von Weideflächen kommen, sieht er nur zwei Möglichkeiten: den Bio-Status zu verlieren oder „ich werde doch irgendwie versuchen, dass ich die Weidefläche zusammenbringe, aber das halte ich eigentlich nicht für richtig“, so der Bio-Bauer. Schließlich wäre der finanzielle Aufwand groß.

Unklarheit auch bei Bauernvertretern

Wie genau es wirklich weitergehen soll, kann auch die Landwirtschaftskammer noch nicht sagen. Man wolle die betroffenen Bauern aber auf dem Laufenden halten, heißt es in einem Brief.

Martin Frühwirth vom niederösterreichischen Bauernbund ortet „massive Ängste“ bei manchen Bauern. Von den neuen Weiderichtlinien betroffen seien etwa 700 der 6.000 Biobauern in Niederösterreich, schätzt er im „NÖ-heute“-Interview.

Martin Frühwirth im Gespräch mit Thomas Birgfellner
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Martin Frühwirth (r.) im Gespräch mit Thomas Birgfellner

Probleme bei Audits

Grund für die neuen Regelungen waren übrigens Untersuchungen der Europäischen Kommission, sogenannte Audits, im Jahr 2017. Damals überprüften europäische Experten österreichische Biobetriebe. „Durch die Bioaudits der Europäischen Kommission wurden Fragen aufgeworfen“, sagt Frühwirth. Die Folge sei nun die ersatzlose Streichung von bisherigen Ausnahmen in der österreichischen Weidehaltung.

Verschärfungen der Kriterien für Biobauern seien grundsätzlich nichts Neues, sagt der Bauernbund-Funktionär: „In der Biolandwirtschaft braucht man dafür nur die notwendige Zeit, sich danach zu richten.“ Auch er hat bislang kaum Informationen über die genauen Gesetzesänderungen: „Es gab natürlich Vorlaufzeiten in den Verhandlungen, die Detailergebnisse sind aber noch nicht da. Somit wissen wir auch nicht, wie die Betriebe darauf reagieren müssen.“