Ein Lehrling arbeitet an einem Werkstück
dpa/Marcus Brandt
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Wirtschaft

Das Tauziehen um die Lehrlinge

Die Wirtschaftskammer Niederösterreich freut sich über steigende Lehrlingszahlen. Nach langer Talfahrt wurden in den vergangenen Jahren wieder mehr Lehrlinge in Niederösterreichs Betrieben gezählt. Trotzdem bleibt das Problem der Unternehmen dasselbe, nämlich das Tauziehen um die geeigneten Anwärterinnen und Anwärter.

Die Zahlen, die die Wirtschaftskammer Niederösterreich (WKNÖ) veröffentlichte, werden von WKNÖ-Präsidentin Sonja Zwazl als „Trendwende“ interpretiert. Waren am 1. Jänner 2019 noch 16.154 Lehrlinge in Niederösterreich registriert, so sind es mit 1. Jänner 2020 schon 16.811, das sind um 4,1 Prozent mehr innerhalb eines Jahres.

Noch deutlicher ist der Lehrlingsboom in einer Vier-Jahres-Statistik der Lehranfänger ersichtlich. Am 1. Jänner 2016 wurden 4.042 Lehranfänger in Niederösterreich gezählt, am 1. Jänner 2020 waren es 4.869, das sind um 20,5 Prozent mehr.

Huber (SPAR): „Arbeit am Image der Lehre notwendig“

Einer der größten Lehrlingsausbildner Österreichs ist die Handelskette SPAR, die allein in Niederösterreich 300 Lehrlinge beschäftigt, im Vorjahr wurden um 20 Prozent mehr aufgenommen als im Jahr davor, und heuer sollen es noch einmal 150 sein. Ein schwieriges Unterfangen, wie auch Geschäftsführer Alois Huber bestätigt: „Es ist ein Kampf um jeden Lehrling. Konkurrenten sind einerseits die weiterführenden Schulen, für die sich viele junge Menschen entscheiden, andererseits andere Unternehmen. Denn der Markt der geeigneten Lehrlinge ist nicht unüberschaubar. Ich glaube, dass weiter intensiv am Image der Lehre gearbeitet werden muss, sie muss irgendwann soviel wert sein wie eine Matura.“

Titel „Meister“ könnte ein Berufsanreiz sein

Helmut Schwarzl, Geschäftsführer des Industrieunternehmens Geberit in St. Pölten-Pottenbrunn, berichtet von schulischen Ausbildungsschwächen junger Menschen. Erstmals habe er im Herbst nicht die angepeilten sechs oder sieben Lehrlinge gefunden, sondern nur vier unter 70 Anwärterinnen und Anwärtern. Es fehle zu oft an den Grundkenntnissen, die nötig seien, so Schwarzl.

Jürgen Kreibich, Malermeister in Krems, stellte wieder mehr Lehrlinge an. Er sprach auch schon in Schulen vor, um dort dafür zu werben, dass Schülerinnen und Schüler der Lehrberuf schmackhaft gemacht werden solle und die Stoßrichtung nicht einzig und allein die weiterführende Schule sei. Die Tatsache, dass die Meisterprüfung bald zur Führung des Titels „Meister“ im Namen berechtigen wird, also adäquat zu „Doktor“ oder „Diplomingenieur“, sieht er positiv: „Das könnte ein Anreiz sein, Österreich ist halt ein Land der Titel.“