Pressekonferenz AK WK AMS NÖ
ORF/Stefan Sailer
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Wirtschaft

Sozialpartner stellen sich gegen Ministerin

Viele offene Stellen in Westösterreich, während im Osten zahlreiche Arbeitslose einen neuen Job suchen. Wirtschaftsministerin Schramböck forderte mehr Anreize, damit Menschen etwa in Tirol Jobs annehmen. In Niederösterreich sehen die Sozialpartner keine Dringlichkeit.

Jugendliche ohne Ausbildung sind im Durchschnitt zwölf Jahre arbeitslos, erklärte AMS-Landeschef Sven Hergovich bei einer gemeinsamen Pressekonferenz am Freitag mit Sonja Zwazl, der Präsidenten der Wirtschaftskammer, und Markus Wieser, dem Präsidenten der Arbeiterkammer Niederösterreich (Bild oben, v.r.). Im Gegenzug verhindere eine abgeschlossene Ausbildung das Risiko, arbeitslos zu werden bzw. erhöht die Chance, schneller einen neuen Job zu finden. „Darum ist es so wichtig, in gute Berufsausbildung zu investieren und möglichst jedem Jugendlichen einen guten Ausbildungsplatz zu garantieren“, betonte Hergovich.

Die Ausbildung der Jugendlichen bleibt deshalb nicht nur für das AMS, sondern auch für die Sozialpartner heuer ein Schwerpunkt. 2020 wird etwa die Lehrlingsoffensive fortgesetzt. Denn u.a. mit solchen Initiativen gelang es im Vorjahr, die Jugendarbeitslosigkeit in Niederösterreich um mehr als zehn Prozent zu senken – auf den niedrigsten Wert seit dem Jahr 2000, ergänzte Hergovich.

„Orientierung und Perspektiven“ geben

Markus Wieser, Präsident der Arbeiterkammer Niederösterreich, ist wichtig, „jungen Menschen Orientierung und Perspektiven zu geben.“ Die Initiativen der vergangenen Jahre seien nachhaltig gewesen, „weil sie die Lehre gestärkt haben, wodurch letztendlich wieder Beschäftigung geschaffen wird“, sagte Wieser. Gleichzeitig wurden bereits 100 Lehrer in einem eigenen Master-Lehrgang ausgebildet, um den Schülern kompetente Berufsorientierung anbieten zu können.

Am 1. April startet zudem ein neues Ausbildungszentrum in Niedernondorf (Bezirk Zwettl), in dem zwölf Menschen zwischen 18 und 25 Jahren ein Jahr lang intensiv auf die Arbeitswelt vorbereitet werden, sagt die Präsidentin der Wirtschaftskammer Niederösterreich, Sonja Zwazl: „Dort werden die Jugendlichen mit älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zusammengebracht, die gerade keine Beschäftigung, aber eine ungeheure Berufs- und Lebenserfahrung haben. Ich denke, dass das eine gute Kombination für unsere Jugend ist.“

Anreize für Jobs im Westen

Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) verwies am Montag darauf, dass es in Westösterreich viele offene Stellen gebe, während es in Wien eine Arbeitslosigkeit gebe, „die aus meiner Sicht inakzeptabel ist“ – nämlich nicht nur im Vergleich mit dem ländlichen Raum, sondern auch im Vergleich mit Städten wie München, Berlin, London und Hamburg. „Wie kann es sein, dass in Berlin, das wirklich finanziell nicht sehr gut dasteht, die Arbeitslosigkeit nur halb so hoch ist wie in Wien?“ Man müsse daher Anreize schaffen, damit Menschen Jobs in Westösterreich annehmen.

AMS-Landeschef Hergovich betonte, dass Arbeitslose schon jetzt in ganz Österreich, aber auch in Niederösterreich vermittelt werden: „Weil wir in den verschiedenen Regionen auch ganz unterschiedliche Entwicklungen haben. Deshalb ist es heute schon normal, dass wir flexibel vermitteln und darauf eingehen, wo Arbeitskräfte gebraucht werden.“ Allerdings nur dann, wenn – wie im Gesetz angeführt – dem Betroffenen keine Betreuungspflichten entgegenstehen und – falls der Weg nach Hause nicht zumutbar ist – es am neuen Arbeitsort Wohnraum gibt. „Das halte ich – ehrlich gesagt – auch für richtig so.“

Zwazl fordert mehr Pragmatismus

Darüber, was für Arbeitslose zumutbar ist, könne man gerne diskutieren, sagte Wieser. Doch gerade bei Fachkräften, die zwischen 1.400 und 1.500 Euro verdienen, müssten gewisse Leistungen – wie etwa eine verfügbare Wohnung – gewährleistet bleiben: „Wenn ein Manager 70.000 Euro im Monat verdient und irgendwohin übersiedelt, wird er dadurch kein Problem haben, auch finanziell. Aber für Fachkräfte wird es schwer, in Tirol oder Vorarlberg eine Kochstelle annehmen mit dem Einkommen, das sie dort verdienen.“

Zwazl forderte in der Diskussion hingegen mehr Pragmatismus. Schließlich gebe es auch in Niederösterreich viele freie Stellen für Köche. „Von Wien nach Niederösterreich zu fahren ist natürlich naheliegender, als wenn ich von Wien nach Tirol fahre“, meinte die Präsidentin der Wirtschaftskammer, „dass man da ein bisschen mehr Flexibilität einfordert, das sehe ich, aber man muss es ja nicht gerade immer so ausweiten.“