NT Gent mit der Produktion Black
Michiel Devijver
Michiel Devijver
Kultur

„Black“: NT Gent zu Belgiens Vergangenheit

Das Landestheater Niederösterreich koproduziert mit dem NT Gent aus Belgien und bringt Regisseur Luk Perceval erneut nach St. Pölten. Am Freitag gastiert er mit seiner Inszenierung „Black“. Die Auseinandersetzung mit der Kolonialvergangenheit Belgiens ist Auftakt einer Trilogie und Beginn einer engeren Zusammenarbeit der beiden Häuser.

„Meine Vorgängerinnen haben bereits viele Inszenierungen von Luk Perceval vom Hamburger Thalia Theater nach St. Pölten eingeladen und ich habe diese Tradition fortgesetzt“, schildert Intendantin Marie Rötzer gegenüber der APA. Sie lernte den Regisseur, der 1999 mit dem Shakespeare-Marathon „Schlachten!“ bei den Salzburger Festspielen gefeiert wurde und 2018 „Rosa oder Die barmherzige Erde“ im Wiener Akademietheater inszenierte, in Hamburg kennen und arbeitete dort erstmals mit ihm.

„Seit letztem Jahr ist er wieder in seine Heimat Belgien und an das berühmte Stadttheater in Gent zurückgekehrt, um eine Trilogie zur belgischen Geschichte und ihren Tabuthemen zu erarbeiten. Der Titel der einzelnen Stücke lehnt sich an die Farben der belgischen Nationalflagge an, Schwarz, Gelb, Rot.“

NT Gent gastiert mit der Produktion Black in Sankt Pölten
Michiel Devijver
Am Freitag im Landestheater Niederösterreich in St. Pölten: Das NT Gent zeigt „Black“, inszeniert von Luc Perceval

Den Auftakt machte „Black“, das nun als eintägiges Gastspiel in der Landeshauptstadt zu sehen ist. "Darin geht es um die bis heute unaufgearbeitete Kolonialgeschichte Belgiens im Kongo. Unter Leopold I. wurde unter sehr brutalen Umständen die Bevölkerung im Kongo unterdrückt. Die Habsburger hatten nur eine kurze und wenig erfolgreiche Phase, Kolonien in Ostafrika zu erobern.

Aber die Debatte um geraubte Schätze aus Afrika hat auch Österreich und seine Museen erreicht. Kolonialgeschichte ist immer auch europäische Geschichte. Das zeigt Luk Perceval in ‚Black‘ in einer sehr berührenden Theaterperformance mit einer unglaublich eindringlichen Musik und einem fantastischen internationalen und mehrsprachigen Schauspielerensemble", so Rötzer.

„Yellow“: Koproduktion von NT Gent und Landestheater

Der zweite Produktion, „Yellow“, wird eine Koproduktion mit dem Landestheater Niederösterreich, dem NT Gent und Theatre National de Strasbourg. Sie wird im April in Gent Premiere haben und im Oktober in St. Pölten erstmals in Österreich zu sehen sein. In dem sehr gemischten Ensemble wird auch der Schauspieler Philip Kelz vom Landestheater Niederösterreich dabei sein.

„‚Yellow‘ beschäftigt sich mit der verdrängten Geschichte der flämischen Kollaborateure während der Zeit des Nationalsozialismus. Da es seit längerer Zeit den Wunsch gab, dass Luk Perceval und das NT Gent mit dem Landestheater Niederösterreich eine Koproduktion eingehen wollen, fanden wir in langen Gesprächen und Recherchen erstaunliche Zusammenhänge zwischen der belgischen und der österreichischen Geschichte während des Zweiten Weltkrieges“, so Rötzer.

Überwindung von nationalen und kulturellen Grenzen

„Red“ soll dann im nächsten Jahr auf die Bühne kommen. „Es geht um die Angst vor den islamistischen Terrorangriffen in Brüssel, speziell um die traumatischen Ereignisse in Brüssels Brennpunktbezirk Molenbeek im Jahr 2016.“ Als Höhepunkt ist die Aufführung der gesamten Trilogie geplant.

Man strebe mit den mehrsprachigen Koproduktionen, wie etwa mit den Vereinigten Bühnen Bozen, dem Toneelhuis Antwerpen oder eben dem NT Gent „eine ganz klare künstlerische Verortung und Ausrichtung in der europäischen Kulturszene an“, sagt die Intendantin. „Die Zukunft des Theaters liegt in der Überwindung der nationalen, sprachlichen und kulturellen Grenzen. Das Theater als Kulturbotschafter kann dadurch eine gesamtgesellschaftliche Balance über alle Grenzen hinweg schaffen.“