„Kurz vor dem Gipfel hat’s einen lauten Knall gemacht und dann hat es mir die Füße einfach weggezogen“, erinnert sich Skitourengeher Stefan Pointner drei Tage nach seinem Unfall. „Es war finster, es hat mich überschlagen, es hat mir die Ski weggerissen, ich hatte Schnee im Mund und in der Nase und konnte kaum atmen.“ Die Lawine riss ihn knapp 500 Meter nach unten. Er blieb aber unverschüttet und konnte selbst die Bergrettung rufen.
Sein Bein war aber verletzt, gehen konnte der Wiener nicht: „Es war windig und kalt. Deswegen habe ich mich so gut es ging über Schnee und Geröll nach unten geschleppt.“ Ein Wanderer hörte schließlich die Hilfeschreie. Die Bergretter transportierten ihn per Ski ins Tal und brachten ihn ins Spital nach Wr. Neustadt. „Ich habe mir aber Gott sei Dank ‚nur‘ das Knie verletzt“, sagt Pointner, sein Außenband dürfte gerissen sein.
Schneemassen unterschätzt
Der zweifache Familienvater geht sei 20 Jahren mehrere Skitouren pro Jahr. Auch dieses Mal sei er gut vorbreitet gewesen. Laut Alpinpolizei war die Schneedecke zwischen 20 und 25 Zentimeter dick. „Dort, wo ich hinauf bin, war wenig Schnee, aber in dieser Rinne, in der Flanke dürfte wirklich sehr viel Schnee gewesen sein und das dürfte ich unterschätzt haben“, gesteht Pointner.
Erhöhte Einsatzbereitschaft bedeutet die Schneesituation derzeit für die Bergretter. Vor allem, weil die Lawinengefahr in Niederösterreich derzeit besonders trügerisch ist, sagt Matthias Cernusca, Leiter der Bergrettung Niederösterreich/Wien: „Es herrscht Lawinenwarnstufe 2, das bedeutet eine mäßige Lawinengefahr, aber die Lawinenwarnstufe gilt überregional, also für einen sehr großen Bereich und lokal – an bestimmten Orten – kann die Lawinengefahr durchaus höher sein.“
Triebschnee und milde Temperaturen
Eine große Gefahr stellt derzeit einerseits Triebschnee – vom Wind verblasene lockere Schneemassen – dar. Andererseits können sich Lawinen – wegen der steigenden Temperaturen – nun auch von selbst lösen. Cernusca erinnert an einen Lawinenunfall vor einem Jahr auf der Rax, als mehrere Wanderer verschüttet wurden: „Die Lawine löste sich 600 Meter weiter oben und erreichte dennoch die Wanderer. Das bedeutet, auch wenn man schon zwischen den Blumen wandern geht, muss man sich vergewissern, ob eine Lawinengefahr besteht.“
An Tourengeher und Wanderer appelliert Cernusca deshalb nicht nur auf die Lawinenwarnstufe zu achten, sondern den kompletten Lawinenlagebericht zu lesen: „Der enthält in kompakter Form Infos über den Schneedeckenaufbau, wo Gefahren lauern, welche Expositionen gefährdet sind und worauf man besonders achten muss.“ Zudem sollte man – je nach Möglichkeit – auch mit Einheimischen über mögliche Gefahren sprechen. „Das kann ganz entscheidend sein, um draußen am Berg die einzelnen Gefahrenstellen viel besser identifizieren und auch vermeiden zu können“, betont der Bergretter.