Coronavirus

„Nächsten zwei Wochen entscheidend“

Im Kampf gegen das Coronavirus sind laut Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP) die „nächsten zwei Wochen entscheidend“. Die Spitäler in Niederösterreich seien für einen weiteren Anstieg an Covid-19-Erkrankten gerüstet.

Die Zahl der Menschen, die positiv auf das Coronavirus getestet wurden, stieg am Montag um fast 40 Prozent auf 155 Erkrankte. 1.066 Tests verliefen bislang negativ, 39 waren vorerst noch offen. Eine Person in Niederösterreich gilt als wieder genesen.

Die 155 bestätigten positiven Fälle in Niederösterreich verteilen sich auf die Bezirke Korneuburg (40), Amstetten (31), Tulln (27), Mödling (17), St. Pölten (12), Mistelbach (6), Bruck/Leitha (5), Baden (4), Lilienfeld (3) sowie je zwei Fälle in den Bezirken Gänserndorf, Hollabrunn, Krems, Neunkirchen und Melk.

Mehr als 1.000 Betten stehen bereit

Die Zahl der Infizierten wird auch in den kommenden Tagen weiter steigen. „Wir müssen uns bemühen, den Zuwachs möglichst gering zu halten“, sagte Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf am Montag im Interview in der Fernsehsendung „NÖ heute“. In den Spitälern würden mehr als 1.000 Betten für die Behandlung von Covid-19-Erkrankten zur Verfügung stehen, so Pernkopf. Nicht lebensnotwendige Operationen werden verschoben.

noe.ORF.at: Die Zahl der Menschen, die in Niederösterreich mit dem Coronavirus infiziert sind, ist am Montag von 111 auf 155 gestiegen. Das entspricht einem Plus von 40 Prozent. Haben Sie mit einem solchen Anstieg gerechnet?

Stephan Pernkopf: Momentan liegt es leider in ganz Europa in der Tendenz, dass es derartige Anstiege gibt. Von 1.260 durchgeführten Tests sind 155 positiv (in Niederösterreich; Anm.). Von diesen 155 positiv getesteten Menschen sind 146 allerdings in häuslicher Behandlung, können also zuhause ihre Krankheit auskurieren. Nur neun Personen befinden sich in stationärer Behandlung, zwei davon müssen intensivmedizinisch betreut werden.

Nadja Mader und Stephan Pernkopf
ORF
„Eine außergewöhnliche Situation, die außergewöhnliche Maßnahmen erfordert“, sagt Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf im Gespräch mit „NÖ heute“-Moderatorin Nadja Mader

noe.ORF.at: Dennoch handelt es sich um einen sehr hohen Anstieg. Wann ist zu erwarten, dass es keine derartigen Anstiege mehr gibt?

Pernkopf: Wir haben es mit einer außergewöhnlichen Situation zu tun, die außergewöhnliche Maßnahmen erfordert. Diese sind sehr streng und so ausgefallen, wie sie gestern (Sonntag; Anm.) im Nationalrat einstimmig beschlossen wurden. Wir müssen uns jetzt bemühen, diesen Zuwachs möglichst gering zu halten.

Nur damit Sie einen Vergleich haben: In Italien sind auf 100.000 Einwohner gerechnet 41 infiziert, in der Schweiz 26, in Österreich derzeit zehn. Den Zuwachs, der uns bevorsteht, müssen wir möglichst hintanhalten, um die Kapazitäten für besonders schwere Fälle freizuhalten, damit wir genügend Intensivbetten und andere stationäre Behandlungsmöglichkeiten haben.

noe.ORF.at: Wann rechnen Sie damit, dass die Kurve bei uns abflacht?

Pernkopf: Alle Experten und Expertinnen sagen uns, dass die nächsten zwei Wochen entscheidend sein werden. Wann dieser Punkt eintritt, kann niemand sagen. Jetzt sind alle gefragt, wir alle sind das Gesundheitssystem. Jeder und jede kann seinen Beitrag leisten, indem er seine sozialen Kontakte reduziert. Weniger soziale Kontakte zu haben heißt weniger Infektionsmöglichkeiten. Es geht jetzt darum, die älteren und kranken Menschen zu schützen, weil dieses Virus bei diesen Menschen mit dem Tod enden kann.

Bestätigte Coronavirus-Fälle in Österreich auf 100.000 Einwohner gerechnet

noe.ORF.at: Wie sieht es mit den Kapazitäten in den Spitälern in Niederösterreich aus, sowohl was die Betten als auch das Personal betrifft?

Pernkopf: Wir haben 384 Intensivbetten, können zusätzlich 960 Betten für die stationäre Behandlung speziell für das Coronavirus zur Verfügung stellen. Die Landesgesundheitsagentur – die 27 Klinikstandorte – sind ein absoluter Vorteil, wir sind breit aufgestellt. All diese Maßnahmen sollen dazu führen, dass wir für den Ernstfall gerüstet sind.

Deswegen bitte ich um Verständnis, dass derzeit nicht lebensnotwendige Behandlungen und Operationen verschoben werden, um – wenn dieser Höhepunkt der Erkrankungswelle erreicht ist – diesen entsprechend abdecken zu können, damit uns das nicht passiert, was derzeit in Italien diskutiert wird: dass Akutfälle nicht mehr behandelt werden können. Dazu dienen diese Maßnahmen und dafür müssen wir alle unseren Beitrag leisten.

noe.ORF.at: Was versteht man genau unter nicht lebensnotwendigen Operationen? Wo wird tatsächlich die Grenze gezogen?

Pernkopf: Jede Operation und jede Behandlung ist wichtig. Eine Hüftoperation zum Beispiel, die nicht unbedingt die nächsten Tage passieren muss – solche Behandlungen werden aufgeschoben. Dringende Behandlungen – im Herzbereich oder bei onkologischen Patienten – werden selbstverständlich durchgeführt. Ich bitte hier auch, direkt mit dem behandelnden Arzt oder der Ärztin Kontakt aufzunehmen, um das abzuklären. Klar ist, dass die Akutversorgung in dringenden Fällen zu 100 Prozent sichergestellt ist.

Das Gespräch führte Nadja Mader, noe.ORF.at