Federpennal liegt auf Schreibtisch, Arm von Schüler/in im Bild
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Bildung

„Wissen nicht, wo Unterricht stattfindet“

Seit Montag ist der Schulbetrieb stark reduziert. Der Unterricht findet auf Online-Plattformen statt. Laut Landesschülervertreter Benjamin Koiser verwenden die Lehrer unterschiedliche Plattformen: „Die Schüler wissen oft nicht, wo der Unterricht gerade stattfindet.“

Nur knapp über 2.000 Schülerinnen und Schüler waren am Montag, dem ersten Tag der Maßnahmen, in der Schule. Stattdessen werden sie nun aus der Ferne unterrichtet. Direktoren, Lehrer und Verwaltungspersonal stellen etwa Übungsaufgaben zusammen. Schüler unter 14 Jahren sollen nach Klassen einheitliche Übungs- und Wiederholungsaufgaben erhalten. Möglich ist aber eine Art Vorbereitung auf neue Stoffgebiete.

An den Oberstufen erfolgt eine Abwicklung der Arbeitsaufträge über diverse E-Learning-Plattformen. Das ist aber nicht verpflichtend. Wenn eine digitale Lösung am Standort oder in der häuslichen Betreuung nicht zur Verfügung steht, sollen Kopien ausgeteilt werden. Die erforderlichen Kopierkosten übernimmt der Schulerhalter.

Späterer Termin für Zentralmatura

Am Mittwoch kündigte Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) an, dass der heurige Haupttermin der Matura wegen der Ausbreitung des Coronavirus um mindestens zwei Wochen verschoben wird. Die Verlegung betrifft sowohl die vom 5. bis 13. Mai geplante schriftliche Zentralmatura als auch die mündlichen Reifeprüfungen. „Vor Mitte Mai, vor dem 18.5., werden wir keine Matura ansetzen. Was wir tun werden, ist die Zeit bis dahin nützen, um Übungsbeispiele vorzulegen. Das endgültige Datum werde ich rechtzeitig sagen“, sagte Faßmann.

Auch die Kompensationsprüfungen, bei denen negative Noten ausgebessert werden können, rücken damit nach hinten, Gleiches gilt für die mündlichen Maturaprüfungen. Die Maßnahme hat auch Auswirkungen auf die Aufnahmeprüfungen an den Unis. Diese finden nach derzeitigem Stand Anfang Juli statt und könnten daher mit der mündlichen Matura kollidieren. Die Termine würden mit den Unis koordiniert, sagte Faßmann.

Landesschülervertreter Benjamin Koiser beurteilt die Situation grundsätzlich positiv. Die Lehrer seien großteils engagiert, das System funktioniere. „Das Hauptproblem ist, dass Lehrer zeitweise zu viele Arbeitsaufträge geben“, sagt Koiser. Zudem würden die Lehrer unterschiedliche Online-Plattformen verwenden, „die Schüler wissen oft gar nicht, wo der Unterricht jetzt genau stattfindet“, sagt Koiser im „NÖ heute“-Interview.

18.03.20 Coronavirus Schule Zentralmatura Landesschulsprecher
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Landesschülervertreter Benjamin Koiser appelliert an die Jugendlichen, jetzt auch den Großeltern zu helfen

noe.ORF.at: Sie sind selbst gerade in Vorbereitung auf die Matura. Wie geht’s Ihnen damit?

Benjamin Koiser: Ich bin froh, dass jetzt einmal die Meldung zur Verschiebung gekommen ist, weil es etwas ungewiss war, wie es weitergeht. Wir können das seitens der Schülervertretung nur befürworten, weil wir mehr Zeit haben, uns auf die Matura vorzubereiten.

noe.ORF.at: Bezüglich des Unterrichts von zuhause gibt es sehr unterschiedliche Rückmeldungen. Manche gehen sehr gut damit um, in anderen Fällen kennen sich Eltern und Schüler mit den Aufgaben nicht aus, die Server sind überlastet. Welche Erfahrungen haben Sie in den vergangenen drei Tagen gemacht?

Koiser: Wir haben derzeit vor allem positives Feedback erhalten. Viele Schülerinnen und Schüler melden uns, dass die Lehrer sehr engagiert sind und es sehr gut funktioniert. Das Hauptproblem ist, dass Lehrer zeitweise ein Übermaß an Arbeitsaufträgen geben. Das bedeutet, dass die Schülerinnen und Schüler mit einer Fülle an Übungen konfrontiert sind, einfach nicht wissen, wie sie damit umgehen sollen. Ein weiteres Problem sind die überlasteten Server, dass Lehrerinnen und Lehrer teilweise auf andere Plattformen ausweichen müssen. Die Schülerinnen und Schüler wissen dann oft gar nicht Bescheid, wo der Unterricht genau stattfindet.

noe.ORF.at: Wie könnte man die ganze Situation etwas entwirren? Was können zum Beispiel die Schüler oder auch die Eltern tun, dass man das etwas strukturierter ablaufen lässt?

Koiser: Als Rat kann ich mitgeben, dass sich Schülerinnen und Schüler im Klassenverband zusammenreden sollen, weil die Meinung oft sehr subjektiv ist. Aber wenn das alle Schüler in der Klasse so sehen, sollte man die Schülervertretung kontaktierten – sofern es eine gibt – und sich in weiterer Folge auch an uns als Landesschülervertretung wenden. Wir haben dazu eine eigene E-Mail-Adresse eingerichtet (info@lsv-noe.at), wo man uns gerne anschreiben kann. Wir sind in ständigem Austausch mit der Bildungsdirektion und können die Anliegen dann auch gerne weitergeben.

noe.ORF.at: Wie funktioniert das eigentlich mit dem virtuellen Klassenraum? Funktioniert der überall oder nicht?

Koiser: Grundsätzlich eher nicht. Das Hauptproblem sind dabei wieder die überlasteten Server, wo es immer wieder der Fall ist, dass sich Schülerinnen und Schüler nicht einloggen können und einfach die Vielzahl an verschiedenen Arten und Weisen, wie die Lehrerinnen und Lehrer unterrichten – die haben in Österreich Methodenfreiheit, dementsprechend unterrichtet jeder auf einer anderen Plattform und wir Schüler wissen zeitweise nicht Bescheid, wo gerade der Unterricht stattfindet.

noe.ORF.at: Ganz wichtig ist in diesen außergewöhnlichen Zeiten, dass man soziale Kontakte möglichst vermeidet, vor allem zu älteren Menschen. Wie handhaben Sie das etwa mit ihren Großeltern?

Koiser: Anrufen, fragen, ob es etwas Neues gibt, ob man etwas besorgen soll. Ich glaube, das kann man nur jedem Jugendlichen weitergeben, einmal bei den Großeltern anzurufen, ihnen auch die Situation erklären. Wir sind bestens vernetzt, wir wissen Bescheid. Zu sagen ‚Bitte Oma, bitte Opa, bleibt zuhause‘, und den Einkauf für die Großeltern eventuell erledigen.

Das Gespräch mit Landesschülervertreter Benjamin Koiser führte Nadja Mader.