Telefonseelsorge
ORF
ORF
Coronavirus

Telefonseelsorge: Doppelt so viele Gespräche

Das Coronavirus wirkt sich auch auf die Telefonseelsorge der Diözese St. Pölten aus. Mittlerweile werden doppelt so viele Gespräche geführt, auch die Email- und Chat-Beratung ist voll ausgelastet. Zu 90 Prozent geht es am Telefon um das Virus.

In der aktuellen Ausnahmesituation wird die Telefonseelsorge mehr denn je gebraucht. Die zwei Telefonleitungen sind rund um die Uhr besetzt. Zu Spitzenzeiten werden bis zu 75 Gespräche am Tag abgewickelt. Die Telefonate dauern dabei zwischen zehn Minuten und einer halben Stunde. Die Themen am Telefon handeln mittlerweile zu 90 Prozent von der Pandemie. Viele Menschen haben etwa Angst vor der Einsamkeit und Isolation. Viele versuchen aber auch auf diese Weise ihre derzeit nicht stattfindenden Therapien zu überbrücken.

„Viele, die sehr ängstlich sind, erkundigen sich, was sie tun können, um sich zu schützen, wenn sie raus gehen, und fragen etwa, wie groß der Abstand sein muss“, sagt Susanne Rasinger, Leiterin der Telefonseelsorge Niederösterreich.

Telefonseelsorge
ORF
Doppelt so viele Gespräche werden derzeit bei der Telefonseelsorge in Niederösterreich geführt

„Bei Älteren kommen Erinnerungen an den Krieg hoch“

Neben gesundheitlichen Fragen teilen viele einfach ihre Ängste und Sorgen mit. „Bei manchen älteren Anrufenden kommen Erinnerungen an den Krieg wieder hoch. Sie sorgen sich, ob die Lebensmittel reichen oder sie ihre Kinder wieder sehen werden“, so Rasinger. Hinzu kommen derzeit auch Anrufer der Gesundheitshotline 1450. < Wenn es sich nicht um medizinische Fragen handelt, werden diese Anrufer direkt an die Telefonseelsorge weitergeleitet – „weil sie vom Telefonat noch so aufgeregt sind und weil die Aufregung sich über ein Gespräch dann bessert“, erklärt die Leiterin.

Die Telefonseelsorge ist unter der Notrufnummer 142 rund um die Uhr kostenlos und anonym erreichbar

Auch per Email und über die Chat-Beratung suchen derzeit vermehrt Personen Kontakt und Hilfe. Zwischen 18.00 und 20.00 Uhr ist die Chat-Beratung geöffnet. Aufgrund der starken Nachfrage soll es schon bald mehr Zeitfenster geben. Zusätzlich können Hilfesuchende einzelne Zeitfenster für Chats im Voraus buchen. Ob am Telefon oder im virtuellen Raum, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Telefonseelsorge versuchen, beruhigend auf die Betroffenen einzuwirken. „Beruhigung ist das Mittel Nummer eins. Wir versuchen mit den Leuten wieder einen ganz normalen Kontakt zum Alltag, zur Realität herzustellen“, sagt Rasinger.

Alltagsstruktur aufrechterhalten

Zudem rät sie den Anrufenden, sich Auszeiten zu nehmen und bewusst über andere Themen zu sprechen. Wichtig sei, trotz aller Einschränkungen einen funktionsfähigen Alltag und die sozialen Kontakte über Telefon, Chat oder Email aufrechtzuerhalten. Als Strategie gegen die Einsamkeit werden fixe Programmpunkte und „ganz banale Dinge des Alltags“ empfohlen: kochen, basteln, malen, gärtnern, lesen, oder schreiben.

60 bis 80 Mitarbeiter kümmern sich bei der Telefonseelsorge in Niederösterreich um die Sorgen der Menschen. Die Mail- und Chat-Beratung wird aufgrund der Corona-Maßnahmen derzeit vom Homeoffice aus gemacht, die telefonische Betreuung findet weiterhin in der Zentrale in St. Pölten statt. „Nur wenn wir in der Zentrale arbeiten, können wir bei Gefährdung entsprechende Dienste verständigen. Das ist unser Grundauftrag“, so Rasinger.