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Wöchentliche Zaunkonzerte fürs Pflegeheim

Zur Eindämmung des Coronavirus sind Besuche in Landespflegeheimen derzeit verboten. Die Bewohner leben seither in Isolation. In Berndorf (Bezirk Baden) sorgt ein Musikverein jetzt zweimal wöchentlich für musikalische Abwechslung.

Ein bisschen Farbe und Beschäftigung in den Alltag in sozialer Isolation zu bringen versuchen gerade die meisten Menschen auf ganz unterschiedliche Art und Weise. Auch im Pflege- und Betreuungszentrum Berndorf (Bezirk Baden) ist der Alltag jetzt etwas bunter und musikalischer. Wechselnde Mitglieder des Musikvereins St. Veit an der Triesting (Bezirk Baden) kommen zweimal pro Woche zum Pflege- und Betreuungszentrum, um den Bewohnerinnen und Bewohnern ein kostenlosen Privatkonzert außerhalb des Zauns zu geben.

Beim Publikum kommen die Konzerte sichtlich gut an. Viele Bewohnerinnen und Bewohner singen mit, viele halten Dankesplakate in den Händen. Wer kann, ist auf die Balkone bzw. Terrassen des Pflegeheims gekommen und lauscht der Musik. Die Zaunkonzerte bedeuten den Menschen viel, erzählte Gregor Herzog, Direktor des Berndorfer Pflege- und Betreuungszentrums. Nach Beginn der Ausgangsbeschränkungen wurde in Berndorf nach Wegen gesucht, um den Menschen im Pflegezentrum zu helfen. Für sie hatte sich binnen kürzester Zeit viel verändert.

Bewohner leiden unter „Kontaktarmut“

Große hausinterne Gruppenaktivitäten wie das beliebte Bingospiel sind auf unbestimmte Zeit ausgesetzt, stattdessen gibt es Unterhaltung nur noch in Kleingruppen innerhalb des eigenen Wohntraktes. Das Personal arbeitet ausschließlich mit Schutzmasken, und Besuche von Angehörigen sind ausnahmslos verboten, denn die Bewohnerinnen und Bewohner zählen zu den durch das Coronavirus am stärksten gefährdeten Menschen.

Der Direktor der Einrichtung trägt erstmals seit 40 Jahren wieder seine Dienstkleidung. Sein privates Gewand würde eine zusätzliche Infektionsquelle ins Haus zu bringen, sagte Herzog. Möglichst viele der beeinflussbaren Risiken will man in Berndorf von den Bewohnerinnen und Bewohnern fernhalten – samt aller damit verbundenen Folgen. „Die Kontakte nach außen sind für die Bewohnerinnen und Bewohner auf null minimiert. Deswegen versuchen wir mit den Konzerten, dass dennoch ein wenig Schönes und Abwechslung von außen hereinkommen. Nachdem Musik auch mit Distanz funktioniert und Musik die Menschen belebt, sind wir für dieses Angebot gern zu haben. Gerade in Zeiten wie diesen brauchen wir alle auch Positives im Alltag.“

Fotostrecke mit 4 Bildern

Bewohnerinnen und Bewohner des Pflegeheims
ORF/Veronika Berger
Schon vor Beginn des Zaunkonzerts versammelten sich die Bewohnerinnen und Bewohner auf den Balkonen und Terrassen
Privatkonzert vorm Pflegeheim
ORF/Veronika Berger
Das Publikum hat Dankesplakate vorbereitet
Zaunkonzert
ORF/Veronika Berger
Zwei Klarinettistinnen spielen im Duett, manchmal kommen drei Vereinsmitglieder für ein Trio
Pflegeheimdirektor Gregor Herzog vor der ORF-Kamera
Philipp Wied
Laut Pflegeheimdirektor Herzog freuen sich die Bewohnerinnen und Bewohnern gerade in Zeiten strenger Isolation über Abwechslung

Musikvereinsmitglieder kommen maximal zu dritt

Schon weit vor Beginn der Konzerte waren viele der Bewohnerinnen und Bewohner auf den Balkonen und Terrassen versammelt. Jedes Konzert bietet etwas anderes, sowohl die Instrumente als auch die Stücke wechseln. Weil das Versammlungsverbot aber auch für den Musikverein gilt, kommt niemals das gesamte Ensemble, um ein Zaunkonzert zu spielen. Oft sind es Duette, die dargeboten werden, maximal spielen drei Personen ein Trio, sagte der stellvertretende Musikvereinsobmann Franz Haigl. Nach jedem Lied erntet der Musikverein kräftigen Applaus, die Rufe nach Zugaben ertönen bereits nach Ende des ersten Stücks.

Auch für die Musikerinnen und Musiker sind die Zaunkonzerte eine willkommene Möglichkeit, trotz der Ausgangsbeschränkungen ein wenig zu musizieren, erzählte Andrea Strohmayr, die gemeinsam mit einer Kollegin für ein Klarienettenduett gekommen ist. Beim Spielen achten die beiden Musikerinnen auf ausreichend Distanz zueinander. Für sie sind die Bewohnerinnen und Bewohner der Hauptgrund, am Zaun des Pflegeheims zu spielen. „Wenn man sieht, wie sehr sich die Leute freuen, dann freut man sich selbst so sehr, und das ist eigentlich die Motivation und die größte Belohnung“, so Strohmayr.

Zwei wöchentliche Konzerte fix

Der Musikverein erklärte sich bereit, für die gesamte Dauer der Isolation im Pflegeheim für wöchentliche Konzerte zu sorgen. Auch wenn heute noch niemand sagen kann, für wie lange sie sich damit verpflichtet haben. „Durch die Kontaktarmut wird den Menschen irgendwann die Decke auf den Kopf fallen, wenn man nicht aktiv etwas dagegen unternimmt und ich denke mir, dass diese Musik eine super Maßnahme ist, um dem entgegenzuwirken“, sagte Direktor Herzog.