Politik

Mikl-Leitner: „Ostern im eigenen Haushalt“

Die Karwoche sei bei der Eindämmung des Coronavirus die „entscheidende Woche“. Die Risiken der Festtage, die bevorstehenden Geschäftsöffnungen und die bisherigen Ereignisse waren Thema in einem „NÖ heute“-Interview mit Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP).

Der sogenannte „Oster-Erlass“ der Regierung, der wieder zurückgezogen worden war, sorgte für viel Verwirrung. Grundsätzlich gilt über die Feiertage das, was schon seit Wochen gilt. Es gibt nur fünf Gründe, weswegen man das Haus verlassen darf: in einem Notfall; um zu arbeiten, wenn es nicht aufschiebbar ist; um einkaufen zu gehen; um anderen Personen zu helfen oder für Bewegung im Freien.

Eine Frage, die sich viele stellen, ist, was das für private Osterfeiern bedeutet. Es gibt keine eigene Rechtsgrundlage, mit der Treffen in privaten Wohnungen verboten werden können, aber die Ausgangsbeschränkungen alleine untersagen eigentlich den Weg zu privaten Feiern. Das Osterfest, so Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) im Interview, sollte nur mit jenen gefeiert werden, die im eigenen Haushalt leben.

noe.ORF.at: Seit fast vier Wochen gelten die Ausgangsbeschränkungen. Welche Bilanz ziehen Sie angesichts des bevorstehenden Osterfestes?

Johanna Mikl-Leitner: Österreich hat rechtzeitig damit begonnen, ganz strikte Maßnahmen zu setzen. Und auch wenn diese Entscheidungen für uns alle hart waren, aber wir alle wissen, sie waren wichtig und vor allem auch richtig. Das erkennen wir vor allem, wenn wir uns in der Welt umschauen. Schauen wir nach Italien, nach Spanien oder nach Frankreich, wo die Intensivstationen heillos überfüllt sind, wo vor allem Ärzte darüber entscheiden müssen, ob jemand ein Beatmungsgerät bekommt oder nicht. Dort ist das Militär im Einsatz, um Leichen von einer Region in die andere zu transportieren, weil die Friedhöfe überlastet sind. Und einen derartigen Kollaps müssen wir bei uns verhindern. Deswegen müssen wir auch weiterhin alles tun, damit so wenige Menschen wie möglich gleichzeitig infiziert sind und gleichzeitig erkranken. Wir müssen weiterhin unser Gesundheitssystem aufrechterhalten, damit es auch weiterhin gelingt, ganz viele Menschenleben zu retten.

noe.ORF.at: Apropos Gesundheitssystem: Wie hat sich denn das bei uns in Niederösterreich in den vergangenen Wochen bewährt – Stichwort Spitäler, Stichwort Notfallbetten?

Mikl-Leitner: Das österreichische Gesundheitssystem hat sich wahrlich bewährt. Wir haben eines der besten Gesundheitssysteme weltweit. Wir in Niederösterreich haben darüber hinaus auch noch den Vorteil, dass bei uns als einzige Region alle Kliniken und Pflegeheime unter einem Dach vereint sind in der Landesgesundheitsagentur. Das heißt alle Kliniken und Pflegeheime werden unter einem Dach gesteuert und das bringt gerade jetzt in dieser Krisensituation sehr viele Vorteile mit sich. Die Entscheidung zur Gesundheitsagentur war eine richtige und wichtige.

Landeshauptfrau Mikl-Leitner und Moderator Thomas Birgfellner
ORF
Johanna Mikl-Leitner Freitagabend per Videozuschaltung im „NÖ heute“-Interview mit Moderator Thomas Birgfellner

noe.ORF.at: Nach Ostern werden die Maßnahmen gelockert, einige Geschäfte dürfen aufsperren. Welche Risiken bringt das? Was sollten wir da bedenken?

Mikl-Leitner: Österreich hat früher reagiert als andere Staaten. Auch die Österreicherinnen und Österreicher waren es, die sich sehr diszipliniert und verantwortungsbewusst an alle diese Maßnahmen gehalten haben. So können wir jetzt ganz sanft in Richtung Lockerung gehen. Aber es ist klar, sobald es zu einem Anstieg der Zahlen kommt, müssen die Maßnahmen auch wieder strenger gefasst werden.

Daher gilt es hier an alle einen Appell zu richten, weiterhin achtsam zu sein. Das gilt für die Risikogruppen, aber auch für die Jungen. Die Jungen sind vor allem hier starke Überträger und sind gefordert im Umgang mit anderen und sie sind auch jene, die von diesem Virus betroffen sind, denn wir haben auch Junge auf unseren Intensivstationen. Daher gilt es, dass wir weiterhin aufeinander achten, dass wir sorgsam miteinander umgehen, dass wir Abstand halten. So ist es möglich, die Lockerungen in Angriff zu nehmen.

noe.ORF.at: Jetzt dürfen einige am Dienstag aufsperren, darunter Baumärkte. Andere müssen geschlossen bleiben, etwa die Gaststätten. Da gibt es in den betroffenen Branchen teilweise Unverständnis. Inwiefern ist das nachvollziehbar für Sie?

Mikl-Leitner: Für viele Betriebe tut sich am Horizont ein Silberstreif auf, aber viele müssen auch nach Ostern geschlossen bleiben. Das ist für viele existenzbedrohend. Das ist für uns eine ganz große Herausforderung. Zum einen gilt es weiterhin die Bürgerinnen und Bürger zu schützen, indem wir auf unser Gesundheitssystem achten und es nicht kollabiert. Und zum anderen ist es wichtig, die Arbeitnehmer vor einem Ruin zu schützen. Da kann jeder von uns einen Beitrag leisten – etwa, indem er Abstand hält. So ist es auch möglich, die Lockerungen in Angriff zu nehmen. Für den einen ist das früher, für den anderen später. Jetzt ist es wichtig, Disziplin zu zeigen, damit die Lockerungen Schritt für Schritt für alle umgesetzt werden können.

noe.ORF.at: Nächste Woche gehen wieder mehr zur Arbeit. Gleichzeitig bleiben die Kinder zu Hause. Wie kann man dieses Problem der Kinderbetreuung lösen?

Unsere Schulen und Landeskindergärten sind weiterhin offen. Das heißt, Eltern können hier weiterhin ihre Kinder anmelden. Es ist verständlich in so einer Krise, dass Eltern Unterstützung brauchen. Deswegen sollten sie auch nicht zögern, von diesem Angebot in der Schule und im Kindergarten Gebrauch zu machen. Unsere Schulen und unsere Kindergärten sind hier für alle gerne Unterstützung.

noe.ORF.at: In zwei Tagen ist Ostersonntag. Es sind Ostern, wie wir sie noch nie erlebt haben. Was ist da in Ihren Augen das Allerwichtigste für uns?

Sich vor Augen zu halten, dass das Virus nicht Halt macht. Auch nicht beim Osterfest. Es ist jetzt wichtig, Disziplin zu zeigen und nur im kleinsten Kreis zu feiern. Das heißt, mit jenen, mit denen man im Haushalt wohnt. Mit den weiteren Familienmitgliedern, mit den Großeltern, mit Verwandten, mit Freunden soll man in Kontakt bleiben via Telefon- oder Videoanruf. So kann man sich selbst am besten und auch andere schützen.