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Chronik

Gerichte fahren Betrieb schrittweise hoch

Ab 4. Mai nehmen die vier niederösterreichischen Landesgerichte ihren Betrieb langsam wieder auf. In den Gerichtsgebäuden gelten dann hohe Sicherheits- und Hygienestandards. Die Vorgehensweisen sind dabei unterschiedlich.

Im Landesgericht St. Pölten wird ab 4. Mai die Körpertemperatur der Besucherinnen und Besucher gemessen, die Hände müssen desinfiziert werden. Zwischen den einzelnen Verhandlungen wird es größere zeitliche Abstände geben. Diese dienen dazu, dass die Säle gelüftet und die Oberflächen gereinigt werden können. Außerdem soll dadurch gewährleistet sein, dass im Wartebereich nicht zu viele Menschen aufeinandertreffen.

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„Wir werden uns langsam herantasten“, sagt Andrea Humer, Vizepräsidentin des Landesgerichts St. Pölten

Es soll ein langsames Wiederhochfahren des Gerichtsbetriebes sein, sagte die Vizepräsidentin des St. Pöltner Landesgerichtes, Andrea Humer, im Interview mit noe.ORF.at. Man habe die letzten Wochen gut genützt, um sich auf die Zeit vorzubereiten. Humer betonte aber auch: „Man darf sich nicht vorstellen, dass wir von null auf hundert sofort mit dem gesamten Verhandlungsbetrieb wieder beginnen können. Wir werden uns langsam herantasten, und in der ersten Phase die dringenden Haftsachen verhandeln.“

Verhandlungen per Videokonferenz

Eine weitere Änderung in St. Pölten: Künftig werden manche Verhandlungen per Videokonferenz geführt. Das habe sich bereits bewährt und funktioniere dort gut, wo Prozessbeteiligte nicht unbedingt anwesend sein oder nur wenige Zeugen einvernommen werden müssen, so Humer. Auch das Landesgericht Wiener Neustadt setzt auf diese Strategie. So müssen Angeklagte, die sich in Haft befinden, nicht vor Gericht erscheinen.

Am Landesgericht Krems wird es hingegen ebenfalls größere Zeitabstände zwischen den Verhandlungen geben, um die Säle gründlich reinigen zu können. Am Landesgericht Korneuburg werden Verhandlungen mit Gewaltschutzthematik oder Prozesse, welche die wirtschaftliche Existenz einer Partei betreffen, künftig vorgereiht.

Prozessrückstau und Maskenpflicht

In allen vier Landesgerichten ist der Rückstau verschobener Verhandlungen groß. Allein in St. Pölten seien hunderte Verhandlungen nachzuholen. „Wir haben vor der Corona-Virus-Krise pro Woche rund 100 Verfahren geführt. Daher sind es etwa 700 bis 1.000 Prozesse, die wir in den sieben Wochen jetzt nicht durchführen konnten, die es jetzt nachzuholen gilt“, berichtete Andrea Humer.

Maskenpflicht Gericht
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Die Maskenpflicht gilt ebenfalls in Gerichten

Auch von der Maskenpflicht sind alle vier Landesgerichte betroffen – eine große Herausforderung, insbesondere im Gerichtssaal. „Es ist eben nicht nur das gesprochene Wort von Relevanz, sondern auch die Körpersprache, die Mimik und die Gestik. Je mehr man von einer Person aufnehmen kann, desto genauer ist diese Beweiswürdigung“, erklärte Andrea Humer.

Deshalb kommen in den Gerichtssälen auch Visiere oder Folien, die an Schutzbrillen geheftet werden, zum Einsatz. Diese lassen einen Blick auf die Mimik des Zeugen oder des Beschuldigten zu. In größeren Verhandlungssälen und dort, wo man eine Distanz von mehr als zwei Metern erreicht, könne auch auf die Maske verzichtet werden, so Humer. Diese Entscheidung obliege dem jeweiligen Verhandlungsrichter.