Coronavirus

„Es ist es nicht wert, ein Risiko einzugehen“

Mit Freitag werden die Ausgangsbeschränkungen deutlich gelockert, ab dann gibt es Bewegungsfreiheit mit bestimmten Einschränkungen. Wie soll man sich nun also verhalten? Die Ärztin Susanne Rabady rät zur Eigenverantwortung und dazu, kein unnötiges Risiko einzugehen.

noe.ORF.at: Mehrere Wochen sind wir nun alle mit dem Coronavirus konfrontiert. Hat sich bei Ihnen, den Ärztinnen und Ärzten, ein wenig Routine eingestellt?

Susanne Rabady: Wir haben eine gewisse Routine entwickelt und das ziemlich schnell. Wir haben das große Glück, dass wir in der Primären und in der Hausärztlichen Versorgung gut aufgestellt sind in Österreich, trotz einiger Widrigkeiten. Wir haben unsere Praxen umorganisiert, unsere Abläufe und wir haben gelernt, sehr viele Konsultationen über Telefon und Videokonferenzen abzuhalten. Wir haben sicher noch einiges zu lernen – da ist es zum Teil aber noch zu früh, um zu bilanzieren. Wir sind noch nicht drüber, das alles ist noch nicht vorbei. Wir müssen unsere Kräfte zusammennehmen und uns für eine zweite Welle wappnen.

noe.ORF.at: Es gibt immer wieder Stimmen, dass dieses Hochfahren zu schnell geht. Wie beurteilen Sie das?

Susanne Rabady: Wenn man das wüsste. Ich kann mich nur daran halten, was Virologen sagen, denen wir wirklich sorgsam zuhören sollten. Ich denke, dass hier jeder gefordert ist, Verantwortung zu übernehmen und gut zu überlegen, was er tun möchte und das auch in Sicherheit tun kann. Wir haben gelernt, dass man nicht mehr so nah aneinander rücken soll, dass man sich in Schlangen nicht drängeln muss, sondern auch hintereinander stehen kann. Wir haben in den Geschäften gelernt, damit umzugehen. Wir können hoffen, dass die meisten Leute auch ohne sehr strikte Regeln künftig entsprechende Vorsicht walten lassen.

Werner Fetz im Gespräch mit Susanne Rabady.
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Werner Fetz im Gespräch mit Susanne Rabady. Sie ist Vizepräsidentin der Öster­reichischen Gesellschaft für Allgemeinmedizin, Ärztin an der Karl Landsteiner Privatuniversität in Krems und Teil des Expertenstabes im Gesundheitsministerium

noe.ORF.at: Was würden Sie sagen: Treffen sind erlaubt, aber soll man sich auch treffen?

Susanne Rabady: Letztlich muss das jeder für sich entscheiden und worauf ich auf jeden Fall drängen würde: Bitte beachten Sie diese Sicherheitsregeln. Es geht um jeden Einzelnen von uns. Es können eben nicht nur ältere Menschen erkranken, es landen auch viele junge auf den Intensivstationen. Da rate ich wirklich zur Vorsicht, bei allem Verständnis für das Bedürfnis zur sozialen Nähe. Menschen, die ein erhöhtes Riskio haben und die das auch wissen, werden sicher vorsichtiger sein, vorsichtiger sein müssen. Wenn sich da jemand unsicher ist, wie viel er sich trauen kann und darf, soll derjenige mit dem Hausarzt darüber sprechen. Insgesamt denke ich, dass es nicht wert ist, ein Risiko einzugehen. Halten wir das bitte noch durch. Es wird noch eine Weile dauern, aber wenn wir alle zusammen helfen, dann kommen wir da sicher auch gut drüber.

noe.ORF.at: Wie sieht das etwa mit Besuchen bei den Großeltern aus?

Susanne Rabady: Alles was sich draußen abspielt, ist weit weniger gefährlich, deshalb sollte man sich draußen im Freien treffen. Es geht darum, dass man nicht mit der Atemluft anderer Leute in Berührung kommt. Das heißt: Halten sie den Abstand. Das ist natürlich sehr kleinen Kindern schwer zu erklären. Aber bei größeren geht das schon sehr gut. Keine Angst machen, da gibt es keinen Grund dazu. Aber man kann zu den Kindern durchaus sagen: „Pass gut auf deinen Opa und deine Oma auf und bleib ein bisserl weg von ihnen.“ In geschlossenen Räumen sollte man das eher kürzer halten und man sollte sich auch am eigenen Risiko mitorientieren.

noe.ORF.at: Wie groß ist das Risiko einer zweiten Welle?

Susanne Rabady: Da kommt die berühmte Glaskugel ins Spiel. Wir hoffen das intensiv und wir arbeiten mit aller Kraft alle gemeinsam daran, dass es keine zweite Welle gibt. Aber Tatsache ist, dass über dieses Virus nur wenig bekannt ist und wir im Grunde genommen nur gut überlegen und uns einen Schritt vor den anderen setzend bewegen können. Dann werden wir weiter sehen. Bis jetzt ist uns ja alles mit vereinten Kräften wirklich gut gelungen. Das war nicht selbstverständlich. Das war viel Bemühen und ganz viel Disziplin der Menschen.

Das Gespräch mit Susanne Rabady führte Werner Fetz, noe.ORF.at.