Lukas Huber
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Gesundheit

Schutzmasken: Hindernis für Gehörlose

Während sich viele an die Schutzmasken mittlerweile gewöhnt haben, stellen sie gehörlose Menschen vor Herausforderungen. Die Verständigung mit anderen im öffentlichen Raum wurde für Gehörlose seit der Schutzmaskenpflicht noch schwieriger.

Lukas Huber leitet den Gehörlosenverband Niederösterreich und ist selbst gehörlos. Sowohl privat als auch in seiner Funktion als Vertreter von Menschen mit Hörbeeinträchtigung ist er täglich mit den Hürden von Betroffenen konfrontiert. Speziell die Mund-Nasen-Schutzmasken machen Huber zufolge besonders vielen Betroffenen zu schaffen.

Es gibt zahlreiche scheinbar harmlose Situationen, die für gehörlose Menschen nun deutlich komplizierter wurden. „Ob beim Einkaufen, bei Amtswegen oder wenn ich von der Polizei angehalten werde: Wenn ich mit Beamten kommunizieren muss, die alle Schutzmasken tragen müssen, dann verstehe ich sie nicht – das ist das Problem“, erklärt Huber. So wie ihm geht es allein in Niederösterreich etwa 1.500 Personen, die gänzlich gehörlos sind.

Öffentlicher Raum als kommunikativer Hürdenlauf

Gesichtsausdrücke zu erkennen oder Lippen zu lesen ist durch die Masken beinahe unmöglich geworden. In vielen Situationen im Alltag ist der Erfindungsreichtum aller Beteiligten gefragt. Huber zufolge greifen Gehörlose in diesen Momenten oft zu Papier und Stift oder verständigen sich mithilfe des Smartphones und spezieller Apps.

Doch nicht für alle gehörlosen Menschen ist es ohne weiteres möglich, sich mithilfe von Schrift mitzuteilen. Wessen Muttersprache die österreichische Gebärdensprache ist, müsse die deutsche Sprache samt Schrift erst wie eine Fremdsprache lernen. Die Gebärdensprache folgt einer völlig anderen Sprachstruktur, die von der deutschen Lautsprache wesentlich abweicht. Aus diesem Grund wünschen sich Gehörlose, dass im öffentlichen Raum möglichst viele Menschen Mundschutzmasken mit Sichtfenstern oder Gesichtsvisiere tragen.

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Lukas Huber erlebt täglich die Hürden im Alltag. Beim Einkaufen verständigt er sich mithilfe seines Smartphones

Keine Gebärdensprachdolmetscher in Kliniken

Seit Ausbruch der Coronavirus-Pandemie wurde die Sorge ins Krankenhaus zu müssen bei gehörlosen Menschen noch größer. „Wenn ich ins Spital eingeliefert werden müsste, hätte ich Schwierigkeiten, mich mit dem medizinischen Personal zu verständigen. So kann es dann zu Problemen kommen“, erklärt Huber.

Nachdem das klinische Personal speziell auf Covid-Stationen derzeit Ganzkörperanzüge trägt und die Gesichter durch Schutzmasken verdeckt sind, sei die Angst bei Betroffenen groß, auf einer solchen Station behandelt werden zu müssen. Durch die erhöhten Schutzvorkehrungen und das strikte Besuchsverbot sei es auch kaum möglich, Gebärdensprachdolmetscher hinzuzuziehen.

Gebärdensprachdolmetscher stehen im niederösterreichischen Klinikalltag laut Huber aber generell kaum zur Verfügung, wenn es zu kommunikative Schwierigkeiten zwischen hörenden und gehörlosen Personen kommt. Die Kosten für Gebärdensprachdolmetscher würden nur in Einzelfällen und erst nach Prüfung des jeweiligen Haushaltseinkommens übernommen.

Nachteile bei der Informationsbeschaffung

Hürden sehen Betroffene aber nicht nur in der direkten Kommunikation mit hörenden Menschen. Auch an aktuelle Information zu kommen, sei laut Huber während der Krise für Gehörlose besonders schwierig gewesen. Während sich hörende Menschen laufend über Radio und Fernsehen über die aktuellsten Entwicklungen auf dem Laufenden halte konnten, war es für Gehörlose ab dem Zeitpunkt des Lock-downs noch viel schwieriger, sich zu informieren.

Laut Huber gäbe es mittlerweile zwar weitestgehend ein Bewusstsein dafür, wie schwer es gehörlose Menschen hätten an verlässliche Informationen zu kommen. Nichtsdestotrotz gäbe es aber nach wie ein großes Informationsdefizit auszugleichen. Betroffene wünschen sich, dass etwa Pressekonferenzen immer auch von Gebärdensprachdolmetschern übersetzt werden – ganz besonders in Krisenzeiten.