Depression: Frau mit Maske
pixabay/Engin Akyurt
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Gesundheit

Sporteln gegen die Krisendepression

Einer aktuellen Studie der Donauuniversität Krems zufolge haben psychische Probleme in der Coronakrise stark zugenommen. Laut Studienautor Christoph Pieh sind junge Erwachsene besonders betroffen. Bewegung spiele zudem eine zentrale Rolle.

Wie sehr die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auch zur Belastungsprobe werden können, zeigen die Ergebnisse einer aktuellen Studie der Donau-Universität Krems. Ihr zufolge vervielfachte sich in Österreich die Häufigkeit depressiver Symptome von etwa vier Prozent auf mehr als 20 Prozent. Eine ähnlich starke Zunahme zeigt sich bei Angstsymptomen, die sich von fünf auf 19 Prozent erhöhten. Zudem leiden aktuell rund 16 Prozent der Befragten unter einer Schlafstörung.

In der repräsentativen Studie, wo online mehr als 1.000 Menschen befragt wurden, wurden die Auswirkungen der Ausgangsbeschränkungen auf die psychische Gesundheit vier Wochen nach Beginn der Quarantäne untersucht. Woran die Zunahme konkret liegen könnte und wie Betroffene erste Alarmsignale erkennen können, darüber sprach Studienautor Christoph Pieh mit „Niederösterreich heute“-Moderator Thomas Birgfellner.

noe.ORF.at: Die Coronakrise schlägt sich bei vielen Menschen auf die Psyche. Lassen sich die Gründe dafür ausmachen? Liegt es an der Angst vor einer Erkrankung, der Sorge vor Arbeitslosigkeit oder vielleicht am ungewohnten neuen Alltag?

Christoph Pieh: Das ist individuell sicherlich ganz unterschiedlich. Was wir herausfinden konnten, ist, dass es in der Bevölkerung einzelne Gruppen gibt, die ganz unterschiedlich belastet sind unter der aktuellen Situation. Das sind zum Beispiel junge Erwachsene unter 35 Jahren, Frauen, Singles oder Menschen ohne Arbeit.

noe.ORF.at: Depressive Symptome bei 20 Prozent der Menschen, das ist doch sehr viel. Wie macht sich das bemerkbar?

Pieh: Depression ist eine Erkrankung mit sehr vielen Gesichtern, die sich unterschiedlich manifestieren können. Typischerweise beklagen Menschen, dass die weniger oder keine Freude mehr empfinden können, dass sie keine Lust mehr zu etwas haben, dass sie schlecht schlafen, sich schlecht konzentrieren können oder, dass Dinge, die ihnen früher leicht von der Hand gegangen sind, jetzt gegen einen inneren Widerstand ablaufen.

noe.ORF.at: Welche Lebensbereiche können da betroffen sein?

Pieh: Das kann ganz unterschiedliche Lebensbereiche betreffen und betrifft in der Regel auch wirklich das gesamte Leben. Wenn jemand depressiv ist, dann ist es nicht so, dass er zu Hause depressiv ist, aber in der Arbeit nicht. Das heißt, es betrifft wirklich alle Lebensbereiche – sowohl im Beruf als auch im Privatleben.

Studienautor Christoph Pieh und Thomas Birgfellner
ORF
Christoph Pieh im Gespräch mit Thomas Birgfellner

noe.ORF.at: Wie sieht es da beispielsweise mit Schlafstörungen aus? Können sie ein erstes Alarmsignal sein?

Pieh: Das ist sogar sehr häufig so. Schlafstörungen sind häufig ein Frühsignal von depressiven Störungen und der überwiegende Großteil von Depressionen geht auch mit Schlafstörungen einher.

noe.ORF.at: Gibt es Alarmsignale, auf die ich achten kann, wenn ich sie in meinem Umfeld ausmache?

Pieh: Wir sind ja alle individuell sehr unterschiedlich und man sollte dann um Hilfe bitten, wenn man bei sich selbst bemerkt, dass sich etwas verändert. Wenn mir zum Beispiel Dinge keine Freude mehr bereiten, die mir früher immer Freude gemacht haben oder, wenn ich beispielsweise eine andauernde Trauer empfinde bzw. mich nicht konzentrieren kann. Wenn solche Symptome über zwei Wochen oder länger anhalten, dann sollte man sich Hilfe suchen.

noe.ORF.at: Was kann man selbst machen, um im Alltag besser durch diese Krise zu kommen?

Pieh: Es gibt keine allgemein gültigen Rezepte. Was viele Studien aber zeigen – und auch unsere aktuelle Studie konnte das jetzt wieder belegen: Es gibt einen Zusammenhang zwischen körperlicher Bewegung und psychischer Gesundheit. Ob Laufen, Walken, Radfahren oder Tennis – die Art der Bewegung ist dabei nicht entscheidend. Jene, die Freude an einer bestimmten Art der Bewegung oder des Sports erleben und das über einen längeren Zeitraum machen, erfahren dadurch einen positiven Effekt. Man kann also sagen: Bewegung hilft.

Das Gespräch mit Christoph Pieh führte Thomas Birgfellner, noe.ORF.at