Bernhard Egger
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„Menschen im Blickpunkt“

Ein roter Stuhl als Internet-Hit

Mit seiner Interviewserie „Auf dem roten Stuhl“ hat der Musiker Bernhard Egger einen YouTube-Hit gelandet, auf mehr als fünf Millionen Klicks kann er verweisen. Diese Videos werden aber ein Hobby bleiben, denn leben kann der Waldviertler davon nicht.

Etwa 150 Gespräche zeichnete Bernhard Egger in den letzten neun Jahren auf, mit Menschen, die ihn interessieren, wie er erzählt. Darunter etwa aus der Musikbranche Christina Stürmer oder Klaus Eberhartinger, aus Film und Fernsehen zum Beispiel Ursula Strauss und Tobias Moretti, unzählige deutsche und österreichische Kabarettisten sowie Sportler wie Marcel Hirscher oder Herbert Prohaska.

Vom Bankmitarbeiter zum Profimusiker

Egger hängte 2002 seine Karriere als Mitarbeiter einer Bank an den Nagel, um sich als Musiker selbstständig zu machen. Im Nachhinein bewundere er sich selbst für seinen Mut damals. Mit zunehmendem Alter werde man nämlich immer weniger risikofreudig, das beobachte er auch an sich. Trotzdem würde er es immer wieder so machen.

Im Lauf seiner Musikerkarriere sei dem Schlagzeuger dann die Idee zu dem Video-Format gekommen: „Der Grund war, dass ich als Musiker immer unterwegs war, und sehr namhafte Musikkollegen getroffen habe, an deren Geschichten ich immer interessiert war. Erfolgsgeschichten von prominenten Menschen haben immer eine Faszination auf mich ausgeübt.“

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Als Musiker steht Bernhard Egger selbst auf der Bühne. In seinen Videos kommen Prominente ausführlich zu Wort

Die Länge der Videos ist unterschiedlich, sie reicht von 30 Minuten bis zu mehr als einer Stunde. Dass es kein Zeitlimit gibt, sei Teil seines Konzepts, auch wenn er eigentlich gar kein Konzept habe, erzählt Egger lachend. Er gehe mit wenigen Eckpunkten in ein Gespräch: „Ich habe ein paar Grundsäulen, aber alles Andere ist dem Leben überlassen, so wie in jedem anderen Gespräch. Ich gehe ja auch nicht zu meinem besten Freund und überlege mir vorher die Fragen. Wir setzen uns zusammen und schauen, was passiert. Ein Gespräch kann man nicht vorher planen, wenn es glaubwürdig sein soll.“

„Ich möchte, dass es in den Gesprächen menschelt“

Als Musiker spielte Bernhard Egger 1.700 Konzerte in 24 Ländern, mitunter auch auf Festivals vor 20.000 Menschen. Zuletzt war er zehn Jahre in Norddeutschland engagiert. Als einer, der es nicht erwarten konnte, in die Welt hinauszukommen, habe er erst dort gespürt, was wirklich ein Zuhause ist, nämlich jener Ort, in dem man geboren wurde und aufwuchs.

Für Egger seien Erlebnisse aus der Kindheit absolut „in die Festplatte eingebrannt“. Als Beispiel nennt er die Musik, die seine Eltern in Radio Niederösterreich hörten: „Das klingt jetzt vielleicht witzig, aber wenn ich heute Roger Whitthaker höre, dann fühlt sich das so an, als wenn ich in Heidenreichstein über die Ortstafel fahre.“

Fünf Millionen Mal wurden seine Videos auf YouTube angeklickt, trotzdem sei das noch nicht genug, um davon leben zu können, sagt Egger, um damit die Hoffnungen vieler Jugendlicher zu zerstreuen. Wegen des großen Erfolgs gibt es die Serie „Auf dem roten Stuhl“ mittlerweile auch auf der Bühne. Die letzten Termine wurden wegen der Coronavirus-Pandemie abgesagt, im Jänner und Februar 2021 werden sie aber in den Wiener Stadtsälen und in Hirschbach (Bezirk Gmünd) nachgeholt.

Deshalb hat Egger mit Coronavirus-Spezial-Videos weitergemacht. „Irgenwie schaffen wir es immer bei den Gesprächen, dass wir zu einem sehr persönlichen Moment kommen, wo man merkt, jetzt beginnt’s zu menscheln. Das ist es, was ich erreichen möchte. Diesen Punkt, an dem man sich gegenseitig spürt und gefunden hat.“