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Umwelt

Pilzeinsatz im Kampf gegen Engerlinge

Die Trockenheit als Folge der Klimaerwärmung hat die Zahl der Engerlinge explosionsartig ansteigen lassen. In Niederösterreich wird nun eine Methode getestet, bei der Schädlinge mit Hilfe von Pilzen bekämpft werden. Die ersten Zwischenergebnisse fallen positiv aus.

Im vergangenen Jahr fiel ein Großteil der Heuernte von Landwirt Johann Lueger den Maikäferlarven zum Opfer. Er und seine Frau betreiben in Hollenstein an der Ybbs (Bezirk Amstetten) eine Viehwirtschaft mit nunmehr 15 Rindern und damit um fünf weniger als noch vor einem Jahr.

Durch die massiven Schäden an seinen Grünflächen musste Lueger seinen Betrieb um ein Viertel reduzieren. Trotz der Verkleinerung reichten seine Heubestände nicht aus, er musste Futtermittel zukaufen – ein doppelter Verlust also, der auf das Konto der gefräßigen Maikäferlarven geht. „Der Ausfall an Grünlandertrag war im letzten Jahr auf jeden Fall bis zu 50 Prozent, das kann man schon sagen“, so Lueger.

Große Teile der Wiesen musste der Landwirt neu angelegen. Durch die phasenweise extreme Trockenheit wuchs der neue Bestand aber nur zaghaft an. „Wir sind nach wie vor auf einem niedrigen Niveau unterwegs“, erzählt er. In der Hoffnung, den Engerlingen beizukommen, entschloss er sich, Pilzgerste zu testen – ein teures und aufwendiges Verfahren, das bereits in anderen Teilen Österreichs zur Anwendung kommt. Dabei werden mit speziellen Pilzen versehene Gerstenkörner in die Grünbestände eingesetzt. Dort sollen die auch natürlich im Boden vorkommenden Pilzsporen den Maikäferlarven zu Leibe rücken.

Langwieriges aber nachhaltiges Verfahren

Bis dieses Verfahren Wirkung zeigen kann, braucht es allerdings Zeit. Schnelle Mittel gegen Engerlinge gebe es nicht, sagt Martina Löffler, Grünlandexpertin der Landwirtschaftskammer Niederösterreich. „Man darf sich das nicht so vorstellen, dass man ein Mittel aufbringt und der Schädling damit abstirbt. Stattdessen versucht man, dass sich wieder mehr Pilzsporen im Boden bilden und über die Jahre die Engerlingpopulation langsam abgebaut wird.“

Dass in Hollenstein an der Ybbs heuer eindeutig ein Flugjahr der Maikäfer zu beobachten ist und viele ausgewachsene Tiere aus den Böden gekrochen sind, um in die Bäume zu schwirren, bedeute nicht, dass die Methode nicht gegriffen habe, so die Expertin: „Es ist durchaus möglich, dass die Käfer, die heuer fliegen, äußerlich unversehrt sind aber den Pilz schon in sich tragen. Wenn das Maikäferweibchen bei der Eiablage geschwächt ist, kann der Pilz bei den Eiern durchschlagen und zu einer Verpilzung führen.“

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Engerlinge
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Sobald die Population überhand nimmt, lassen sich betroffene Wiesenstücke wie Rollrasen entfernen
Engerling
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Die Ausbreitung der Engerlinge hat zu enormen Ernteausfällen geführt
Engerling
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Engerlinge haben einen mehrjährigen Lebenszyklus und fressen von Monat zu Monat mehr
Maikäfer
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Aus den Engerlingen schlüpfen die ausgewachsenen Maikäfer

Trockenheit gefährdet die neue Methode

Ob die Pilzgerste also wirkt, wird sich erst in den nächsten Monaten bis Jahren herausstellen. Der Lebenszyklus eines Maikäfers umfasst Löffler zufolge drei Jahre. In jedem Fall kommen der Arbeit der Bodenpilze die Regenfällen der letzten Wochen zugute. Im Gegensatz zu den Maikäferlarven, die zu den Profiteuren der zunehmenden Trockenheit zählen, brauchen es Pilze feucht, um sich vermehren zu können. Wenn sie aber wirken, dann für mehrere Jahre, sagt Löffler.

Begleitet wird das Projekt von der Landwirtschaftskammer Niederösterreich. Insgesamt 30 Hektar Grünland von Landwirten aus unterschiedlichen Regionen werden derzeit mit der Pilzgerste getestet. Noch ist man mit der Interpretation der ersten Ergebnisse vorsichtig. Trotzdem würden die ersten Resultate durchaus positiv stimmen, sagt Manfred Weinhappel, Pflanzenproduktionsleiter der Landwirtschaftskammer Niederösterreich. „Der Gesamtblick ist hier durchaus positiv. Das gilt es jetzt aber abzuwägen und zu evaluieren, welche Erfolge auf die heuer besseren Witterungsbedingungen zurückzuführen sind und was der Behandlung geschuldet ist.“

Einsatz nicht nur gegen Maikäfer vorstellbar

In den nächsten Monaten und Jahren wird das Projekt von der Landwirtschaftskammer evaluiert. Je nach Erfolg erhofft man sich, den Landwirten in Niederösterreich in absehbarer Zeit Handlungsempfehlungen im Kampf gegen den Maikäfer geben zu können. Allerdings, so Weinhappel, sei Niederösterreich sowohl geografisch als auch klimatisch mit sehr unterschiedlichen Gegebenheiten konfrontiert. Selbst wenn die Pilzgerste in den Testregionen erfolgsversprechend wirkt, könne es sein, dass sie in anderen Gegenden nicht oder nur schwer zum Einsatz kommen kann. „In Tirol beispielsweise wird die Pilzgerste schon seit Jahren eingesetzt – mit durchaus mit zufriedenstellenden Ergebnissen“, so Weinhappel.

Geprüft wird auf den Testflächen in Niederösterreich Weinhappel zufolge nicht ausschließlich die Anwendbarkeit gegen Maikäfer. Wenn sich die Methode bewährt, könnten auch andere Schädlinge wie zum Beispiel der Junikäfer damit bekämpft werden. „Hier gehen wir Schritt für Schritt vor. Vorstellbar ist es aber in jedem Fall, dass auch die Engerlingbekämpfung von anderen Schadinsekten mit diesem Pilz funktionieren könnte.“