Der Leiter des Landeskriminalamtes Niederösterreich Omar Haijawi-Pirchner, Innenminister Karl Nehammer und der stellvertretende Landespolizeidirektor Franz Popp bei der Pressekonferenz
APA/HELMUT FOHRINGER
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Chronik

Zwei professionelle Banden ausgeforscht

Die Polizei hat gleich zwei große Diebstahlserien in Niederösterreich geklärt. In beiden Fällen konnte eine polnische Bande ausgeforscht werden. Während es die eine auf dutzende Audis abgesehen hatte, waren es bei der anderen Bauernhöfe im Wald- und Weinviertel.

Insgesamt 26 Autos der Marke Audi wurden zwischen September 2019 und Jänner 2020 in Niederösterreich gestohlen. Für alle diese Diebstähle in den Bezirken Amstetten, Hollabrunn, Korneuburg, Mistelbach, Bruck an der Leitha, Mödling, Wiener Neustadt, Neunkirchen und Baden soll eine polnische Tätergruppe verantwortlich sein. In fünf weiteren Fällen blieb es bei einem versuchten Diebstahl, berichteten der stellvertretende Landespolizeidirektor für Niederösterreich, Franz Popp, und der Leiter des Landeskriminalamtes, Omar Haijawi-Pirchner, bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) am Freitag in St. Pölten.

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Gestohlener Audi
LPD NÖ
Insgesamt 26 Audis soll die Bande in Niederösterreich gestohlen haben
Gestohlener Audi
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In fünf Fällen blieb es laut Polizei bei dem Versuch
Gestohlener Audi
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Zehn Fahrzeuge konnten sichergestellt werden
Gestohlener Audi
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Die Ermittlungen waren laut Polizei äußerst schwierig
Gestohlener Audi
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Um die Autos zu öffnen, sollen die mutmaßlichen Täter sogenannte Funkstrecken-Verlängerer verwendet haben

„Komplexe Fälle“ und schwierige Ermittlungen

Begonnen hatte die Diebstahlserie laut Polizei im September 2019 im Bezirk Hollabrunn, wobei bereits eine Woche später ein erster polnischer Staatsangehöriger bei der versuchten Verbringung eines Autos nach Polen in Tschechien festgenommen werden konnte. Die Ermittlungen gestalteten sich als schwierig, so Haijawi-Pirchner – unter anderem deshalb, weil die Täter nur für die Diebstähle nach Österreich gekommen seien und die Diebstähle von den Opfern meist erst sehr später bemerkt wurden. Das habe sich negativ auf die Fahndungen ausgewirkt.

Darüber hinaus habe sich die Bande sogenannter Funkstrecken-Verlängerer bedient. Mit diesen Geräten könne die Elektronik von Fahrzeugen überlistet werden, die mit Keyless-Go-Systemen ausgestattet sind. Die Diebstähle würden „schnell und unkompliziert“ erfolgen, so der Leiter des Landeskriminalamtes. Er wies außerdem darauf hin, dass die Beschuldigten über Messenger-Dienste und Internet-Telefonie kommuniziert hätten. Das sei für die Polizei nicht zu überwachen, weil es dafür keine rechtliche Möglichkeit in der Strafprozessordnung gebe.

Der Leiter des Landeskriminalamtes Niederösterreich Omar Haijawi-Pirchner bei der Pressekonferenz
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Der Leiter des Landeskriminalamtes, Omar Haijawi-Pirchner, berichtete von schwierigen Ermittlungen im Falle der Autoschieberbande

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) sprach bei der Pressekonferenz von „komplexen Fällen“. Er strich ebenso wie der stellvertretende Landespolizeidirektor Franz Popp die internationalen Ermittlungen heraus, die zur Klärung der Diebstähle geführt hätten. Popp bedankte sich darüber hinaus für die Zusammenarbeit mit den Staatsanwaltschaften in Niederösterreich.

81 vollendete und versuchte Einbrüche auf Bauernhöfen

Im Falle der Autoschieberbande konnten schlussendlich neun Mitglieder der laut Polizei insgesamt zwölfköpfigen Bande festgenommen werden, in einem anderen Fall kam es zu drei Festnahmen: Eine ebenfalls polnische Tätergruppe soll für 59 vollendete und 22 versuchte Einbruchsdiebstähle in landwirtschaftliche Liegenschaften im Wald- und Weinviertel verantwortlich sein. Die Bande soll es über Monate hinweg auf Bauernhöfe in den Bezirken Waidhofen an der Thaya, Horn, Zwettl und Mistelbach abgesehen gehabt haben. Der dabei angerichtete Schaden wurde am Freitag mit 400.000 Euro beziffert.

Gestohlen wurden laut Haijawi-Pirchner vor allem Elektrowerkzeuge, aber auch TV-Geräte oder Waschmaschinen. „Die Tätergruppe hörte nicht auf zu stehlen, bevor der Kastenwagen nicht voll war“, so der Leiter des Landeskriminalamtes. Die Beschuldigten wurden drei Tage vor Weihnachten 2019 in Waidhofen an der Thaya angehalten. Sie waren den Ermittlern zufolge teilweise geständig. Gerade diese Fälle hätten die Menschen in ihrem unmittelbaren Lebensbereich betroffen, führte Innenminister Nehammer aus, weswegen es wichtig gewesen sei, dass das Landeskriminalamt rasch und entschlossen gehandelt hatte: „Wenn das subjektive Sicherheitsgefühl zu leiden beginnt, dann kommt es zu einer Destabilisierung der Gesellschaft, und genau das gilt es zu vermeiden.“

Innenminister Karl Nehammer und der stellvertretende Landespolizeidirektor Franz Popp bei der Pressekonferenz
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Innenminister Karl Nehammer (l.) zeigte sich zuversichtlich, Franz Popp (r.) „zeitnah“ zum neuen Landespolizeidirektor für Niederösterreich ernennen zu können

Rückgang der Kriminalität in Coronavirus-Krise

Thema der Pressekonferenz war auch die Entwicklung der Kriminalität während der Coronavirus-Krise. Diese habe in ihrer „Hochphase“ einen deutlichen Rückgang der Kriminalität in Niederösterreich zur Folge gehabt, führte der stellvertretende Landespolizeidirektor Franz Popp aus und sprach von „minus 18 Prozent bei den gerichtlich strafbaren Handlungen“. In manchen Bereichen gebe es sogar Rückgänge von 30 bis 40 Prozent. Steigerungen seien freilich bei der Cyberkriminalität zu verzeichnen, so Popp. Letztlich werde 2020 „mit anderen Jahren nicht zu vergleichen sein“, fügte er hinzu.

Popp soll demnächst offiziell zum Landespolizeidirektor für Niederösterreich ernannt werden. Er war bereits vor einem Monat von einer Bestellungskommission als „im höchsten Maße geeignet“ für diese Stelle beurteilt werden. Auf Nachfrage, wann es soweit sein werde, sagte Nehammer am Freitag, dass der Akt beim zuständigen Beamtenminister Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) liege. Er zeigte sich zuversichtlich, „zeitnah“ das Dekret übergeben zu können.