Antikörper-Studie in Reichenau
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Chronik

Großer Andrang bei Antikörperstudien

In Reichenau an der Rax (Bezirk Neunkirchen) und in Weißenkirchen in der Wachau (Bezirk Krems) werden dieses Wochenende Hunderte Menschen auf Coronavirus-Antikörper getestet. Der Andrang war in beiden Orten groß. Die Studien sollen wichtige Erkenntnisse über das Virus liefern.

Fast 3.000 Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher sind seit Beginn der Pandemie positiv auf das Coronavirus getestet worden. Allerdings: Die Zahl der tatsächlich Erkrankten könnte höher sein, denn nicht jeder, der mit dem Virus infiziert ist, zeigt auch Symptome. Während zu Beginn der Pandemie vor allem Menschen mit spezifischen Symptomen oder Reiserückkehrer aus Risikoländern getestet wurden, ging man in den vergangenen Wochen auch zu Flächen-Screenings über. So wurden etwa bei Fällen in Betrieben alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter getestet. Ganz neue Erkenntnisse könnten nun zwei groß angelegte Antikörperstudien liefern, die dieses Wochenende in Reichenau an der Rax und in Weißenkirchen in der Wachau durchgeführt werden.

Studien soll Aufschluss über Durchseuchungsrate geben

Die Studie in Weißenkirchen wird von der Danube Private University (DPU) Krems gemeinsam mit dem Roten Kreuz und der Gemeinde Weißenkirchen durchgeführt, jene in Reichenau an der Rax im Auftrag des Landes. Das Ziel ist in beiden Fällen das gleiche: Die Studien sollen Aufschluss darüber geben, wie hoch die Dunkelziffer der Erkrankten ist. „Das Ziel dieser Tests ist es, die weltweite Forschung zu unterstützen und die Durchseuchungsrate in der Bevölkerung festzustellen", hob Gesundheitslandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) bei einer Pressekonferenz am Samstag in Reichenau hervor. Diese Erkenntnisse seien wichtig für die Zukunft und den Kampf gegen das Coronavirus.

Der Andrang war in beiden Orten groß. In Weißenkirchen nahmen am Samstag mehr als 900 Freiwillige an der Studie teil. „Das interessiert sehr viele bei uns im Ort“, erzählte der Weißenkirchner Bürgermeister Christian Geppner (ÖVP) im Gespräch mit noe.ORF.at: „Von einer Reisegruppe, die im Februar in Israel war, sind einige an Covid-19 erkrankt, andere offiziell nicht. Jetzt wollen wir wissen, ob nicht vielleicht doch deutlich mehr Menschen krank waren und Antikörper gebildet haben.“ „Schließlich war ich ja mit den erkrankten Mitreisenden tagelang gemeinsam unterwegs“, berichtete Andrea Unger, eine der Teilnehmerinnen der Israelreise.

In der Sporthalle in Weißenkirchen wurde den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Studie am Samstag gleich zwei Mal Blut abgenommen: Aus einer Vene ein ganzes Reagenzröhrchen voll und zusätzlich für einen Schnelltest ein paar Tropfen von einer Fingerkuppe. „Der Schnelltest ist ein besonderes Service für die Teilnehmer der Studie", erklärte DPU-Direktor Robert Wagner, „damit können wir ihnen schon nach wenigen Minuten sagen, ob bei ihnen Antikörper gefunden worden sind. Unsere eigenen Analysen stützen wir dann aber auf den Labortest mit dem Blut aus dem Reagenzröhrchen.“

Pressekonferenz zum Start der Antikörper-Studie in Reichenau
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Landessanitätsdirektorin Irmgard Lechner, Gesundheitslandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig und Johann Döller, Bürgermeister von Reichenau, informierten über den Start der Antikörper-Studie in Reichenau an der Rax

Mit 17 offiziell Erkrankten waren mehr als ein Prozent der 1.400 Einwohner der Gemeinde Weißenkirchen nachweislich vom Coronavirus betroffen. Auch in Reichenau an der Rax gab es vergleichsweise viele Fälle. Der Höchststand waren 70 Erkrankungen Ende März. Bürgermeister Johann Döller (ÖVP) war einer von ihnen. „Ich war positiv getestet und habe ganz, ganz wenige Symptome gehabt“, berichtete er und zog auch Bilanz: Seine Gemeinde habe die Krise gut gemeistert, das sogenannte Contact Tracing habe gut funktioniert. „Wenn ich nicht getestet worden wäre und man mich in Quarantäne geschickt hätte, wäre ich wahrscheinlich arbeiten gegangen und hätte viele angesteckt.“

Überraschend viele Getestete mit Antikörpern

Statistisch aussagekräftige Daten gab es am Samstag in beiden Orten noch nicht. Bei einigen Studienteilnehmern, die von keiner Erkrankung wussten, seien Antikörper angezeigt worden, berichteten Mitarbeiter des Roten Kreuzes in Weißenkirchen. Und in Reichenau berichtete Landessanitätsdirektorin Irmgard Lechner von einem „überraschend hohen Prozentsatz an Leuten, die Antikörper haben“. Genaue Zahlen nannte sie nicht. Die endgültigen Ergebnisse werden erst in ein paar Wochen vorliegen.

Doch selbst wenn bei einem Antikörper festgestellt werden, bedeute das nicht automatisch, dass man zu 100 Prozent immun sei, wird betont. „Es gibt einfach noch viel zu wenig Erkenntnisse über die Immunität“, so Lechner, „Wir können sagen, es sind Antikörper da, es war ein Kontakt da und es wird wahrscheinlich eine Immunität geben, aber wir wissen nicht wie lange und wie groß die ist." Auch deshalb appellierte Königsberger-Ludwig am Samstag erneut: „Wir befinden uns noch immer in einer Pandemie. Es ist noch nicht zu Ende.“

Wachau: Auch CoV-Tests im Tourismus gehen weiter

In der Wachau werden deshalb derzeit nicht nur Antikörpertests durchgeführt, sondern seit etwa zwei Wochen auch in 76 freiwillig teilnehmenden Hotels und Pensionen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Rezeptionen sowie Kellnerinnen und Kellner regelmäßig auf akute Erkrankungen getestet. Das Ergebnis war bis jetzt erfreulich: Bei den ersten 400 Tests gab es „keinen einzigen Coronafall“, zog Mario Pulker, Obmann des Fachverbands Gastronomie in der Wirtschaftskammer, am Samstag Bilanz. Bei den 322 folgenden Tests kommende Woche hofft er auf dasselbe Ergebnis. Die Tests in den Tourismusbetrieben werden jedenfalls kontinuierlich den ganzen Sommer fortgesetzt. Man erhofft sich dadurch einen Werbevorteil, der international wirken soll: Die Wachau als gut getestete Corona-freie-Urlaubsregion.