Wirtschaft

Baustart für größte PV-Anlage Österreichs

Die Energiekonzerne Verbund (Strom) und OMV (Öl und Gas) errichten im Weinviertel die größte Photovoltaikanlage Österreichs. Sie soll ein Zehntel des Stromverbrauchs der OMV Austria decken und als Pilotprojekt für weitere solche PV-Anlagen auch im Ausland dienen.

Die zehn Millionen Euro teure Anlage nordöstlich von Wien im Gemeindegebiet von Schönkirchen-Reyersdorf (Bezirk Gänserndorf) wird von den beiden Unternehmen ohne Förderung von Land oder Bund je zur Hälfte finanziert, die Lebensdauer soll gut 40 Jahre betragen. Eine weitere Anlage wird für das Deponiegelände Mühlberg bei Altlichtenwarth (Bezirk Mistelbach) im nördlichen Weinviertel erwogen. Im Ausland kämen etwa Rumänien, Norwegen und Neuseeland infrage, hieß es anlässlich des Baustarts der Pilotanlage vor Journalisten.

Bereits Ende 2020 soll die erste Bauphase für die PV-Pilotanlage abgeschlossen sein. Bis dahin sollen auf einer 13,3 Hektar großen OMV-Fläche die ersten 34.600 PV-Module aufgestellt werden, weitere 10.400 sollen bis Ende 2021 folgen. Ab Ende des Jahres soll die Anlage aufs Jahr gerechnet 10,96 Gigawattstunden Solarstrom erzeugen, was etwa dem Verbrauch von 3.400 Haushalten entspricht und umgerechnet rund 8.000 Tonnen CO2 spart. Ab dem Endausbau zwölf Monate später sollen dann 14,25 GWh erzeugt (4.400 Haushalte) und 2.400 Tonnen CO2 zusätzlich eingespart werden können.

Präsentation der größten Photovoltaik-Anlage Österreichs, die im Weinviertel errichtet wird
APA/Helmut Fohringer
Der offizielle Baustart für die größte PV-Anlage Österreichs mit Vertretern der beiden Energiekonzerne, Ministerin Elisabeth Köstinger (3. v. l.) und Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf (2. v. r.) fand am Mittwoch statt

Die Kooperation mit dem Verbund reiche weit über Photovoltaik hinaus und gehe auch in Richtung Wasserstoff, sagte OMV-Generaldirektor Rainer Seele: „Da werden wir uns mehrere Projekte ansehen.“ Als Beispiel verwies er auf die Ende Juni bekanntgegebene Zusammenarbeit von OMV, Verbund, dem Chemiekonzern Borealis und dem Zementriesen Lafarge für eine Anlage zur Abscheidung und Nutzung von Kohlendioxid (CO2) im großindustriellen Maßstab, die bis 2030 errichtet werden soll. CO2 solle eingefangen und als wichtiger Rohstoff genutzt werden, etwa für Methanol, sagte Seele.

Neue Technologien zur Wasserstofferzeugung gesucht

„Wir werden auch bei neuen Technologien zur Wasserstofferzeugung mit dem Verbund zusammenarbeiten“, kündigte der OMV-Chef an. Der Verbund erzeuge und liefere den grünen Strom, und die OMV arbeite an entsprechenden chemischen Verfahren „sehr erfolgreich“. Seele spannte den Bogen hin zu Recycling, der „Vorbereitung auf eine Kreislaufwirtschaft“, die man „als Zukunftsmodell im Kopf“ habe. Der heutige Spatenstich zugunsten des Ausbaus von erneuerbarer Energie sei der „Anfang einer größeren und längeren Geschichte“, meinte Seele. Die OMV wolle künftig Öl und Gas „weniger verbrennen, mehr veredeln“ und ihre CO2-Emissionen senken, betonte der Konzernchef einmal mehr.

Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber rechnete vor, dass rund 1.800 solcher Anlagen wie in Schönkirchen-Reyersdorf nötig seien, um das Ziel, in rund einem Jahrzehnt den gesamten heimischen Stromverbrauch übers Jahr gerechnet zur Gänze aus erneuerbaren Energieträgern zu decken. Daher seien Kooperationen mit Bürgern, Gemeinden und Industrieunternehmen nötig.

Präsentation der größten Photovoltaik-Anlage Österreichs, die im Weinviertel errichtet wird
APA/Helmut Fohringer
Bis Ende 2020 sollen die ersten 34.600 PV-Module aufgestellt werden, bis Ende 2021 sollen weitere 10.400 folgen

Kritik von Greenpeace

Verbund-Vizechef Michael Strugl, der ab Jahresende Anzengruber als CEO im Stromkonzern nachfolgen wird, verwies darauf, dass es schon eine ganze Reihe von Projekten mit der OMV gebe – und dass auch diese PV-Pilotanlage in Niederösterreich kein „Greenwashing“ sei. Das hatte nämlich Greenpeace schon vorab kritisiert. Die Anlage werde „missbraucht, um noch mehr klimaschädliches Öl und Gas zu produzieren“, hieß es seitens der Umweltorganisation. Und an Ort und Stelle begleitet wurde die Presseveranstaltung von einer Protestaktion von Tierschützern gegen Tiertransporte und nicht artgerechte Tierhaltung.

Die auch für Bergbau zuständige Agrar- und Regionenministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) plädierte für den Ausbau der dezentralen Energieerzeugung, aber auch für ein Mehr an Speichertechnologien, da in der Stromerzeugung die Wasserführung schwanke und Wind nicht immer zur Verfügung stehe.

Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP) machte sich für ein Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) „mit Hausverstand und Weitblick“ stark und meinte: „Mir geht das alles zu langsam.“ Und es gehe auch nicht an, „fünf Terawattstunden bei der Wasserkraft reinzuschreiben und dann Hürden aufzubauen, das ist schlecht. Wer A sagt, muss auch B sagen.“ Noch im Juli soll ein Entwurf des Umwelt- und Energieministeriums von Leonore Gewessler (Grüne) fertig sein, gelten soll das EAG spätestens Anfang 2021.