Xperiment Melk Hofmannsthal
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Kultur

Entstaubter Hofmannsthal fesselte Melk

Mit einer „entstaubten“ Neufassung von Hofmannsthals Mysterienspiel „Das Salzburger große Welttheater“ haben die Sommerspiele Melk ihre „Xperiment“-Reihe gestartet: die erste von sechs Kurzproduktionen, die nur an zwei Abenden zu sehen sind.

Hugo von Hofmannsthals Schauspiel, von Max Reinhardt 1922 in Salzburg uraufgeführt, war 1961 die erste Premiere der Sommerspiele Melk, damals in der Inszenierung der Reinhardt-Witwe Helene Thimig. „Das Salzburger große Welttheater“ versammelt auf der Bühne einen König, einen reichen Bürger, einen Bauern und einen Bettler, sowie allegorische Figuren „Schönheit“ und die „Klugheit“.

Mit dem von katholischem Moralismus durchtränkten Original hat Regisseur und Intendant Alexander Hauer wenig am Hut, und so wurde die Figur von Gott gestrichen. Er destilliert das sozialkritische Element aus der allegorie-reichen Geschichte und rückt autokratisches Gehabe und die Spannung zwischen Reichtum und Armut in den Vordergrund.

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Der König, die „Schönheit“ und der Bauer als Bettler

„Die Herausforderung bei diesem Mysterienspiel ist, dass es oft sehr mit dem erhobenen Zeigefinger fuchtelt, sehr moralisch wirkt und fast schon wie eine kirchliche Indoktrination klingt. Wir haben das alles weggestrichen und plötzlich entrollt sich ein Stück mit einem spannenden sozialpolitischen Thema, das man mit Humor aufarbeiten kann, aber auch schöner Sprache, die auch berühren kann“, sagte Hauer nach der Premiere am Freitag gegenüber noe.ORF.at.

Weitere Termine und Stücke:

  • 17./18. Juli: Aristophanes’ „Die Frauen-Volksversammlung“
  • 24./25. Juli: Alfred Jarrys „König Ubu“
  • 31. Juli/1. August: „Roll over Nestroy“
  • 7./8. August: Jura Soyfers „Der Weltuntergang“
  • 14./15. August: „Simply die Pest“

Phasenweise Leichtigkeit

Der Trick von Hauer, den er sich selbst auferlegt hat, war, dass er das Stück mit nur vier Schauspielern auf die Bühne gestellt hat. Ob König, stolzer und habgieriger Bauer oder reicher Bürger, sie alle müssen einmal im Stück in die Rolle des Bettlers oder des aufbegehrenden Untertans schlüpfen. Damit zeigt sich, wie schnell man oben oder unten ist und wie die Perspektive Gedanken und Weltsicht prägt. Am Ende müssen alle – im typisch Hofmannsthalschen Stil – abtreten, also sterben. Hofmannsthal als auch die Inszenierung in Melk zeigen, wie klein jeder wird, angesichts des Todes.

Das klingt nach schwergewichtigem Memento mori, ist es letztlich auch, aber durch die Reduktion auf eine knappe Stunde, durch das Spielerische in der Darstellung und die inhaltliche Entschlackung, entsteht zumindest passagenweise jene von Hauer intendierte Leichtigkeit, in der trotz aller tragischen Implikationen eine Art von Schweben einsetzt. Dann entwickeln sich jene besonderen Momente, in denen die Poesie des Theaters spürbar wird. Zumal wenn – wie bei der Premiere – ein nahendes Gewitter für zusätzliche Dramatik sorgt.

Neue Bühne , neues Konzept und neue Sitzordnung

Außergewöhnlich und ungewohnt ist auch das Setting im Theaterzelt: Keine Tribüne, die Bühne (in diesem Fall) ein Laufsteg in der Mitte, der Publikumsraum zweigeteilt, 250 Sitzplätze statt der üblichen 560. Kein Premierenempfang. Dennoch wirkt die Atmosphäre nicht verarmt, sondern spannend, hat man doch in Melk eine nicht geringe Herausforderung als veritable Chance angenommen. Nur wer wagt, gewinnt. In der Reduktion der Mittel liegt der Reiz der Produktion in Melk.

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Der König als zorniger Gelbwestenträger

Sechs Kurzproduktionen (mit einer Stunde Spieldauer ohne Pause) an sechs Wochenenden, jedes Mal wird die Bühne, die nur aus Podesten besteht, wo anders aufgebaut, jedes Mal ein anderes Regieteam. Die Schauspieler haben fünf Tage Zeit, den Text zu lernen und als schlüssiges Stück Theater umzusetzen, so lautet das spannende Konzept des „Xperimentes“.