Omar Haijawi-Pirchner
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„Ganz persönlich“

Internetkriminalität als Herausforderung

Seit drei Jahren ist Omar Haijawi-Pirchner Leiter des Landeskriminalamtes. Wie er die Auswirkungen der CoV-Krise auf die Kriminalität sieht und welchen Herausforderungen sich die Kriminalisten künftig stellen müssen, erklärt er im Gespräch mit noe.ORF.at.

noe.ORF.at: Herr Haijawi-Pirchner, Sie sind Jahrgang 1980, im Waldviertel geboren und aufgewachsen. Ihre Mutter ist Waldviertlerin, Ihr Vater ist aus Jordanien geflüchtet.

Omar Haijawi-Pirchner: Mein Vater ist in Jordanien aufgewachsen und geflüchtet, er hat in Österreich Medizin studiert und sich dann im Waldviertel niedergelassen. Es war ein Klassiker: Meine Mutter war Krankenschwester, sie haben sich kennengelernt und dann geheiratet.

noe.ORF.at: Sie sind in Gmünd zur Schule gegangen, haben 1998 am Bundesrealgymnasium der Bezirkshauptstadt maturiert. Haben Sie da Ausländerfeindlichkeit gespürt?

Haijawi-Pirchner: Natürlich hat es die eine oder andere Bemerkung gegeben, aber ich denke, das ist unter Kindern und Jugendlichen ganz normal und nicht weiter erwähnenswert.

Omar Haijawi-Pirchner und Robert Friess
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Robert Friess (l.) im Gespräch mit dem Leiter des Landeskriminalamtes, Omar Haijawi-Pirchner

noe.ORF.at: Als Sie im Juli 2017 Leiter des Landeskriminalamtes geworden sind, hat es allerdings in Sozialen Netzwerken Anfeindungen gegeben. Tut das nicht weh?

Haijawi-Pirchner: Ja, es hat diese Anfeindungen gegeben, und nein, es tut nicht weh. Ich bin in Österreich geboren und aufgewachsen, ich fühle mich zu 100 Prozent als echter Österreicher, allein deswegen tut das nicht weh.

noe.ORF.at: Es war für Sie schon in früher Jugend klar, dass Sie Kriminalbeamter werden wollen. Was waren die Gründe dafür?

Haijawi-Pirchner: Ich hatte schon als Kind einen sehr ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Nach der Matura hat sich bei mir die Frage gestellt, entweder studieren oder gleich zur Gendarmerie zu gehen. Es ist dann Zweiteres geworden, und ich bereue es keine Sekunde!

noe.ORF.at: Was fasziniert Sie, Fälle zu lösen? Will man dem Bösen auf die Spur kommen?

Haijawi-Pirchner: Einerseits steht hinter einem Kriminalfall viel Tragik, man sieht natürlich auch die Rolle der Opfer dahinter, andererseits entsteht auch ein gewisser Instinkt, alles zu tun, um den Täter auszuforschen und ihn schließlich festzunehmen.

noe.ORF.at: Die Coronavirus-Krise hat auch in der Polizeiarbeit einiges verändert, so ist zum Beispiel die Zahl der Straftaten stark zurückgegangen. Verspürt man da jetzt schon eine leichte Tendenz nach oben, wo die Normalisierung sich immer mehr durchsetzt?

Haijawi-Pirchner: Natürlich, man merkt ja auch auf den Straßen, dass der Alltag allmählich wieder zurückkehrt. Das spüren wir natürlich auch bei der Kriminalität. Alle Zahlen in der Statistik gehen langsam wieder nach oben, aber wir sind bei Weitem nicht auf dem Niveau vor der Coronavirus-Krise, in keinem Bereich.

Omar Haijawi-Pirchner
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Omar Haijawi-Pirchner

noe.ORF.at: Man hat vor allem in der Zeit des Lock-Down befürchtet, dass es öfter zu Konflikten in Familien kommen könnte. Haben Sie das beobachtet?

Haijawi-Pirchner: Wir haben festgestellt, dass in den ersten Wochen so gut wie keine häusliche Gewalt angezeigt wurde. Nach einigen Wochen war dann wahrnehmbar, dass die häusliche Gewalt steigt. Allerdings sind wir auch bei der häuslichen Gewalt noch lange nicht auf dem Niveau, wie es vor Corona war.

noe.ORF.at: In der Kriminalitätsstatistik fällt auf, dass die Internetkriminalität stark zunimmt. Allein im letzten Jahr waren es um fast 65 Prozent mehr Straftaten als 2018. Hat man da ihrer Ansicht nach zu spät auf ein Phänomen reagiert, das schon länger existiert?

Haijawi-Pirchner: Man hat nicht zu spät reagiert. Das Problem bei der Digitalisierung ist nur, dass sie so schnell voranschreitet und die Kriminellen tagtäglich neue Möglichkeiten finden, um hier rasch im Internet an Geld zu kommen. Es bedarf nicht nur der Ausbildung der Ermittler und der technischen Voraussetzungen, sondern es ist schwierig, diesem starken Anstieg an Delikten Herr zu werden.

noe.ORF.at: Wird der Kriminalist der Zukunft mehr Computerarbeit leisten müssen?

Haijawi-Pirchner: Es wird in Zukunft natürlich sehr viel mehr werden. Zu denken ist hier auch an die Künstliche Intelligenz, die sich natürlich noch weiterentwickeln wird. Allein von dieser Seite werden wir mit neuen Herausforderungen konfrontiert werden.

noe.ORF.at: Sie sind verheiratet, Vater zweier Kinder. Haben sie genügend Zeit für die Familie ?

Haijawi-Pirchner: Zeit für die Familie kann natürlich nie genug sein. Ich habe aber ausreichend Zeit und versuche, diese mit meiner Familie auch zu nutzen.

noe.ORF.at: Wie entspannen Sie sich? Lesen sie Krimis, schauen sie sich Kriminalfilme an?

Haijawi-Pirchner: Nein, ich lese keine Krimis. Wenn ich Freizeit habe, verbringe ich sie mit meiner Familie. Oder ich nutze die Zeit, um mich durch Lesen von einschlägige Fachbüchern weiterzubilden.