Gesundheit

Impfquote: Bachinger für „sanften Druck“

Einer Erhebung der Technischen Universität (TU) zufolge gibt es bei der Masernimpfung in Österreich Aufholbedarf. Patientenanwalt Gerald Bachinger spricht sich für „sanften Druck“ aus, um die Impfquote zu erhöhen. Damit wird die Debatte über eine Impfplicht neu angefacht.

Masern sind hochansteckend und werden über die Luft beim Husten oder Niesen übertragen. Österreichweit wurden heuer bisher 25 Masernfälle gemeldet, acht davon in Niederösterreich, ebenfalls acht in Wien und in Oberösterreich sowie ein Fall in der Steiermark. Im Vorjahr wurden in Österreich 151 Fälle registriert, betroffen waren alle Bundesländer.

„Die Komplikationen bei der Masernerkrankung sind mehr oder weniger harmlos von einer Mittelohrentzündung bis nicht so harmlos wie einer Lungenentzündung, aber absolut nicht harmlos mit der Möglichkeit einer Gehirnentzündung mit oft bleibenden Schäden oder oft tödlichen Folgen“, sagte Allgemeinmediziner Hans-Jörg Fedrizzi, der seine Ordination in Kirnberg an der Mank (Bezirk Melk) hat, im Gespräch mit noe.ORF.at.

Masernimpfung ist nicht verpflichtend

Der einzig wirksame Schutz gegen Masern ist eine Impfung, die in Kombination mit einem Schutz gegen Mumps und Röteln angeboten wird. Die erste Impfung erfolgt ab dem 9. Lebensmonat, die zweite drei Monate später – auf Empfehlung des Hausarztes, verpflichtend ist sie nicht.

„Es ist eine Richtlinie, die vom Arzt des Vertrauens angeboten werden soll und im Idealfall so ankommt, dass der Patient bzw. die Eltern das so annehmen, verstehen und dann impfen lassen. Es bedeutet nach meinem Wissensstand keinen finanziellen Verlust, es ist nicht verbunden mit einer Prämie, die man nicht bekommt. Das ist derzeit nicht vorgesehen“, sagte Fedrizzi.

Kind wird geimpft
Pixabay
Bei der Masernimpfung lautet das Motto derzeit „aufklären und informieren“, die Impfung ist nicht verpflichtend

Die Technische Universität (TU) Wien führt für das Gesundheitsministerium Untersuchungen durch, bei denen österreichweit Impfungsraten ausgewertet werden. Einmal im Jahr wird die Durchführung der Masern-, Röteln-, Mumps- und Polioimpfungen unter die Lupe genommen. Unzufriedenstellende Ergebnisse aus Sicht des Ministeriums erzielte etwa die Masernimpfung. Nur knapp 70 Prozent der zwischen 19- bis 30-Jährigen verfügen über den kompletten Impfschutz. Das bedeutet, dass etwa 350.000 Personen zwischen 19 und 30 Jahren eine zweite Dosis einer Masernimpfung benötigen – mehr dazu in wien.ORF.at.

Patientenanwalt für Masernimpfung im Mutter-Kind-Pass

Niederösterreichs Patientenanwalt Gerald Bachinger sieht jedenfalls Handlungsbedarf. Er spricht sich dafür aus, „sanften Druck in Richtung Erhöhung der Impfquote" auszuüben. Als mögliche Maßnahmen sieht er den elektronischen Impfpass, der im Herbst österreichweit starten soll und in Zukunft Patientinnen und Patienten an Impfungen erinnern soll, oder auch die Aufnahme der Masernimpfung in den Mutter-Kind-Pass. Das würde bedeuten, dass Eltern, die ihr Kind nicht gegen Masern impfen, weniger Kinderbetreuungsgeld bekommen würden, so wie es schon jetzt bei anderen Untersuchungen der Fall ist. „Quasi ein Bonus-System – wer die Impfung nicht macht, hat finanzielle Nachteile“, so Bachinger.

Wegen der Coronavirus-Krise haben sich mittlerweile auch neue Lücken aufgetan. Viele Impfungen wurden wegen der Pandemie aufgeschoben. Die Masernimpfung sollte dringend nachgeholt werden, sagte Allgemeinmediziner Hans-Jörg Fedrizzi. Die Krankheit sei zwar selten geworden, aber auch unterschätzt. Laut Statistik stirbt eines von 4.000 erkrankten Kindern an einer Gehirnhautentzündung. „Würde man die Impfung nicht so forcieren, würde das bedeuten, dass es vermutlich in jedem kleineren Ort Kinder gibt, die an Masern sterben“, so Fedrizzi.